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Volume Nro. 237, Donnerstag den 29. [28.] November

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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Nicht-politische Zeitung. Nro. 257. 
Aus Französischen Blättern. 
Beispiele Verderb-« gute Sitten, "Auch der Publickste der 
bisher Ion und Inhalt nach die anständigste und vernünftigste 
Pariser Zeitung war, sangt jetzt an, von Zeit zu Zeit über 
politische (Gegenstände eine» gevßfrrccherifchrn Fifchmarkis - To» 
anzustimmen »er — ihn sehr bald ».'«achilich machen muh. 
— Reeaniier, der Gemahl der derühmrea Schöne», hat 
Banguerouite gemacht. 
— Bei den, öffentlichen Gramen in der Hebammen-Schnle 
iu Parts, hat em zwanzigiährige« Mädchen den ersten Preis 
erhalte«. 
Die letzte Enkelin des großen Racine, Mdme Mirlea« 
des Kadretr ist zu Blvis, 76 Zahr alt, gestorben. Sie war 
eine Gelehrte, — gleichwohl aber eineachrungswürdige Frau. 
Desodoards, Verfaffer ei«es bekannee» Werks über die 
Ftaniöstsche Revolution, bchauotek im Journal de Paris, als 
ausgemacht gewiß, daß die berühmte „eiserne Maske" niemand 
ander« gewesen se». als der F i n a n z i» in i st e r F o a q u e t, 
der bei Ludwig dem Vierzehnten in Ungnade stel, lange gefan 
gen saß, endlich entkam und wahrscheinlich wieder gefangen 
wurde. Die Aneldoken, die Boliaire und andere SLrlsisteLer 
von dem Gefangenen er,adle», erklärt er für unerwiesen, und 
behauvtek eine Karle gesehen ln haben, die inan in dem Ar 
chiv der Baftllle gefunden, und aus welcher gestanden habe: 
N° 4.389,000. Fouque*. arnvant des iles de Ste-Mar- 
guente avec un masque de ter XKX. Kersadion, Die 
ser Bebauvlung nach, muß» Fouquet im 89 Zähre seine» Al 
ters gestorben seyn. — 
— Zu Lvo« hert jetzt wiedcr «ine Somnambule, die so 
gar angiebt, wie einer andern Person init der ste in R«v> 
porr gesetzt ist, die Speisen schmecken, die ste etwa tu sich 
nimmt. Die Gazette de baute erzählt es als eine wichtige 
und nicht gant verwerfliche Erscheinung, und das Journal de 
Paris — Wie kan« es umbin, ein Ma h rch cn ,u wiederhole»? 
— Der Doktor Joseph Barouio zu Mai,land Hai Galva 
nische Säulen von Retrig > und Rothe» Rüden Schniireu ge 
mach», die er mit Scheiben von Nußbaumholz abwechseln ließ, 
und er behauvle», daß ste gewirkt haben, wie Metall-Säulen. 
Damit dem Galvanischen Geniüie auch die Suvpe nicht fehle, 
kocht er die Hol»-Scheiben in Pottaiche-Sali, das in Wein 
essig aufgelöst ist, und begießt auch die Saul- von Zeit zu Zeit 
mit dieser Brüh«. 
Ei» oberste Erobert ha« ein- Italienische Ode auf die 
Französischen Siege gemacht ein Hr. Waistp st« im Franz»»» 
scheu nachgeahmt, und ein Hr. Cauchy ste in» Laielniiche nber- 
setzt. In allen drei Svrachen ibeilk ste »er Moniteur mit. 
Schade daß ste in allen dreien sehr miktelmanig ist. 
— Au» Englischen Blättern. 
,Ott Degen, dessen sich Nelson bediente, als er seinen Arm 
verlor, war derselbe, den ihm einst der Admiral Walvole 
im lestament vermachte: weil er iWalpole) ihn getragen habe, als 
er inehmlich Walvole) die Feinde schlug und seinen Arm verlor." 
— Za Philadelphia eristirt seit drei Zahr einDerfohnungs- 
Ecricht. eine Nachahmung von den Gewissens - Gerichten, wel 
che Catharina die Zweite in Rußland einführte. Es hat schon 
16,000 Proteste ohne Kosten und rhne Advokaten geschlichtet. 
Aus Osnabrück den Z. November. 
W-don feit einigen Jahren haben in uastrcr Stadt 9 eben so 
ehlinwerihe als angesehene Mitglieder des KausmannsstaudeS 
einen e»cln Bund unter sich errichtet. Die Bande, weiche sie 
an einander schloffen, hielte» um desto enger und fester zu,am 
men, da bloß der uneigennützige Drang, mit vereinter Kraft 
bie Wohlfahrt der Mitbürger tu befördern, diese Bande ange- 
kniipft hatte. Eie selbst schlossen ohne alles Geraus» ihren 
wohlrbätigrn Kreis; und, wo sie st» öffenrlich nennen mußten, 
nannten ste st» bescheiden: »i« vereinte Gesellschaft. Mit grö> 
ßerm Recht könnte man sie de« menschenfreundliche« 
Bund, oder die bar ne herzigen Freunde nennen, «eil 
ste i,u edelste« Sinne des Wort» große Parmherjigkeit ausge 
übt haben. 
Schon vor einige« Jahre« waren diese Männer so glück 
lich, durch ihre künftige Verwendung und thätige Mitwirkung 
eine Grsrllschast von mehr als hundert honuetten Bürgern t« 
organistren, um bei entstehender Fcuerkgefabr wichtige Pavicre, 
Gelder, Möbeln, auch ,m Nothfall Menschen jli retten ua» 
in sichre Verwahrung tu bringe«, und noch >1» verstosscnen 
Jahre gelang es diesen vatriotifch.eu Edel«, theils aus ihre« 
eigenen Mitteln, lh:ii« durch fremde Hülfe, eine Leihanstalt 
einzurichten: eine Anstalt, welche bei den großen Anstrengun 
gen unsers von fremde« Truppen okkupirten Lande« um so 
heilsamer und nöthiger war, da die eben so unbarmherzige als 
unersättliche Habsucht für die geringfle« Porschüsse iwei bis 
dreihundert Proeent verschlang, und IN der Dunkelheit, worin 
sich so gern das darbende Sch-un - und Ehrgefühl verdirgt, »o« 
der öffentliche» Roch die theuersten Opfer erorcßten. 
Was »der jenen edel« Mitbürger» sdei, fwönen Name» 
und das noch schönere Bewußtseyn wohlthätiger Menfchrnfreuu- 
de am niesten stchert, Las ist der warme Elfte und die rast 
lose Thätigkeit, womit ste schon früher, und besonders auch in 
diesem Zahre, die zweckmäßigsten Anstalrc« trafen, um einer 
seits der geringer« Klasse d.rs Brodkkor« zu cine-n mäßigen 
Preise zu veeschaffc«, und andrerseits eben dadurch den steigen 
den Kornvreisen selbst engere Grcnjcn zu seyen. So wie im 
verwichenrn Sommer fast im ganzen Deutschland der zuneh 
mende Brodmangel für die hungernde Arniurh eine der schreck 
lichsten Aussichten darbot, so war diese« Nebel in unserer Ge 
gend mit dovveir banger Erwartung zu fürchten. Handel nn» 
Gewerbe senszren unter dem Drucke des Krieges; sehr viele Fa 
milien litten durch die dermaligen Verhältnisse unseres Landes; 
vielen Handarbeitern und Tagelöhnern wurde es schwer, gegen 
die Theurung aller Lebensmittel anzukämpfen und sich die 
nothwendigsten Bedürfnisse zu erringen; sehr viele Elrcrn 
seufzten im stille»; sehr viele Kinder soroerren mir jedem nruk« 
Morgen neue Nahrung, wcnigstens — Brod: und obendrein 
drohte hinter dem Schleier der Zukunft das gräßliche Bild ei 
nes grinsenden Hungers. Da traten jene Edel» mir Männer 
kraft und Engelsgüle aus, veranlaßten eine Subscrivtion von 
milden Beitragen, und sgbc» stch durch den Patriotismus un 
serer Osnabrückfchen Bürger, durch das vätcriiche Benehmen 
uus.eer Stadtobrigkeit und durch die hüisreiche Mitwirkung un 
serer Fürst,, osnabr. Landesregierung so unterstützt, daß sie es 
wagen durften, einen bedeutenden Vorrats von Rocke» anzu- 
schaffen nnd denselben attea Hnlssbedürstigen zu einem wohlfei 
len Preise dar-uretchen; wobei der Verlust größtcnrheils durch 
die genannten Beiträge gedeckt wurde. Hier sah man, wie der 
ächte Baum des Lebens, edler Ge IN ein sinn, wenn er 
auf den rcchren Boden gevstanzk ist und erst Wurzel gesagt har, 
viel'achc Svrossen hervvrtrcibt. Nicht bloß der Reiche gad von 
seinem Ucberflusse; nicht' bloß der Wohlhabend- aus feiner 
Sparkasse; nicht bloß der Gelehrte von feiner kargen Einnah 
me: sondern ganze Ko porakiouen reichten Gelder, die sonst 
wohl zu gemeinschaftlichen frohen Gcniissen verwandt waren, 
mit Willigte,t dar. Es wurde zu weit führen, die vielen scho 
nen Tbaien welche der Gemetnsinn erzeugte, besonders zu neu 
nen ; aber ich kann doch unmöglich verschweigen, das uiner an 
dern ;. B. die Vorsteher des Cameideramts unaufgefordert fünf 
und iicbeimg Thaler herbrachten und kaum einen Dank anneh 
me» wollten: für die Amtsgeuossen nicht, wett dieses Opfer ste 
nicht drückte, für sich nicht, weil es ihnen kaum E i 0 Wort 
gekostet hakte, die andern Amtsgenossen zu diesem Beitrag ,« 
bewegen. Das Werk der Liebe begann schon gegen das Ende 
des Februars, und bas h-rbeigeschafte Kor« wurde theil« ver. 
messen, theils 1» gefunden nnd nahrhafte« Brodten verbacke». 
kDer Schluß folgte
	        
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