matten können, überall Lessing und Hrn.
Friedrich Schlegel zu paaren? sie ein leitendes
Zwillings gesii, n zu nennen? Den Verfasser der
trefflichsten Lilerakurbriese und der Dramaturgie, mit
dem der lächerlichen Fragmente im Athenäum und
in der Europa; den Deifaffer der, Emilia Galotti
und des Nathan, mit dem des Aiarkos? — Lesfing
hat die Deutsche Literatur zu höherm, freierm, eb-
lerm Aufschwung emporgeriffen: — was hat Herr
Schlegel gethan? Einsichtsvolle Bemerkungen an
dern lächerlich nachgesagt und versucht, seine Phra
sen für Beweise von Genie geltend zu machem
— Wie hätte Hr. Müller sonst sich so hart über
den wahrlich verdienstvollen Greis, Nikolai, aus
drücken, — wie hätte er Fichtens Schreiberei gegen
denselben, die des berühmten Philosophen durchaus
unwürdig ist, loben, — wie hätte er den im Gan
zen völlig mislungenen Roman, Wilhelm Mei
ster, (die Dortrefflichkeit einzelner Theile desselben,
kann niemand läugnen,) — in einem solchen Nim
bus sehen können, als ihm widerfuhr? —
Er bewundert Hru. Frdch. Schlegels Charakte,
ristik der Griechischen Kultur, und glaubt, sie habe,
Epoche geniacht. Das konnte sie nicht; sie wurde
vielmehr übersehn, denn die 'Ansichten, die sie auf
eine barokke Weise aufstellt, sind, soweit sie taugen,
dieselben, welche Herder schon längst- auf eine genia
lische Weise eröffnet hatte. — Andre rechnen es den
HH. S chlegei als Verdienst an, daß sie die romantische
Poeste des Mittelalters, die «spanische, die Italieni-
sche in Deutschland geltend gemacht hätten: aber auch
das hatte Herder schon zwanzig Jahr vor ihnen in
seiner Schrift über deutsche Art und Kunst, in sei
nen zerstreuten Blättern, in seinen Volksliedern ge
than. Doch, wie irgendwo schon gesagt wurde, Er
rief: „Es giebt entzückend schöne Ruinen! Seht
her!" — und jene schrien: „Laßt uns Ruinen
bauen!" — Ich empfehle Hrn. Müller das Stu
dium der Herderschen Schriften, — von denen er in
seinen Verlesungen gar nicht spricht; mit jeder Seile
die er liest, wird er die Lärmer des letzten Dezenni
um» und ihre Verdienste, richtiger würdigen lernen,
G. Merkel.
Briefe über die Moldau.
l Forksttzung.)
Bassi, den löten Jan. 1805.
us den im vorigen Briefe angeführten Nachrich
ten hast Du dich vielleicht überzeugt, daß Aberglaube
und Unwissenheit unmöglich irgendwo viel crasser
seyn können. Dies gilt indessen hauptsächlich nur
von den Landes-Einwohnern, und nicht so wohl
von den Neugriechen. Unter diesen letzter» herrscht
freilich ebenfalls noch dicke Finsterniß im Allgemei
nen. sie haben aber doch einzelne «Männer in ihrer
Mitte, die sehr helle Ansichten über Religion und
StaalSveriassuiig haben, und auch ausgebreitete
Sprachkenntniffe besitzen. Ihre Anzahl ist jedoch zu
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klein, und die Verhältnisse, unter welchen sie leben,
sind zu ungünstig, gls daß MSN billiger Weise an
sie die Forderung machen könnte, sich zu Märtyrern
der Wahrheit und Freiheit auszuwerfen. Ehe nicht
eine andere Regierungsfvrm Stttt findet^ läßt
sich nicht erwarten, daß die wohlthätigen Astralen
einer echten Aufklärung den dichten Schleier durch
brechen werden, der die» arme Land mit Dunkelheit
bedeckt hält.
Die Griechen von Stande und Vermögen ge
nießen zu Constantinopel gewöhnlich einer ziemlich
guten Bildung in Rücksicht auf Sprachkenntniffe.
Sie befahlen Europäische Lehrer, vorzüglich Franzo
sen und Italiener, zuweilen auch Pohlen und
Deutsche, sehr ansehnlich. Eö ist gewöhnlich, daß
ein Grieche von guter Erziehung außer seiner Mut
tersprache, Türkisch, Persisch. Arabisch, Französisch.
Italienisch, zuweilen auch noch Deutsch spricht. Die
Verhältnisse mit den Türken, und Handelsverbin
dungen mit dem Auslande, machen riefe Menge von
Sprachen nöthig. Der Mann vsn Geist, der auf
diese Weise mit der Literatur der gebildeten Europäi
schen Nationen bekannt wird, erlangt bei dieser Ge
legenheit viele Ideen, und lernt den großen Abstand
kennen, der zwischen Franken und Nichtfranken, oder
wie man hier spricht, zwischen Europäern und Be
wohnern der Türkei Statt findet. Zu eigentlich
wissenschaftlicher Bildung aber erhebt man sich fast
nie. Mathematische, physikalische und chemische
Kenntnisse sind eine große Seltenheit, und nur die
Aerzte, welche in Deutschsand oder Italien einige
Jahre studirt haben, besitzen zuweilen einige An-
sangSgrunde davon. Diese Aerzie sind öfters mit
dem Zustande unjerer Arzneiwiffenschaft ziemlich gut
bekannt. Der große Haufe der hiesigen Söhne de«
Aesculaps aber sind die ärgsten Charlacane. Du hast
keinen Begriff von der frechen Stirn, womit hier
Menschen ohne die geringsten theoretischen und prak
tischen Kenntnisse, als Aerzte auftreten und ein un
geheures Glück machen. Es ist dies freilich bei uns
auch häufig der Fall, und sehr selten wird wohl der
gescheute Arzt berühmt und reich, wenn er nicht zu
Zeiten Charlatan zu seyn ve> steht, indessen bei uns
findet doch wenigstens eine bessere Controle Statt
als hier. Der Arzt hier in der Moldau, (und noch
mehr in Constantinopel, wie ich dies von sehr glaub
würdigen Freunden weiß.) zeigt ein Diplom vor,
welches er in Deutschland oder Italien irgend einem
Freunde abgekauft oder adgeliehen, und wo er statt
dessen Namen sehr geschickt den seinigen hinein zu
tragen gewußt hat. Wenn er nun seine wirklich ge-
scheidten Amksblüder, auf die er übrigens nur selten
zu stoßen fürchten darf, auf eine hinterlistige aber
ziemlich wahrscheinliche Art als grobe Ignoranten zu
verschreien versteht, diese überdies vielleicht manche
unglückliche Kuren gemacht haben, die er als Bestä
tigung seiner Beschuldigung gebrauchen kann, so ent
reißt er triuwphirend seinen Gegnern von echtem
Verdienste Brod und Ehre. Das arme getäuschte
Publikum hat keinen Maaßstab um beider Verdienst
gehörig würdigen zu können, und überläßt seine kör-