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«eist freilich gegen dir unfreiwillige Tanzsucht;
es felgt aber nicht durchaus, daß der Tanz nicht dem-
unoeachtet ein wirksames Heilmittel seyn könne. Viel
leicht kannten es die Alten nur nicht. Eben so we
nig darf man aus dem von ihm angeführten Um-
stande, daß mehr Wetter als Männer von dieser
Krankheit befallen werden, schließen,! daß sie blos
eine Wirkung der Einbildungskraft sey, die bei dem
weiblichen Geschlecht lebhafter ist, als bei dem unfti-
gen. Der Hr. Graf scheint zu vergessen, daß die
Bekleidung der Weiber sie den Taranteln mehr aus
setzt.
Daraus, daß manche schon im Mai anfangm
zu tanzen, obgleich die Tarantel erst um die Erndke-
zeit beißen soll, folgt auch nichts, indem viele Kran
ke mehrere Jahre tanzen, und alsdann anfangen,
sobald sie einen Rückfall zu spüren glauben.
Der Hr. Hofr. Blumenbach sagt in seinem
Handbuch der Naturgeschichte S. 393- • »So viel
„ist richtig, daß dir Tarantel den Schnittern zur
„Erntezeit durch ihren Biß lästig wird, und so wie
„der Stich mancher andern Insekten im brennenden
„Sommer, gefährlich werden (zuweilen wohl
„eine Art Veitstanz erregen) kann, so auch
„freilich wohl der Tarantelbiß.
Man sieht hieraus, daß er den Biß für schmerz
lich zu halten scheint, welches gegen die Meinung
der Einwohner der von mir angeführten Städte strei
tet, und daß er ebenfalls irrig glaubt, man halte die
Tanzsucht für eine Folge desselben.
Die Taranteile ist eiu Volkstanz, vorzüglich
in Sizilien und Kalabrien gebräuchlich, welcher aus
einer Nachabmug der Gaukeleien der Taranteli-
sten entstanden zu seyn scheint, und schon in einem
andern Stücke des Freim. beschrieben worden. Er
wird aber nicht allein nach der Violine, sondern auch
nach der Mandoline und dem Tamburin getanzt. —
- F. F. —
Uralte literarische Notizen.
(Fortsetzung.)
Dir Armu'h der Dichter.
5Zhre Dachstübchen sind zum Sprüchwcrt geworden,
aber man glaubt gewöhnlich, diese ehrenvolle Ar
muth sei unfreiwillig, und das ist ein ungeheurer
Irrthum. Wenn unsere Dichter wollten, sie durf
ten nur die Hand ausstrecken, um alle« was sie be
rühren in Gold zu verwandeln. Die Verleger sind
bekanntlich so großmüthig, da« Publikum zahlt so
gern, die Reichen und Großen würden mit Vergnü
gen sich einige Leckerbsisen auf ihrer Tafel versagen,
um die Musensöhne und Musenknechte zu bereichern.
Meint ihr, es gebe heutiges Tages keine Männer
mehr wie Herode« Attikn«, der (nach dem
Zeugniß Philostrats) dem Sophisten Pol emo für
nicht mehr als drei Deklamationen, fünfzig tau
send Thaler zahlte? Ich versichere euch, unsere
Großen brennen vor Begierde ein Gleiche« zu thun,
aber die Dichter wollen nicht, und haben sehr gute
Ursachen dazu. Es lebte nemllch zu Anfang des
zwölften Jahrhundert« rin Dichter zu Zspahan, der
Abu Ismael Thogroi hieß, und der so entsetz
lich reich war, daß der Emir Ma sud ihn. um seine
Schätze zu erben, auf das grausamste ermorden ließ.
Dieß Beispiel verbreitete einen panischen Schrecken
in der ganzen D-chterwelt, und das ist die einzige
Ursache, warum noch jetzt die Dichter allen Ueberstuß
verschmähen. Zn ihren Dachstuben leben sie ruhig,
da sucht sie kein Emir Masud und sie verzehren ihre
Kartoffeln ungestört. Aue gleichem Antrieb haben
sie sich auch aller Würden im Staate ratschlagen.
Sie wissen recht gut, daß die Skalden, die vor
maligen Hofpoeten in Schweden, Dännemark und
Norwegen, als solche, den Raag vor allen Hofbeam
ten behaupteten, und dem Könige zugleich als Ge-
hri'meräthe dieneren; sie wissen auch daß die heutigen
Könige nur auf einen Wink der Dichter warten, um
sie wieder zu dem ihnen gebührenden Range zu er
heben; aber die heutigen Hofpoetrn sind die beschei
densten Creaturen von der Welt; sie wollen keinen
Neid erregen, und suchen lieber die Meinung zu
verbreiten, (die auch ziemlich allgemein Wurzel gefaßt
hat,) baß ein Dichter zu keinem ernsthaften 'Geschäfte
zu gebrauchen sey. — Wa« ist auch ein Geheime-
rath der Königs gegen einen Geheimerarh der Göt
ter ? — Wenn der Dichter seine Feder eintaucht, so
steht da« ganze Chor der Götter gehorsam lauernd
um ihn her, und auf den leisesten Wink schenkt ihm
Helene den Kaffee ein, Mare stopft ihm seine Ta-
dakepftife, Venus stickt ihm seine Wäsche und die
Grazien spielen mit seinen Pantoffeln.
Vorschlag.
Der Kaiser Heliogabalus (stehe Hist.
August, p. in ) pflegte die Erfindung einer neuen
Brühe mit fürstlicher Freigebigkeit zu belohnen. War
aber die Brühe schlecht, oder behagte sie seinem kai
serlichen Gaumen nickt, so durfte der Erfinder so
lange nichts anders essen, bis ihm eine bessere ge
lungen war.
Wie wäre es, wenn man es eben so mit schlech
ten Auroren machte; und sie zwänge so lange nichts
anders zu lesen, als ihre eigenen jämmerlichen Pro
dukte, bis sie etwas besseres zu Markte gebracht
härten? — Doch würde dies sie abichrecken? Ein
schlechter Autor liest nichts lieber als sich selbst.
Kotzebur.
(Die Fortsetzung folgt.)
Nicht, politische Zeitung. Nro. 240.
Aus Dresden.
-.int sehr achtungswürdige und nickt tloß in Ist eso, <fn
Rucktickt demerkcnswcr.'bc tkr>chei»ung ist die letzte 9}t
tiouSoredigt, vom Oderholvredigir Doktor Rein bar» in un
serer eoangeliscken Ho kircke gehalten, die mit der X-i-schrisr -
Predigt an, Gedackinintage der Kircheuverves
se rtiog im Jahr rtzo;. gehalten (Dresden und Leiong,