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Volume Nro. 235, Montag den 25. November

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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kich ausführten, sind eben um dieselbe beschäftigt: 
der eine mißt, dee andere führt den Meißel, der 
dritte beobachtet den Essekr. 
Za Rücksicht des vierten Momentes dürste auch 
mancher Kunstkenner wünschen, daß die Wahl des 
Augenblickes für die Handlung anders gewählt wäre. 
Unser Künstler stellte den Praxiteles vor, wie er 
rasch sich erhebend der Werkstatt zueilt, indem Phry- 
ne an seiner Seite in dem nemlichen Augenblick die 
Vorhänge wegziehen läßt, und ihre List dadurch kund 
machet, daß die beiden Statuen, der Amor, und 
der jugendliche Faun, sich dem Auge unversehrt dar 
stellen. — 
Da die beiden Statuen hier nur Symbol sind, 
so wäre die Wahl vielleicht glücklicher auf den Mo 
ment gefallen, wo Praxiteles eben im Begriffe steht, 
das Bild des Amor's an Phryne zu übergeben. 
Mit richtigem Sinn wählte unser Künstler zum 
Bild des Amor's die antike Figur des Bcgenspän- 
ners, und zu dem des Faun's die jugendliche Sta 
tue» welche, die Beine über einander geschlagen, sich 
mit dem Vorderarm auf einen Trunk lehnt. Beide 
diese Staturn rxistiren in mehrern Sammlungen, 
wovon das Museum des Kapitols die beiden besten 
Exemplare besitzt. Zwar scheinen auch diese spätere 
Römische Kopieen zu seyn; aber die Schönheit, und 
Grazie der Zdee in denselben, so wie die öftern 
Wiederholungen in Kopien schon im Alterthume, las 
sen -vermuthen, daß diese Exemplare Nachbildun 
gen nach den beiden Praxitelischen Originalen seyn 
möchten. 
Die vier Momente, welche in dem zweiten Re 
lief vorkommen, sind planer, als die im ersten. Zn- 
tessen, da die Handlung in allen vier dieselbe ist, so 
hätten wir doch eine größere Verschiedenheit in der 
Anordnung gewünscht. Es fällt aus: erstlich den 
Beschützer in jedem der vier Momente immer an 
das eine Ende des Bildes gestellt zu sehen; warum 
nicht abwechselnd bald an das Ende, bald in oder 
gegen die Mitte des Feldes? — Zweitens sind die 
Meister, die ihre Entwürfe darbringen, alle zugleich 
in Bewegung, — dieses aber störet die Einheit. — 
Mit richtigerem Sinn suchte unser Künstler die 
Sitte der republikanischen von der der monarchsichen 
Verfassung in der Anordnung zu unlericheiden. — 
Unbefangen flehen dir Meister um ihre obersten Mit 
bürger, den Pericles, und den Coomus. Alexander, 
und der Pabst hingegen sind sitzend vorgestellt. Nur 
sollten dir Sitze keine schwerfällige Throne seyn, 
denn auf diese erhöhen sich die Fürsten nur bei seier- 
lichein Lereiuonial, — nicht oder in den Momen 
ten, wo der Genius der Kunst sie br-uchr, und sie 
ihrer Herrsiherniiene vergessen machet. 
Noch weniger können wir loben» daß die Mei 
ster vor Alexander und dem Padste knieen. Diese« 
ist erstlich überhaupt gegen? Griechische Sitte, und 
zweiten? gegen die Wurde der Kunst. — Kein Ver 
hältniß ist prunk: und anspruchkioser, als bas eines 
kunstliebenden Fürsten gegen den wahren Künstler. 
Der Künstler allein lebt ohne Stand, und ohne 
Bedarf der Etiquette in der menschlichen Gesellschaft. 
Die Alten bemerkten deshalb schon, daß der wahre 
Meister der ganzen Welt angehöre, und daß der 
ächte Genius der Kunst sich nur da zeige, und ge 
deihe, wo man ihm mit liberalen Gesinnungen ent 
gegen kommt. Raphael konnte sich wohl als Gläu 
biger dem Vater der Kirche zu Füßen werfen; aber 
als Künstler war er der vertraute Liebling des Pab- 
stes, eben so wie es Apelle« von Alexander dem 
Großen war. 
Löblich ist das Kostüm der verschiedenen Perso 
nen und Zeitalter beobachtet. Die Kleidungsweise 
de« rzten und rbten Jahrhunderts läßt nicht unpla 
stisch, besonders für das Relief. — Ueberhaupt sind 
alle Figuren in den neuern zwei Epochen iconisch. 
Zn den alten sind nur Pericles und Alexander nach 
antiken Bildnissen gearbeitet. Von den alten Mei 
stern aber sind keine bekannte Porträte auf uns ge 
kommen. Doch ward nicht vergessen, manches 
Anekdotische an denselben zu bezeichnen, wie z. B. 
an Phidias das Kahlköpfige, und an Dinokrates 
den herkulischen Körperbau und den Aufzug, in wei 
chem er das erstemal vor Alexander erschien. 
Um bas Verstehen der dargestellten Gegenstände 
zu erleichtern, hat Herr Schabow, nach einem Ge 
brauch, den wir öfters in den Monumenten beobach 
tet finden, unter jede Figur den Namen ringegra- 
den. Zn der nämlichen Hinsicht wäre zu wünschen 
gewesen, er hätte auch die vier Momente, aus denen 
jedes Relief besieht, durch schmale Rahmen von ein 
ander geschieden. 
Die Masse, aus der diese plastischen Arbeiten 
bestehen, hat einen dronzeartigen Ueberzug von lich 
tem Gelb, weicher Ton weit besser läßt, als bie 
scbmuzioe, grünangclaufene Bronze. 
Berlin im Oktober 1805. PhilotechnoS. 
M i s c e l l e n. 
drücke, die ein wahrer Gewinn für die Bühne 
sind, werden oft, wie der Gewinn in manchen Lot 
tcrlen, ausgetrommelt, und viele ichlecht- 
Stücke, wie schlechte Pferde, erst durch Klatschen 
in Ganz gebracht. 
Die Kirchengeschichte erzählt nur von einem 
Manne, der den Beinamen des Kinkerpeini- 
qers erhielt; — er h,«ß Gregonus von Rm.ini — 
Die Ge chichte der Pädagogik, leibst der aller,-euesten, 
ist in dirjem Punkte viel reichhaltiger. 
„Unbekannte Größen pflegt man mit X P Z 
zu bezeichne,-." Kästner'« Anfangsgründe ic. Man 
iggi, vieler groß« Mann habe nach Erscheinung der 
Foikietzuag von «7ck,-,-ers Geisterseher, origen Satz 
mit einer bewahrenden Note begleiten wollen. 
Wr. d. töten Nov. 1805.
	        
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