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Volume Nro. 245, Montag den 9. December

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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wichtig. Vollendet, wird es »ine Fokge van etwa 
zehn Bänden machen. 
»Zehn gelehrte Bände über die Gedichte eines 
frohen, witzigen Kopfes, die allein gedruckt nur ein 
sehr dünnes Bändchen füllen!" Run ja! Zch zweifle 
nicht, daß Horaz selbst, wenn er diese Behandlung 
seiner leicht hingeworfenen, und mit eben so leichtem 
Muthe gefeilten Sachen sähe, darüber lächelnd den 
Kopf schütteln würde: aber was liegt daran, cfc der 
Text lang oder kurz ist?— wenn nur dir Predigt lehr 
reich ausfällt. — Wie hoch steht der ehrwürdige 
und bescheidne Schulmann, der sich nach einem lan 
gen, fleißigen Leben ein solches Denkmaal setzt, über 
so manchem Pedanten, der sich für «inen Gelehrten 
von Verdienst und Wichtigkeit hält und giebt, — 
auch wohl dafür- gilt, well er 25 Jahr» hindurch 
nicht ermangelte,'monatlich sechs Bogen mich literari 
schen Lappalien und Klätschereien zu füllen, die — 
er größtentheilsfelbst angezettelt hatte. *) 
®. Merkel. 
Ueber den Gang der Schul-Bit. 
düng in Deutschland, vom Dr. 
Heinrich Kunhardt^ 
(Schluß.) 
m besten glaubten es jene Pädagogen zu machen, 
die das Studium alter Sprachen entweder ganz ver 
kannten, oder doch als Nebensache behandelten, und 
durch Realkenntnisse den Zögling unmittelbar zu bür 
gerlichen Geschäften tüchlig machen wollten. Aber 
wie ernstlich auch der Wille dieser Männer, ui.d wie 
zweckmäßig, bei guter Methode, für den Bürger 
lmd"W«enschen diese Vorbereitung seyn mochte: 
dem Gelehrten konnte sie unmöglich genügen; 
diesen mußte sie zum oberflächlichen Schwätzer bil 
den, und nicht allein von den Hülfsmitteln eisier so 
liden Gelehrsamkeit entblößt, sondern auch ohne fe 
sten und veredelten Geschmack zur Universität entlafi 
sen. Wenn auch eine Sprache des Alterthums ne 
benher gelehrt wurde, so konnte dieser als Zugabe 
mitgetheilt» Unterricht, aus einem doppelten Grunde, 
nicht fruchtbar schn. Denn einmal ward zu wenig 
Zeir darauf verwendet; der Schüler lern» mühsam 
die Elemente» ohne in den Geist der klassischen Lite 
ratur einzudringen; er blieb also bei d« Schaale, 
ohne den Kern zu kosten, und verachtete, wie es 
mit Allen der Fall ist. die, nach ihrer Art zu reden, 
doch etwas Latein (gleichsam zum Hausbedarf), 
•) Eine TrSdeltude v»l> ontranckidüren Grrilles ■ on der 
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lernen wollen, jenes Feld der Literatur, wie ein dür 
res unfruchl bares Gesiloe voll Dornen unb Disteln. 
Ferner lehrt uns tu tägliche Lr'ahiung, daß ver 
Ge,chmack am Sprachstudium in eben dem Grade 
gemindert wird, in weichen, die Liebe za Realkennt- 
nissen verstärkt ist; daß man sein Gedächtniß anzu 
strengen um so weniger Lust hat, je mehr der Ver 
stand seiner Kraft, und des eigenthümlichen mit ih 
rem Gebrauch« verbui'.Senrn Vergnügens sich bewußt 
wird. Wenn nun besonders Alles aufgeboten ward, 
um die sogenannten Realien durch häufigen Wechsel 
und leichrfer.igeS Ueberspringen von einem Fache 
zum andern, durch Einstreuung interessanter Anekdo 
ten, durch den Gebrauch kostbarer Kupserwerke, und 
andre Mittel anz rhend zu machen: so begünstigte 
dieß aus der einen «Leite den Hang zur Flüchtigkeit 
und seichren Vieiwisserel, indem es auf der andern 
, jeden Funken von Liede zur todten Sprache der 
Vorwelt erstickte. Der Schüler glich einem verwohn 
ten Kinde, dessen Gaumen, durch Leckerbissen ver 
zärtelt, keiner gesunden und derben Kost Geschmack 
abgewinnt. Noch setzt kann jeder Lehrer in ähnlichen 
Anstalten die Erfahrung, machen, daß, nach einer 
vorhergegangenen interessanten Belehrung über Ge 
genstände de« bürgerlichen Ledere, eine' ayf allen 
Gesichten lesbare, und den Freund des Alterthums 
niederschlagende Unlust bel der Lektüre klassischer Auk- 
tvren herrschet. 
Und find denn etwa jene in Realschulen, auf ei 
nem Pom Gauge der Europäischen Cultur abweichen 
dem Wege zu frühreifer Sachkuno« geleiteten Viel 
wisser größere Gelehrte, treuere Geschäft? männei', 
nützlichere Bürger gewsrden? Das Letztere will ich 
nicht geradezu verneiueo: aber nach ist mir kein gro 
ßer Geist, kein ausgezeichneter Gelehrter bekannt ge 
worden, der aus solchen Realschulen hervorgegangen 
Vielmehr sind die ehrwürdigsten Veteranen 
u> uujrer Gelehrten-Republik, und die einsichtsvoll 
sten Schrsstjkeller neuerer Zeiten, mir der gesunden 
und kräftigen Nahrung des klassischen Bodens ge 
nährt, und zu ebner Zeit, oder in solchen Anstalten, 
gebildet worden, wo man wenig, aber das We 
nige aus dein Gr un d e lernte; alle Seelenkräfte 
zum Auffassen, B-greifen und Behalten jeder Gat 
tung von Wahrheit, durch ^langsame, aber sichere 
Fortschritte fähig machte. So vorbereüete Köpfe 
lernten dünn leicht durch zweckmäßigen Privaifleiß, 
durch bedachtsames und anhaltende» Lesen guter Bü 
cher, was ihnen noch fehlte; mit ihrem für Wahr 
heit geschärften Sinne bemerkten und ergänzren sie 
bald und m-thodbch die Löcken ihres Wissens, oder 
waren auch so bescheiden, sich auf ihr Fach zu be 
schranken, und nicht in Alles einreden zu wollen. 
T<e moderne Vielwissern hatte dagegen noch 
eine andere zehr schlimme Folge; die eiamtich, daß 
ganz gegeii seuien Plan und zum unersetzlichen Nach 
theil für seine wissenschaftliche Vollendung, mancher 
fleißige Student, um eine Hauslehrer-Stelle mit 
Beifall bekleiden zu können, sich auf hundert zu sei 
nem Fache nicht gehörige Dinge vorbereitensich 
selbst und seiner W ssenichaft untreu werden mußte. 
Er kannte d«« großen Forderungen seiner künftigen 
Principale; er hörte, daß Kenntniß der Munk, der
	        
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