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nun desselben nachgebildet. Der Dialog Zeht in
jambischen Trimetern, die an einigen Stellen sehr
passend durch trochäische Tetrameter unterbrochen
und i» den Ehorgesängen zu lyiischen Maaßen erho
ben werden. Die Trimeter habe ich nirgends schö
ner gebaut und wohllautender gefunden als hier.
Um so mehr aber wünscht man, daß sie der Ver
fasser rein ausgefeilt halte: man stößt hie und La
auf einen 5 oder 7 Füßler |. B. p. 5.;
Den Hüter schläfern eure glatten Zungen endlich ein,
«0 die Aenderung leicht ist. Entschieden kurze Syl
ben sind sehr oft lang, was wenigstens dann ver
mieden werden muß, wenn noch eine zwrite Kürze
darauf folgt p. 4. „ purpurne Gewand", „ liebliche
Gestalt" p. 20. „nächtliche Trauer", oder wenn die
gezogene Kürze in die so starke Hebung des letzter»
Kretikus (— « —) kommt p. 9:
„welch wild Stickn» ertönet hier vor »em Pallast."
Auch wird der Rhythmus des Tetrameters ganz auf-
gelößt, wenn dieser Kretikus oder der am Eingänge
des Verses, in einen Molossu« < ) übergeht,
was jedoch dem Verfasser äußerst selten begegnet ist.
Auch ist es ganz eigen, daß er nicht gewußt hat
den Namen seine» Heiden richtig ausgesprochen, den
er immer Polyidos (als jambische Dipodie) Homer
«brr in der einzigen Stelle, wo er bei ihm vor
kommt (Iliad. XIII.; 663 u, 666.) ganz natürlich
Polyidos mißt. Zm Tetrameter ist der mittelste Ein
schnitt nicht beachtet, den wohl Aristophanes, aber
kein Tragiker, vernachläßigte, auch in den Lhormaaßen
noch manche nicht völlig ausgebildete Stelle, und es
ist unangenehm, wenn sich die schönen Anfiüze eine«
wahrhaft Gr iechischen Rhythmus zuweilen in verworr-
nen oder ungebildeten Reihen verfangen. Doch ist
es viel, sehr viel, was hier geleistet ist und man
freut sich die schönen Tänze der wechselnder Rhyth
men zu sehen, die Klepstock und Doß mit so vieler
Sorgfalt und Klugheit aus unsrer bildsamen Spra
che entwickelt haben. — Und diese Rhythmen sind
keine athemlosen Staruen, sondern beseelt von einer
sehr edlen angenehmen Diktion, die sich in den
Chorgesangen zu einer milden Lyrik erhebt, p. 5;
Minos.
Cirri* mir »on Trost nickt, ehre deine« Königs Schmer»!
Der Trost um Todte ist ein frecher Temorlrauö.
Was »leidr den Todten von der Erdrugüter Zahl,
«1» eine Wobnnng in der Freunde treuer Brust
Sehntet von »er Wlbmnch bitterfnßem Schmer»?
De» Hnter schläfert eure c glatte) Zunge endlich «in
Und bannt den Todten ans »er warme» Brnst ins Grab.
Anderwärts:
Chor. Erloschen lltblicker Knab' ist dlr
Des iugtndlich klspsenden Herzens Gl'lh
Du gingst zu de« linste,« Ades hin,
-loch eh dir geleuchtet de« Leden« Glan».
Auf dick mit der Freude« tagendem Chor
Harrte der goldne Königsthron;
Aus dich mit purpurne« lächelnden Mund
Der schönsten Jungfrau» blühende Sch«»».
Doch du sankest in -lacht
Und fernhin vom Königsthron
Fliehe« die lirbticken Freuden,
Und der Jungsrann lächelnde Sippe»
Oeffnek »u bittrer Klage der Eckmerz.
Nur selten geschieht e«, daß der Verfasser im Dia
log aus der Sophokiesschen Mittellinie herabsinkt p. 9.
LH or. 2 st mir erlaubt »König wohl e,n einzig Wort?
König. Sprich was du willst, nur re.
ober in eine unangenehme Künstlichkeit abirrt: p. 14.
Chor. Dem» rath ich ,«liege nicht mit berrifchtm Befehl
Des Redenden zu deinem Shr gewandten »und.
Auch muß hier bemerkt werden, daß der gehaltene
Paihoö der alten Tragödie, der seibst im höchsten
Schmerz seine ernste Natur nicht verleugnet, im Po
lyidos zum Theil eingeschmolzen ist und einen ziem
lichen Anstrich von Sentimentalität gewonnen hat,
wobei eine sehr hervorstechend« Seite der Griechischen
Tragödie, die Kräftigkeit ihrer Figuren, verloren ge
hen mußt».
Was envlich die Entfaltung betrifft, so macht
sie, al« Griechischer Art, aus Handlung, wie schon
erinnert, keinen Anspruch und dehnt sich um den
Stoff her, ohne mit ihm zuzammenzufallen, umgiebt
ihn aber mit einem schönen anmuthigem Gewände.
Man kann in dieser Hinsicht das Wesen der Griechi
schen Tragödie charakreristren als ein Beschauen der
Momente des Stoffs, wie sie Zufall oder Gemüths
art der Personen nacheinander herveisührrn. Dieses
Beschauen der Begebenheit war eigentlich der Keim
aus dem dir Tragödie emporfcheß, und wiewohl es
sich nachher, da di« Begebenheit selbst mit auf die
Bühne trat, symbolisirre und in den Chor zusam
menzog, so streift es doch auch da noch, nur in ge
ringerm Maaße über da« Ganze hin und giebt ihm
einen von der jetzigen Tragödie wesentlich verschiede
nen Charakter. Von dieser Seite angesehen ist im
Arschyluv die ganze Masse der Tragödie noch Ein
Chorus, der aber angefangen hat zwei Gestalten zu
zeigen, die sich beim Sophokles wandeln und von
einander lösen. Da« Verhältniß, in das sie hier zu
einander treten, macht da« Wesen der vollendeten
Griechischen Tragödie aus. Es hier zu entwickeln,
würde zu weit führen, im Polyidos scheint es nur