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Volume Nro. 22, Donnerstag, den 31. Januar 1805

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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fthc wie der gerührt« Monarch sich verbepgt, — ich 
k, warte ängstlich das Zeichen zum Anfang der S piele, 
— ach! da ertönt plötzlich ein Glöcklein ln der Ka 
pelle der Madonna della -pietä, — der Mönch 
grinst mich an, und verschwunden ist dir schönste 
Täuschung! 
Lieber will ich den Leser noch in einige gelehrte 
Streitigkeiten verwickeln, als ihn länger diesem ver 
maledeiten Glöcklein zuhören lassen. Ob das Am- 
phithealrum Colosseum seine Benennung von der 
eolossalischen Größe empfieng, oder von einem Co- 
loß, der in seiner Nahe gestanden haben soll, das 
wird wohl jedem so gleichgültig >eyn als mir. Ein 
anderer, in der That belvnderer Umstand hat schon 
seit vielen Zähren di« Köpfe und Federn der Gelehr 
ten abgenutzt. Man erblickt nämlich überall uozäh- 
lige Löcher eingchauen, und weiß nicht, wie man 
sich die Entstehung derselben erklären soll. Mühsam 
eingehauen sind sie gewißlich, aber warum? — Der 
Eine sagt: man habe Balken darin befestigt, um, wie 
es gewöhnlich war, Leinewand zum Schutz vor Sonne 
und Regen daran auszuspannen. Der Augenschein 
widerlegt das. Der Löcher sind zu viele, sie sind zu 
unregelmäßig vertheilt, zu tief angebracht; und 
wozu von aussen, wo doch die meisten gefunden 
werden? überdies gab es ja zu diesem Behufe eigene 
Anstalten in der Höhe des Gebäudes. — Andere 
meynen, die Werkstücke seyen untereinander durch 
Erz verbunden gewesen, und um dieses Metall zu 
rauben, hatten die Barbaren es herausgemeißelt. Ich 
bekenne, daß auch diese Hypothese, obwohl sie fast 
allgemein angenommen wird, mir nicht befriedigend 
scheint. Freilich, hie und da erscheinen die Löcher al 
lerdings an Stellen, wo man sich ein« Verbindung 
der Steine denken muß, aber oft auch an solche», 
wo das nicht möglich ist. Zch führe, zum Beispiel, 
nur rin Paar an, die man in einem Basrelief unter 
dem Triumphbogen des Titus gewahr wird, wo man 
durchaus annehmen müßte, daß dieses, eben nicht 
große Basrelief aus vielen Stücken sey zusammen 
gesetzt gewesen, welches mir nicht glaublich vorkommt. 
Ferner giebt es auch große Stellen am Coliseum» 
wo man keine Löcher, und doch auch kein bindendes 
Metall erblickt. Es steckt inwendig., sagen die Ver 
fechter der Hypothese. Dann sollte man doch ciu«n 
Versuch machen, die Sache ins Klare zu letzen. 
Einer dritten Meinung zuwlge, war das Metall 
in Blei eingelassen, bei dem großen Brande schmolz 
»as Blei und das Metall fiel heraus. Dann bleibt 
aber wieder die Frage unbeantwortet: warum fiel e« 
denn nicht auch an den noch unbeschädigten Stellen 
heraus? — Zch habe meine eigene Meinung, die ich 
vertheidigt, weil ich sie für dit »«türlichste haltt. 
Weder aus Muthwillen, noch aus Habgier entstanden 
diese Löcher, auch war da gar kein Metall zu holen. 
Die Masse von Erz, weiche zmn Anfbaw de» Lol« 
seums nöthig gewesen wäre, müßte so ungeheuer seyn, 
daß die alte» Schriftsteller derselben gelviß erwähnt ha 
ben würden. Aber da so viele Jahrhundert« hindurch 
«in Zeder mit dem Coliseum machen durste, was ihm 
beliebt«, (gleichwie noch vor wenige« Zähren di« 
Franzosen eine Zeitlang ihr Lazareth darin aufschlu 
gen ) so stelle ich mir vor, der Eine habe die«, der 
Andere jenes, der eine ein Häuschen, der andere «in« 
Bude davon geb anet; für die letzter» besonders »mg 
das Gebäude, so lange die Vorhallen noch fest 
und gangbar waren, sehr dienlich gewesen seyn; di« 
Krämer brauchten nur hier und da einen Balken 
oder Wtock zu befestigen, so konnten sie ihre Waaren 
sehr gemächlich da auskramen: Zu diesem Behuf also 
meißelten sie Löcher in dir Steine. — Freilich sind 
aber auch an Trajan'r Säule bi« hoch hinauf 
solche Löcher, und das wirft meine Hypothese grwiL 
sermaßen wieder um. — Doch warum soll ich mir 
den Kopf darüber zerbrechen? mag doch jeder glauben» 
was er Lust hat. 
Seit kurzem hat ein Mann, (ich glaube er heißt 
Carluccio,) die Erlaubniß erhalten, den Grund der 
Colifeums aufgraben zu lassen. Der Anfang ist ge 
macht, ich habe hinabgefthaut, und das Unterirdisch« 
eben so bewundernowürdig gefunden, als das, was 
über der Erde steht. Zntereffantr Entdeckungen lassen 
sich hier noch hoffen. Zch sah unter andern auch 
einen alten ganz braunen Menschenknochen in der 
Grube liegen, vermuthlich der heilige Ucderrest eines 
Märtyrer«. Zch erstaune, daß man den alren 
Knochen nicht mit großen Pomp herausholt, und 
als Reliqui« in irgend einer iKirche Wunder thun 
läßt. — 
Kotzebue. 
(Die Fortsetzung folgt.) 
Die Kunst. 
Rhapsodie. 
Bedeutend drückt der Mensch aus jede Stund« 
Das Sieget seiner Macht— War Gutes er und Schone« 
Dem Mitgefühl erweckt, der Freundschaft weiht; 
Womit er — ftp » auch mir ein schcr,end Spiet, — 
Erheiternd In des Lebens Dunkel tritt, — 
Das Hali ein treuer Sin» in un« gebunden, 
lind ewig wahrt'« ein Gott in unsrer Brust. 
Des trüben Crnst-S hat das »,bm »icl, 
Ost drückend ist die La» »er irdischen Geschäfte, 
Doch sienndiich spricht im sabelreichen Spiel 
Die Knnii »«.« an, das Sinnbild hol, rer Kräfte. 
Sie ist«, die schon nnd janbeireich und mild 
Sich an des Menschen Brust geschlosst», 
Nnd rauschend am der Dichtung Bild 
Der Wahrheit Schimmer aus-egossen. 
Der Genius. 
Alles Liebliche Schone, verliehen die Götter de» Mensche«, 
Ader der Genius nur lehrt es empnnden di« Brust. 
S.
	        
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