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Volume Nro. 53, Sonnabend, den 15. März 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

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r^m, seine sentina reipublicae. Auf der andern 
Erike hak auch der niedrigste, z. B. der Bauern 
stand, seinen Kleiojegg, seinen Mauß, seinen 
Peter Anich! Zu Kleinjogg sagte «inst sogar 
ein Prinz von Würtemberg: „Ich steige nicht zu 
dir herunter, ich steige zu dir hinauf, du bist besser 
als ich!" — Das niedere steht also hier blos dem 
höher» entgegen, und unter dem höher» begreife ich 
denjenigen Theil der Nation, der unmittelbar oder 
mittelbar an das Ruder der Regierung Hand an 
legt; folglich alle Regenten selbst, und ihre höher» 
und niedern Gehülfen, ste mögen in einem Fache 
arbeiten, in welchem sie wollen. Da» niedere Welt- 
Publikum umspannt dann alle übrigen Börgerklassen, 
die in andrer Absicht, an Geburt, Reichthum, und 
selbst an wahren Verdiensten hoch genug stehn kön 
nen ; nur an der Regierung haben sie nicht de» ent 
fernteste« Antheil, und sind, wie das Stuben Pu 
blikum, bloße Regierte. — Nunmehr glaube ich 
Zhrien vollkommen deutlich zu seyn, wenn ich ohne 
weitere Erklärung vom höher» Welt. Publikum, 
vom niedern Welt-Publikum, und vom Sluben« 
Publikum spreche. Zch komme zur Sache und be 
haupte, wa« nur zu sehr am Tage liegt, daß das 
höhere Welt-Publikum (mit wenige» Ausnahmen) 
auf das Etüden - Publikum mit einer Verachtung, 
die sich kaum ausdrücken läßt, herabsieht. Diese 
Verachtung erreicht ihrea höchsten Grad, wenn das 
Stuben-Publikum sich heraus nimmt, über politi 
sche Gegenstände zu urtheilen, und über Staats-An 
gelegenheiten mitzusprechen. Die Benennungen, 
Stuben - Publikum, Stuben - Menschen, 
Dücher-Menschen, Buchstaben-Menschen, 
sind dann an der Tagesordnung. Für das höhere 
Welt-Publikum ist es mathematisch gewiß, daß der 
Stuben-Mensch, der nicht selbst an der Regierung 
mit Hand anlegt, über Sachen des Staats nicht« 
als Albernheiten, Abgeschmacktheiten, oder noch öfter 
Frechheiten vorbringe, gegen welche die Censur nicht 
wachsam genug seyn könne, und leider nicht hin 
reiche, alle diesem Unfug: zu steuern und zu wehren. 
Wollte der Himmel da« höhere Welt-Publikum 
hätte in allen diesen Beschuldigungen Unrecht! 
Wollte der Himmel, das Stuben-Publikum hätte 
sich in seinen mündlichen und gedruckten Räsoono- 
wentS jederzeit so genommen, daß keine gegründete 
Klage darüber Statt fände! — — — — — 
— — Zch nach meinem Gefühle würde nicht« 
dawider einwenden, wenn die höhere Welt auf eine 
Schriststellerei gewisser Art Tod oder ewige« Gefängniß 
sehte! — Wenn ich nun aber den, zum Theil hor 
renden Misbrauch gern und willig einräume, giebt 
es denn nicht auf der andern Seit» auch einen sehr 
würdigen Gebrauch? Zst der Stuben-Mensch, wenn 
er über politische Gegenstände kein« Hvrreurs sagt, 
dagegen nothwendig dazu verdammt, Albernbeiten 
und "Abgeschmacktheiten zu sagen. weil de, Staat 
und alles, was zu ihm gehört, viel zu weit über sei 
nen Horizont und über seine Fassungskraft erhaben 
ist? Es liegt, wie immer, in dieser Behauptung et 
wa« Wahres. Zweifelsohne ist der Standpunkt der 
höbern Welt, dem politischen Räsonnement ungleich 
günstiger, als ein stilles Museum: allein hier frage 
ich: i) giebt denn der Standpunkt an sich schon 
Weisheit und Einsicht? Sieht der Blinde nun best 
ser, wenn er, nicht auf platter Erde, sondern auf 
dem Kirchrhumk steht? Zch glaube dieses Gleichniß 
sagt schon alles; sonst würde ich noch hinzuiaeen, 
daß wenn Standpunkt allein e« ausmachte, so hält« 
Rabner unmöglich seine Satire auf das Sprich 
wort schreiben können: wem Gott ein Amt giebt» 
dem giebt er auch den Verstand! Dieser, dieser, der 
Verstand ist die Hauptsache, auf dem höchsten Stand 
punkte so gut, wie auf dem niedrigsten! Unter zwei 
Menschen von gleichem Verstände, von denen der 
eine doch der andere niedrig steht, wird allerdings 
der erste weit mehr und richtiger sehen; ist aber da« 
Derstandesmaaß des ersten beträchtlich kleiner, wie 
da« des zweiten, dann ist für nichts zu stehen, daß 
der zweite im Räsonnement dennoch den Preis gegen 
den ersten bavcn trägt. Der Grund davon ist ein 
leuchtend. Die einsame Stube, die freilich gegen ei 
nen glänzenden Hof und gegen die Zirkel der hoher» 
Welt sehr absticht, ist dennoch nicht so einsam, als sie 
scheint. Man kaun in einem Raume von wenig o 
Fuß eine ganze Schaar von Weisen alter und neuer 
Zeiten um sich her versammeln; und man hat hier 
sogar den Vortheil, den man anderwärts nicht hat, 
alle Thoren und Narren auszuschließen. 
(Der Schluß folgt.) 
An 
Nicht-politisch 
Französischen Blättern. 
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Lun u " t ' t " e ®‘:mi6iung des «icekvnig« ve» Jrallkll 
" ' 1 '* '* e, “ Wn,fn iR Uniform «nt tewajfnrt auf,»- 
«ft. -«»«feite ramdre,« Proseffer der «riechi- 
llb.» Sprache und Literatur .» (;at Me ^.„e. 
Zeitung. Nro. 55. 
der unipersirät im 2«n«ar mit einer sehr elegurnte« Rede «»- 
offner. 
— Die große Kunil AEettang, die de» r;sten Mao i» 
Pari« Searr ßndrt, so« mit nur Proben von aueguclcknekeu 
Fabrikationen, sonder« überhaupt «on allen, in Frankreich eri- 
stirende» Fabriken enthalte», — gleichsam eine «eograrhlfche 
Industrie > Kart« »»» Frankreich seyn.
	        
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