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wichtig. Vollendet, wird es »ine Fokge van etwa
zehn Bänden machen.
»Zehn gelehrte Bände über die Gedichte eines
frohen, witzigen Kopfes, die allein gedruckt nur ein
sehr dünnes Bändchen füllen!" Run ja! Zch zweifle
nicht, daß Horaz selbst, wenn er diese Behandlung
seiner leicht hingeworfenen, und mit eben so leichtem
Muthe gefeilten Sachen sähe, darüber lächelnd den
Kopf schütteln würde: aber was liegt daran, cfc der
Text lang oder kurz ist?— wenn nur dir Predigt lehr
reich ausfällt. — Wie hoch steht der ehrwürdige
und bescheidne Schulmann, der sich nach einem lan
gen, fleißigen Leben ein solches Denkmaal setzt, über
so manchem Pedanten, der sich für «inen Gelehrten
von Verdienst und Wichtigkeit hält und giebt, —
auch wohl dafür- gilt, well er 25 Jahr» hindurch
nicht ermangelte,'monatlich sechs Bogen mich literari
schen Lappalien und Klätschereien zu füllen, die —
er größtentheilsfelbst angezettelt hatte. *)
®. Merkel.
Ueber den Gang der Schul-Bit.
düng in Deutschland, vom Dr.
Heinrich Kunhardt^
(Schluß.)
m besten glaubten es jene Pädagogen zu machen,
die das Studium alter Sprachen entweder ganz ver
kannten, oder doch als Nebensache behandelten, und
durch Realkenntnisse den Zögling unmittelbar zu bür
gerlichen Geschäften tüchlig machen wollten. Aber
wie ernstlich auch der Wille dieser Männer, ui.d wie
zweckmäßig, bei guter Methode, für den Bürger
lmd"W«enschen diese Vorbereitung seyn mochte:
dem Gelehrten konnte sie unmöglich genügen;
diesen mußte sie zum oberflächlichen Schwätzer bil
den, und nicht allein von den Hülfsmitteln eisier so
liden Gelehrsamkeit entblößt, sondern auch ohne fe
sten und veredelten Geschmack zur Universität entlafi
sen. Wenn auch eine Sprache des Alterthums ne
benher gelehrt wurde, so konnte dieser als Zugabe
mitgetheilt» Unterricht, aus einem doppelten Grunde,
nicht fruchtbar schn. Denn einmal ward zu wenig
Zeir darauf verwendet; der Schüler lern» mühsam
die Elemente» ohne in den Geist der klassischen Lite
ratur einzudringen; er blieb also bei d« Schaale,
ohne den Kern zu kosten, und verachtete, wie es
mit Allen der Fall ist. die, nach ihrer Art zu reden,
doch etwas Latein (gleichsam zum Hausbedarf),
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lernen wollen, jenes Feld der Literatur, wie ein dür
res unfruchl bares Gesiloe voll Dornen unb Disteln.
Ferner lehrt uns tu tägliche Lr'ahiung, daß ver
Ge,chmack am Sprachstudium in eben dem Grade
gemindert wird, in weichen, die Liebe za Realkennt-
nissen verstärkt ist; daß man sein Gedächtniß anzu
strengen um so weniger Lust hat, je mehr der Ver
stand seiner Kraft, und des eigenthümlichen mit ih
rem Gebrauch« verbui'.Senrn Vergnügens sich bewußt
wird. Wenn nun besonders Alles aufgeboten ward,
um die sogenannten Realien durch häufigen Wechsel
und leichrfer.igeS Ueberspringen von einem Fache
zum andern, durch Einstreuung interessanter Anekdo
ten, durch den Gebrauch kostbarer Kupserwerke, und
andre Mittel anz rhend zu machen: so begünstigte
dieß aus der einen «Leite den Hang zur Flüchtigkeit
und seichren Vieiwisserel, indem es auf der andern
, jeden Funken von Liede zur todten Sprache der
Vorwelt erstickte. Der Schüler glich einem verwohn
ten Kinde, dessen Gaumen, durch Leckerbissen ver
zärtelt, keiner gesunden und derben Kost Geschmack
abgewinnt. Noch setzt kann jeder Lehrer in ähnlichen
Anstalten die Erfahrung, machen, daß, nach einer
vorhergegangenen interessanten Belehrung über Ge
genstände de« bürgerlichen Ledere, eine' ayf allen
Gesichten lesbare, und den Freund des Alterthums
niederschlagende Unlust bel der Lektüre klassischer Auk-
tvren herrschet.
Und find denn etwa jene in Realschulen, auf ei
nem Pom Gauge der Europäischen Cultur abweichen
dem Wege zu frühreifer Sachkuno« geleiteten Viel
wisser größere Gelehrte, treuere Geschäft? männei',
nützlichere Bürger gewsrden? Das Letztere will ich
nicht geradezu verneiueo: aber nach ist mir kein gro
ßer Geist, kein ausgezeichneter Gelehrter bekannt ge
worden, der aus solchen Realschulen hervorgegangen
Vielmehr sind die ehrwürdigsten Veteranen
u> uujrer Gelehrten-Republik, und die einsichtsvoll
sten Schrsstjkeller neuerer Zeiten, mir der gesunden
und kräftigen Nahrung des klassischen Bodens ge
nährt, und zu ebner Zeit, oder in solchen Anstalten,
gebildet worden, wo man wenig, aber das We
nige aus dein Gr un d e lernte; alle Seelenkräfte
zum Auffassen, B-greifen und Behalten jeder Gat
tung von Wahrheit, durch ^langsame, aber sichere
Fortschritte fähig machte. So vorbereüete Köpfe
lernten dünn leicht durch zweckmäßigen Privaifleiß,
durch bedachtsames und anhaltende» Lesen guter Bü
cher, was ihnen noch fehlte; mit ihrem für Wahr
heit geschärften Sinne bemerkten und ergänzren sie
bald und m-thodbch die Löcken ihres Wissens, oder
waren auch so bescheiden, sich auf ihr Fach zu be
schranken, und nicht in Alles einreden zu wollen.
T<e moderne Vielwissern hatte dagegen noch
eine andere zehr schlimme Folge; die eiamtich, daß
ganz gegeii seuien Plan und zum unersetzlichen Nach
theil für seine wissenschaftliche Vollendung, mancher
fleißige Student, um eine Hauslehrer-Stelle mit
Beifall bekleiden zu können, sich auf hundert zu sei
nem Fache nicht gehörige Dinge vorbereitensich
selbst und seiner W ssenichaft untreu werden mußte.
Er kannte d«« großen Forderungen seiner künftigen
Principale; er hörte, daß Kenntniß der Munk, der