men bringt dem Fürsten in guten Jahren über 6000
Beutel ein. Davon kann er nach Abzug des Tri
buts an die Pforte, der Geschenke an die Minister
in Constantinopel (die bedeutenvste Ausgabe von al
len)'und aller Kosten, die die Führung seines Hof
staats und die Unterhaltung auswärtiger Verbindun
gen verursachen, in der Regel die Halste zurücklegen.
Da dieß nach unserm Gelde etwa 500 bis 600,000
Thaler beträgt, und ein Fürst oft z bis 4 Jahr ei
nen solchen Posten bekleidet, so begreifst Du, daß er
im Stande ist, nachher in Constantinopel eine ge
raume Zeit einen fürstlichen Aufwand zu machen.
Er muß aber die Kunst verstehn, sich dort bei seinem
Reichthum dennoch blutarm zu stellen, weil er sonst
von den gierigen Türkischen Ministern bald unter
diesem oder jenem Vorwände seines Ueberfluffes be
raubt wird. Man sucht sein Geld alsdann entweder
baar zu verstecken, oder unter fremdem Nahmen an
die Kirchen und Klöster gegen etwa 8 Prozent aus
zuleihen. Oder man vertraut et sichern und ver
schwiegenen Banquiers, und macht anderwärts zum
Schein ungeheure Anleihen, weswegen man sich
ausklagen, auch w»hl Executien geben läßt, u. s. w.
Der getreue Anhang sucht während der Regie
rungszeit seines Fürsten, dem Beispiel desselben ge-
maß, seine Taschen so gut als möglich zu füllen.
Dieß mißlingt aber zuweilen doch, weil die Anzahl
der Stellen bei weitem geringer ist, als die Menge
der Eompetenten. Die Fürsten sind deßhalb gezwun
gen, jede Stelle immer nur auf kurze Zeit, höch
stens auf Ein Jahr, Einem Individuum zu verlei
hen. Er wird aber von beiden Seiten gehörig da
für gesorgt, daß sie dennoch einträglich genug sind.
Die Gehalte sind nach Verhältniß de» Werthes,
worin hier da« Geld steht, ungeheuer. Die monat
lichen fixen Besoldungen der ersten Staatsdiener be
laufen sich in der Regel auf 2000 bi« 3000 Piaster.
Stellen dieser Art sind die des Groß-Postclnik, (er
ster Staatsminister) des Groß-Kamarasch, (Schatz
meister) de« Groß-Hattmann (Polizeiminister und
Commandeur der unbedeutenden^ militärischen Wache,
außer welcher der Fürst keine Soldaten halten darf,)
und einige andere. Das fixe Gehall macht ober nur
den geringsten Theil der Einnahme au«. Die zu
fälligen Hebungen sind bei weitem bedeutender, und
bestehn vorzüglich in dem Kaufgelde für J6ie niederen
Stellen, deren Besetzung ihnen überlassen ist, au
ßerdem nimmt man bankeruttirendr Kaufleute gegen
ihre rechtmäßigen Gläubiger in Schutz, — versteht
sich, unter der Bedingung der gleichen Theilung des
Raubes, — bezahlt nie anders als mit beschnittenem
Golde, weiß sich Monopolien zu verschaffen, u. s. w.
Die niederen Bedienungen am Hofe sind gleichfalls
sehr einträglich in ihrer Art. Der Kammerdiener
des Fürsten z. D. hat außer seiner freien Bekösti
gung gewöhnlich 20 Beutel reines Einkommen, und
durch seinen Einfluß auf den Fürsten ist er oft im
Stande nebenher sich große Accidenzien zu machen.
Der Haushofmeister, der Mundschenk, der Koffee-
schenk,° der Hoflieferant und das ganze Bedienten
heer wissen durch die offenbarsten Betrügereien, für
die der beste Fürst keine Augen haben will, ihre
Posten so ergiebig zu machen, daß ste, nach been
digter Dienstzeit, ein jeder nach seinen Verhältnissen,
m Constantinopel auf mehrere Jahre im Uebeifluffr
leben können. Gerüth vurch Zufall einmal ein ehr
licher unter diese Menichenklasse, so wird er durch
die schaamiosefie Verlaumdung in kurzer Zeit so an
geschwärzt, daß er von Glück zu sagen hak, wenn er
ohne eine exemplarische Bestrafung, die gewöhnlich
in der sogenannten Phalange I besteht, seines Dien
stes entlasten wird.
Will man irgend einem der niederen Bedienten
eine besondere Gnade angedeihen lassen' so überträgt
man ihm die Schlichtung einer Streitsache von Be
lang in den entfernteren Distrikten. Man weiß
nehmlich, daß er nach dem einmal landüblichen
Brauch das Recht dem Meistbietenden zu verkaufen»
eine bedeutende Summe dabei gewinnen kann, und
ihm diese zuzuwenden ist die Absicht. Ich sahe, daß
neulich ein unbärtiger Bediente von seinen älteren
College» höhnisch verlacht wurde, ein aufgetragenes
Geschäft dieser Art so schlecht ausgeführt zu haben.
Er hatte ihnen nämlich erzählt, daß er von zwei
Bauern, zwischen denen er eine Streitigkeit zu
schlichten hatte, nur 300 Piaster zu bekommen im
Stande gewesen sey.
Wie wenig sich übrigens die Pforte um dir
Justlzpflege und innere Verwaltung des Lande« über
haupt bekümmere, davon mag Dich folgende That
sache belehren. Der Fürst * * * hatte vor nicht sehr
langer Zeit eine wichtige Erimi'nal-Angelegenheit zwi
schen zwei der ersten Bojaren des Landes zu entschei
den. Da ihm die Sache zu delikat schien, und er
sich gern außer Verantwortung setzen wollte, so mel
dete er den ganzen Vorfall dem Divan in Constan-
tinopel, und fragte an, ob er die Sache nach dem
beigefügten Gutachten entscheiden dürfe. Der Divan
antwortete, baß er das eingesandte Gutachten voll
kommen bestätige, sich aber sehr verwundere, daß
der Fürst die hohe Pforte mit dergleichen Kleinigkei
ten zu behelligen wage. Üb er denn nicht wisse,
daß sie ihm darum Schwerdt und Keule verliehen
habe, daß er nach Einsicht und Willkühr seine Un
terthanen richte? Der Firman wurde den sämmkil-
chen Bojaren mitgetheilt, und hatte, wie man sich
vorstellen kann, für den Fürsten sehr ersprießliche
Folgen.
Wie eine Regierungsform dieser Art auf den
Charakter des Volks wirten müsse, ist leicht einzu-
sehn. Daß Recht und Gerechtigkeit nach unsern
Begriffen, als etwas durchaus Chimärilches betrach
tet wird, muß ein Jeder nach dem Obigen sehr be
greiflich finden. Doch hierüber, und über manche
•) Die Phalange iß eine im Orient sehr gebraiiiblt,
<bt Strafe. Sie besteht darin, daß man dem Verbrecher die
nackten, oder da» nur leicht bedeckten Fußsohlen mit schwan
ken Stäben haut. Der vellngueni muß sich ans de« Rücken
legen, und seine Sftjf durch ein ,u diesem Behufe dur-blöchcr-
t-s Brett ßcckcn. Die Süße werden dann so in demselben be
festigt, da« sie sich nicht «vrück liehen lassen. Zwei starke Hä'
scher heben hieraus das Brett nebst den Süßen in b,e
unb halten Einem oder mehreren ihrer College» die Fuß,ohien
des Verbrechers jum Etäuoen hin. Diese Art der Züchtigung
soll!» den allerschmerihaftesten gehören.