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Volume Nro. 62, Freitag den 28. März 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

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nelsin haben ältere not neuere Bcistkiele genug' gelehrt, wie 
zweideutig, wie nnzuoeriassig für Ke 'S«!» und Sicherheit ew 
net Senates, die Bürgschaft von einem solchen faex hommum 
t fe». Eine weise und gerechte Regierung Hali sich an keine so 
unwürdige Stütze, sie Kniet auf sich selbst, und ist gewiß, daß 
sie von einem ittoste, weichet sie gutartig er;04, auch in Un 
fällen mit ausvvserirder Erkennttichkeie belohnt wird. Wie 
wohl wird es uns daher bekommen, wenn Geradheit, Zu 
trauen und Offenherzigkeit, Tugenden, die sonst bei uns so 
einheimisch waren, nach ihrer so langen Verbannung, wieder 
in unsere häuslichen und öffentlichen klrkeln zurückkehren wer 
den. r— Auch sagt man, daß die gegenwärtig noch so enge 
gezogenen Schranken der k. k. Düchercensur gleichfalls einige 
Erweiterung erhalten sollen. — Glückliche Aussichten für dir 
Zukunft, wenn nur diese beide» Gerüchte allein schon sich be 
stätigen sollte«! — WaS liest indeß in unseren Hoffnungen 
niederschlagt, ist die äußerst ungesunde Luft, die theilt durch 
den fast ganz sommerlichen Winter, theilt auch durch die Rahe 
deS KeiegsiheaterS, wo die Todten größtentheilt sehr nachlässig 
beerdiget wurdtn, und durch de» ungeheuern Depot von trat;« 
fe« und bleffirten Soldaten, wovon alle Spitäler, Klöster und 
die meisten eannüaen Gebäude hier angepfropft waren, erzeugt 
wurde. 2» den näheren und ferneren Orken um Wien herrscht 
dat Nerven - oderFa ul sie her fast epidemisch, tust raffte 
bereits viele Menschen hin; in Wien allein übersteigt der Ster 
bemesser an jedem Tage den sonst gewöhnlichen Grad, «nd der 
ungleich größere Theil hon Menschen stirbt an dieser Krankheit. 
Man hat daher auch — trist vorhin nicht allgemein erlaubt 
war,— auf alten Straßen und Gassen, und in de» meisten 
Kaffeehäusern Wiens ohne Ausnahme das Tabackschmauchen zu- 
gestanden. Noch etwas! Bei der Anwesenheit der Franzos:» 
war der Absatz deS von Schreivogel mit unablässigemEifer 
verwatteteten Jndirstriekomptors, iu t e t i n' e und anderer 
Knnstbandlnngen sag bloß aus Landkarten eingeschränkt. Dieter 
Artikel ging bst zur lehren Makulatur reißend ab. Selbst der 
gemeine Soldat sauste sich seine Landkarte, und wen« der Ort 
daraus nur zur Halste richtig angedeutet war, so wußte er 
sich darin in Recht i» sindeni B. 
Die große Wassermaschine in Marl», welche dat Schloß, 
die Gärten und die Stadt Versailles mit Wasser versieht, ist 
durch ihr Alter (sie wurde am Code des lytcn Jahrhunderts 
erbaut,) sehr schadhaft gcworden. Ihre Anlegung kostete 8 Mil 
lionen Livres, ihre Erhaltung jährlich 70,900 Livres. Der 
LandeSdirekttont - Rath Baader zu München, hat vom Kaiser 
Napoleon den Auslrag erhallen, eine neue in erbauen. Herr 
L. B. hat sich «heischig gemacht, durch seine neue Erfindung 
eine zehnfach größere Menge Wasser nach Versailles zu schaffen, 
alt die alte Maschine lieferte; dabei nur de» dritte« Theil der 
porigen BewegnngSkräsle anzuwenden, und die Kosten »er neue» 
Anlage aut dem Verkaufe der Materialien de» allen Maschine 
,u bestreuen. ‘ 
Im Jahr 1803 hatte St, Petersburg zufolgt einer hon 
der Poiljei »eranstalteken Zählung, 444 463 Einwohner, dat 
M-llkär mitgercchatt. — 2« Jahr 1804 wurden daselbst 
517 steinerne Häuser gebaut. 
Die Brüder des »erstorbenen Grafen Valerlan Gubvw 
habe» die Erlaubniß erbeten und erhalten, «u seinem Andenken 
eine Kirche nnd ein Invalrdtphaist für Zo Jnvgllden >u stif 
ten , unter diuen 4 Ober», 6 unter Ojfieiere »ne 20 Soibaie» 
sen« sollen. Zur Erhaltung beider Siisiue-ge« setze» sie eine 
jährliche Revenue von 6000 Rubel« aus. 
— Eine Somit« der Akademie ter Miss, »u St. PeterS- 
bnrg hat derselben de,Vorschlag einer Norm zur Schrei 
bung Russischer Worte mit fremden Buchstabe«, 
und umgekehrt, »orgticgt, wo sie durch zwei Alphabete, 
ei« Deutscher und et. Französisch», die «uasveache der Russl- 
schen Buchstabe« Ausländer« verständlich zu bestimmen sucht. Der 
Vorschlag ist genehmigt worden, und »ach Bek-nnkniackung des 
selben, wird man ohne Schwierigkeit Russisch mir Deutschen 
und Französischen Buchstabe», oder Deutsch und französisch 
mit Russische» schreibe» können. 
— 2» Deutschn,«land sind jetzt 6 Druckereien, drei in 
Liefla»d, eine i» Kurland und ;we, in Esthland. Die älteste 
ist die Müllersche i« Riga, die im Jahr 1522 «»gelegt wurde, 
»uid aus welcher Peter der Große die erste ausländische Dru 
ckerei in Rußland, die zu St. Petersburg errtchtete. Sie drucke 
in 14 Sprache». 
Aus der rissen Lieferung vo» Storcht Rußland 
unter Alerander. 
B « r i ch t 1 g u n g. 
«meinen Bedenklichkeiten über dat neue Bauer- 
Regulativ in Esthland — welche einiges «»sieh» ge 
mache habe», — ist von mir gesagt worden: in der für Die 
Bauern errichleten Instanz, dem Ausschüsse, führe gleichfalls 
der Ritterschassthaupcman« dat Präsidium, wie in der iwelie». 
Dieser Umstand ist dahin zu berichtige«, »aß der AitterschastS- 
hauvtmann in dee dritten Jnstanj dlot de» Bortrag har, 
also R t f r r c n t, nicht aber Präsident ist. Od nu» gleich 
in dem Wesentlichen der Sache dadurch wenig geändert 
wird, indem, aut i» die Augen springenden Ursachen, »er 
Präsident »er zweiten Instanz wohl nicht Referent in »er drit 
ten senil sollst! so litt ich »och mit Vergnügen, diesen k!e-«e» 
Irrthum anzuieigen, nnö wüasche pon ganzem H-rlkN, daß 
man mir recht viele wiLlige Irrthümer nachweisen tränte, 
welche zu widerrufen mir eine wahre Freude machen würde. 
Bis jetzt stehen aber alle meine übrigen Satze noch immer fest. 
Zwar habe ich in Enabrnng gobrachk, daß eine Widerlegung 
geschrieben worden» kund zwar in einem sehr bittern Tone, 
der natürlich nichts beweißt, sondern vielmehr der gnlen Sacht 
schadet), man hält dieselbe aber sehr geheim, und es scheint 
nicht, daß man sie einer unbefangenen Prüfung «uterwersiu 
wolle. Ich biu mit Freimüthigkeit »nd Bescheide»heii ausge 
treten; ich habe nicht heimlich iu schade» gesucht; ich habe 
kein« Ptrsöiilichkeietn eingemischt; man thue ein gleiche», man 
widerlege mit derjenige» Würde, die der Wichiigkeit der Sache 
»»gemessen ist. Ich wiederholt es: mit einem wahren Ver 
gnügen werde ick bekennen wo ich geirre habe. So lange 
aber das nicke geschieht, ß> lange maß ich wohl ans meiner 
Ueberzeugung beharren: daß ick Wahrheit geschrie 
ben, gektzebu«. 
Au« Berlin. 
Äußer RacinenS Phadra, hat man auch ein neueS Französi 
sches Singspiel, Millon, auf unserer Buhne gegeben. ES ist 
ohne Werth und biieb ohne Wirkung, 
— Zur Lst-rnitsse erscheint hier bei M a tz d 0 r f ein wich 
tiges Werk, au- das nicht zeitig genug die Aufmerksamkeit De» 
ganzen Die Ge stächst liebende» und stlidirendei, Publikums, des 
Gel Orte» sowohl als des bloßtie Zeitungslefers, ausg-sopdert 
werden kaan. ES ist ei» Universal - ßerlco» der 
Volker-und L a n d erg esch: ch k e i, vier Bände». ES 
en halt fast viertausend Artikel, >a weichen dik Geschichte «Iler 
allen und neue« Volker, ua» aller Lander der Erde aus de» 
»»kiieglichstei Quelle» geschöpft, enge zusammengtdrängl UN» 
in einem reine» Stiele vorgetragen wird. Möge die nächste 
Messe nur einige Werke von diesem gut berechncleu Werthe 
bringen, so wird sie re:ch seh».
	        
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