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Volume Nro. 33, Sonnabend, den 15. Februar 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

(*es(fm«(f »fine «Be überladene afigeftfimnrftc BJerifernngen self>ft 
nietet bei den Rtaaeniimmetn; (nt!, so da» die Direktionen 
anderer größerer Italienischen Lpcrnttieater, wo tl durchaus 
noch Mode IS. die Römer und Griechen in ««»mt und Seide 
»n kleiden, und mit finndertfarbigem Folio und «»Ifigidvreien 
»ei delaSen. suö ein Beispiel davon nehmen kfinnien. Jedoch 
sog! man, daß auch liier nur fein« die Kostüme- nii! dieser 
Strenge und mit eben so viel Eefck mack ausgeführt werden. — 
Echrmrmel« Zeicungs-Collegium zu Breslau. 
Qi ist im Freimüthigen bereu« die Nachricht miigekheilt wor 
den , daß der Prorektor, Herr Dokior S «h » m m e I in BreS- 
la«, im November ». Z. ein Zeitungs-Collegium — 
Vorlesungen über die Tags-Begebenheiten — eröffnet hat, und 
daß der Plan sowohl, al« die Ausführung diese« Unternehmen« 
eben so originell, al« interessant se«. Man kann davon leicht 
einen gan« „„richtigen Begriff fassen. „Eni Leitung«-stvlle- 
gium " kann man fragen; „ dürste es sich wohl über die Oireu- 
»en de« gemeinen Sinn« und Zweck« erbeben, welche e« in die 
Takhegori« der — Kannegießeret setzen?" — Deshalb scheint 
t« mir für den Freimüthigen merkwürdig, diese« Unternehmen, 
nachdem Hr. Schümm el setzt dis »ur Listen Vorlesung ge- 
komiuen ist, nach Plan und Ausführung etwa« näher zu de 
tailliern. — 
In der Zeitgeschichte liegt da« Sesammt - Interesse der 
Menschheit: der Gefchicht«stbreider, Forscher, Darsteller, keh- 
rer :c. entreißt der Süchtigen Klio die Tafeln und errichtet ihr 
den Altar, auf dem — heiligt Wahrheit ihn, — die Würde 
oder — Entwürdigung de« Menschengeschlecht« stammt. Wer 
da,u beiträgt, ans diesem Altar >n oosern, muß inimer ein 
mulhiger Mann se»n, denn grade dieser Altar hat die »erfchie- 
denartigste» Götzendiener. Die Wahrheit allein bringt reine 
Loser, — und »on diesem Gesichtspunkt au«, wag' ich nickt zu 
viel, jetzt auch in Eck?» m in e I« Hörsaal den Leser hier eln- 
»ufiihren. Tr ist einer nähern Bekanntschaft sehr werth. — 
Hein Plan «rrfällk in drei Theile. Der erste ist philofo- 
»hisch -historisch UN» untersucht die Ursachen de« gegenwärtigen 
«kriege«, theil« nach öffentlichen Urkunden, »heil« nach andern 
Dali«, welche Staaten > j^nd Menschenkunde nachweisen. Der 
»weite ist «atistisch > historisch und stellt die Kriegsfähigkeit einer 
jede» Macht nach folgenden Rubriken dar: Land — Seute — 
Nalionalsteiß — Finanre» — Soldaten — »nd Anführer. 
Bei den Anführern ist er am längstcn stehen geblieben, und 
bat von Bonaparte den ersten Italienische» Krieg, den Feldzug 
nach Egvvten, Syrien und die Schlacht bei Mareugo eriähle, 
und sie nach einer eigen« dajU verfertigten, transparenten Charte 
erläutert. Sänimlliche, unler Napoleon fechtende Generale, 
von Augereau bl« Eoult, wurden nach der Galerie militaire 
charakdcristrk. Der letzte und kürzeste Theil wird der dritte 
koalitionskricg selbst, bi« »um Peeßburzer Friede» seyn. So 
genau, wie ich hier S ch u m m e l s Darstellung der Frguzösi- 
schen Ansüheer angab, »erfuhr er mit denen der andern Mächte 
in allen de» Rücksichten. 
Diesem Plane siehe mau r« gleich an, »aß e< hier 
Schummeln hauptsächlich um Nutzen zu thun, «nd daß 
Wahrheit sei» erste« Ersetz ist, kann ich, mit Bergungen 
lzr — 
versichernd, dal» sagen. Es gereicht ifim — man entgegne 
auch In Breslauischer Manier, was man wolle, notabene: es 
giebt hier Gegner! — gewiß »um Ruhme, daß er der Wahr 
heit »or all:,» ruerst fcin Unteruebmen weihte, und ihr — 
wobei er jedoch nie die nöthige Umsicht und Behutsamkeit ver 
gißt, — treu blieb. — Sein Zweck ist, nebe« Unterhaltung 
i» müßigen Stunde», ein Feld in der Geschichte, durch die 
Geschichte de« Tage«, anlubauen, da« artistisch genug bear 
beitet seyn mag, für den Profanen aber immer »och IN gar 
vielerlei Deihüllungen »erborgen liege, N„d selbst für den Ge- 
scküchlssorscher nur schwer, selten im glaiijin, »erstreuk, zer 
stückelt, ausznstnden ist. E» ist die Krieg« - Statistik. 
Ts ist eine Wissenschaft, von dcm auch dem geringsten Zci« 
tnngslestr etwas zu wissen Noth thut, eine Wissenschaft, welche 
jetzt mehr, als je, desorocheu wird und von welcher dem heu 
tigen uuterhaltungsgeift sehr ersorderiich wird, in ihr Feld nä 
her einzuwandern. 
Bei allem, waj Schümm ei vorträgt, befolgt er diesen 
Plan, ohne den Hochgelehrten zu spielen, niit Anwendung aller 
Sachkcnntnlß, auf eine populäre Weise genau, «nd er hat ihn 
mit dem Geist desKosmopolikismu« z« belebe» gesucht, welcher 
nach Herder, des Geschichtsforschers einziger Führer zur 
Wahrheit bleiben muß. Hie und da durchwebt er feinen Bor 
trag, voll gefälliger Laune, mit Episoden, die seine gewandte 
Gabe, Blumen mit Früchten zu mischen, so iniercssank alt 
zweckmäßig, zu leiten versteht, damit das Angenehme im 
mer mit dem Nützlichen verbunden bleibt, und der Zuhörer 
dir nackte Wahrheit im Gewände des Schönern erblickt, und 
sodann für seinen Bedarf mitnehmen und verarbeiten kann, 
was Ihm beliebt. Bti der Unmöglichkeit, fein Mann- 
fkriot zu verlullriren, indem er es lehr geheim hält und viel 
leicht nach weiterer Antfeilung für den Druck aufspart, wir» 
folgende Anekdote seine Manier etwas näher andeuten. Er er 
zählt mit gleicher Unvarlheilichkeit den glänzenden Feldzug de« 
Er/herzogS Karl gegen Jonrdan und Moreau, wie die Feldzüge 
Bonapartc'«; selbst über — Mack will er eine besondere Vor 
lesung halten und sich seiner möglichst annehme». Aber mit 
unbarmherziger Strenge geißelte er de» Wiener Zeitungsschrei 
ber , der die Frage auswarf: „ ob Bonaparie etwa glaube, da« 
Kriegsglück in Erbpache genommen »o haben?" Tr suchte nun 
richtigere Begriffe über Kriegsglück und Kritgs»rrftand 
sestlnsetze», und bahnte sich so den Weg zur Kriegt» 
S i a l i st i k. — 
So gewahrt er von der einen Seite eine heitere U n- 
terhalenng, mit Witz, Anekdoten, frappanten Zusammen 
stellungen alter «nd neuer Zeie, alter und neuer Charaktere 
durchstochten, welche ihrer üriginalität nud Seltenheit wegen 
schon allein den Besuch verlohnen; von der andern Seiet stellt 
er syffematisch ein Tableau der Tags- Begeben 
heiten auf, des in den Farben der Wahrheit vorzüglich 
glänzt, uud so erweckt er da« Herz und den Geist der Zuhörer 
ier liesst in jeder Woche zweimal) i» einer Abendstunde, auf die 
zweckmäßigste Weise, zu Gefühlen und Deobachinugen über und 
für die so wichtigen Gegenstände des Seyn«, weiche leere Zei- 
rnngen zur abgeschmacktesten Sache herabgewürdigt haben, uud 
welche doch »or so diel«» ein« höhere Beachtung »eedirnen! 
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