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Volume Nro. 240, Montag den 2. December

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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«eist freilich gegen dir unfreiwillige Tanzsucht; 
es felgt aber nicht durchaus, daß der Tanz nicht dem- 
unoeachtet ein wirksames Heilmittel seyn könne. Viel 
leicht kannten es die Alten nur nicht. Eben so we 
nig darf man aus dem von ihm angeführten Um- 
stande, daß mehr Wetter als Männer von dieser 
Krankheit befallen werden, schließen,! daß sie blos 
eine Wirkung der Einbildungskraft sey, die bei dem 
weiblichen Geschlecht lebhafter ist, als bei dem unfti- 
gen. Der Hr. Graf scheint zu vergessen, daß die 
Bekleidung der Weiber sie den Taranteln mehr aus 
setzt. 
Daraus, daß manche schon im Mai anfangm 
zu tanzen, obgleich die Tarantel erst um die Erndke- 
zeit beißen soll, folgt auch nichts, indem viele Kran 
ke mehrere Jahre tanzen, und alsdann anfangen, 
sobald sie einen Rückfall zu spüren glauben. 
Der Hr. Hofr. Blumenbach sagt in seinem 
Handbuch der Naturgeschichte S. 393- • »So viel 
„ist richtig, daß dir Tarantel den Schnittern zur 
„Erntezeit durch ihren Biß lästig wird, und so wie 
„der Stich mancher andern Insekten im brennenden 
„Sommer, gefährlich werden (zuweilen wohl 
„eine Art Veitstanz erregen) kann, so auch 
„freilich wohl der Tarantelbiß. 
Man sieht hieraus, daß er den Biß für schmerz 
lich zu halten scheint, welches gegen die Meinung 
der Einwohner der von mir angeführten Städte strei 
tet, und daß er ebenfalls irrig glaubt, man halte die 
Tanzsucht für eine Folge desselben. 
Die Taranteile ist eiu Volkstanz, vorzüglich 
in Sizilien und Kalabrien gebräuchlich, welcher aus 
einer Nachabmug der Gaukeleien der Taranteli- 
sten entstanden zu seyn scheint, und schon in einem 
andern Stücke des Freim. beschrieben worden. Er 
wird aber nicht allein nach der Violine, sondern auch 
nach der Mandoline und dem Tamburin getanzt. — 
- F. F. — 
Uralte literarische Notizen. 
(Fortsetzung.) 
Dir Armu'h der Dichter. 
5Zhre Dachstübchen sind zum Sprüchwcrt geworden, 
aber man glaubt gewöhnlich, diese ehrenvolle Ar 
muth sei unfreiwillig, und das ist ein ungeheurer 
Irrthum. Wenn unsere Dichter wollten, sie durf 
ten nur die Hand ausstrecken, um alle« was sie be 
rühren in Gold zu verwandeln. Die Verleger sind 
bekanntlich so großmüthig, da« Publikum zahlt so 
gern, die Reichen und Großen würden mit Vergnü 
gen sich einige Leckerbsisen auf ihrer Tafel versagen, 
um die Musensöhne und Musenknechte zu bereichern. 
Meint ihr, es gebe heutiges Tages keine Männer 
mehr wie Herode« Attikn«, der (nach dem 
Zeugniß Philostrats) dem Sophisten Pol emo für 
nicht mehr als drei Deklamationen, fünfzig tau 
send Thaler zahlte? Ich versichere euch, unsere 
Großen brennen vor Begierde ein Gleiche« zu thun, 
aber die Dichter wollen nicht, und haben sehr gute 
Ursachen dazu. Es lebte nemllch zu Anfang des 
zwölften Jahrhundert« rin Dichter zu Zspahan, der 
Abu Ismael Thogroi hieß, und der so entsetz 
lich reich war, daß der Emir Ma sud ihn. um seine 
Schätze zu erben, auf das grausamste ermorden ließ. 
Dieß Beispiel verbreitete einen panischen Schrecken 
in der ganzen D-chterwelt, und das ist die einzige 
Ursache, warum noch jetzt die Dichter allen Ueberstuß 
verschmähen. Zn ihren Dachstuben leben sie ruhig, 
da sucht sie kein Emir Masud und sie verzehren ihre 
Kartoffeln ungestört. Aue gleichem Antrieb haben 
sie sich auch aller Würden im Staate ratschlagen. 
Sie wissen recht gut, daß die Skalden, die vor 
maligen Hofpoeten in Schweden, Dännemark und 
Norwegen, als solche, den Raag vor allen Hofbeam 
ten behaupteten, und dem Könige zugleich als Ge- 
hri'meräthe dieneren; sie wissen auch daß die heutigen 
Könige nur auf einen Wink der Dichter warten, um 
sie wieder zu dem ihnen gebührenden Range zu er 
heben; aber die heutigen Hofpoetrn sind die beschei 
densten Creaturen von der Welt; sie wollen keinen 
Neid erregen, und suchen lieber die Meinung zu 
verbreiten, (die auch ziemlich allgemein Wurzel gefaßt 
hat,) baß ein Dichter zu keinem ernsthaften 'Geschäfte 
zu gebrauchen sey. — Wa« ist auch ein Geheime- 
rath der Königs gegen einen Geheimerarh der Göt 
ter ? — Wenn der Dichter seine Feder eintaucht, so 
steht da« ganze Chor der Götter gehorsam lauernd 
um ihn her, und auf den leisesten Wink schenkt ihm 
Helene den Kaffee ein, Mare stopft ihm seine Ta- 
dakepftife, Venus stickt ihm seine Wäsche und die 
Grazien spielen mit seinen Pantoffeln. 
Vorschlag. 
Der Kaiser Heliogabalus (stehe Hist. 
August, p. in ) pflegte die Erfindung einer neuen 
Brühe mit fürstlicher Freigebigkeit zu belohnen. War 
aber die Brühe schlecht, oder behagte sie seinem kai 
serlichen Gaumen nickt, so durfte der Erfinder so 
lange nichts anders essen, bis ihm eine bessere ge 
lungen war. 
Wie wäre es, wenn man es eben so mit schlech 
ten Auroren machte; und sie zwänge so lange nichts 
anders zu lesen, als ihre eigenen jämmerlichen Pro 
dukte, bis sie etwas besseres zu Markte gebracht 
härten? — Doch würde dies sie abichrecken? Ein 
schlechter Autor liest nichts lieber als sich selbst. 
Kotzebur. 
(Die Fortsetzung folgt.) 
Nicht, politische Zeitung. Nro. 240. 
Aus Dresden. 
-.int sehr achtungswürdige und nickt tloß in Ist eso, <fn 
Rucktickt demerkcnswcr.'bc tkr>chei»ung ist die letzte 9}t 
tiouSoredigt, vom Oderholvredigir Doktor Rein bar» in un 
serer eoangeliscken Ho kircke gehalten, die mit der X-i-schrisr - 
Predigt an, Gedackinintage der Kircheuverves 
se rtiog im Jahr rtzo;. gehalten (Dresden und Leiong,
	        
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