i8o$*
Nro. 209.
Der
Sonnabend,
Ernst
Freimüth
oder
i g e
den 19. Oktober.
und Scherz.
Literatur.
Historischer Versuch über die Revolution in Nea
pel. Aus dem Italienischen übersetzt, von B.
M. Zwei Theile. Berlin, bei C. Quien, 1805.
n Nr. 55 und 56 des diesjährigen Frrim. theilte
Hr. von Kotzebue einen Auszug aus dem ersten
Land« dieses im Original äußerst seltenen Werkes
mit. Das Urtheil das zugleich darüber gefällt wird,
ist sehr richtig: man sieht, daß e» ein wüthender
Demokrat schrieb, denn die Znvectiven die er über
all gegen die Königin von Neapel und die Minister
enthält, sind empörend: aber dieser widerlichen Flecken
ungeachtet, ist es sehr merkwürdig und lehrreich.
Man wird es an vielen Stellen mit Schaudern le
sen, aber man wird aus dem Ganzen eine neue Be
stätigung der bei allen unbefangenen Beobachtern
längst ausgemachten Wahrheit finden, daß Frankreich-
Glück und Größe wahrend der letzten Zähre der
Revoluticnskncgee» sich größtentheil» nur auf die
Fehler und Schwäch» seiner Feinde gründete. Man
lese es, und man wird das stumpfe Anstaunen de«
Französischen Kriegsglückes, so lächerlich finden, als
er wirklich ist. R. L.
Die kleine Tyrolerin,
eine Skizze von Kotzebue.
(6<t>l »«.)
^ 9. Die Laub».
alte Tante fand nicht rakhsam, das Schloß
wieder zu verlassen, ehe ihrer schönen Nichte als
Frau von Edrrstein gehuldigt worden. Die Ver
mählung, zu welcher Therese alle Anstalten mit ei
ner Hastigkeit betrieb, als ob es ihre eigne gelte,
wurde bald und feierlich vollzogen. Bei der Trauung
selbst war sie nicht gegenwärtig, sie hatte sehr viel in
der Küche zu thun, auch widerfuhr ihr dort man
ches kleine Aergerniß, denn eine Prunkfchüssrl, von
ihr selbst zubereitet, mußte weggeworfen werden,
weil — sie konnte nicht begreifen, wie noch
warum, — einige Thränen hinein gefallen waren.
Ach! diese Thränen weissagten ihr trübe Stun
den. Kunigunde harte nur zu bald bemerkt, daß
ihr Gemahl mit Wohlgefallen an Theresen hing;
baß er seine Blicke oft weit länger und freundlicher
al« nöthig war, auf das hübsche Mädchen heftete.
Genug, um ihr entschiedenen Widerwillen gegen da»
hübsche Mädchen einzuflößen. Gelegenheit, ihr die
sen empfinden zu lassen, gab e« täglich; doch war
sie klug genug, es nie in Ferdinands Gegenwart zu
thun, und die fromme Therese hätte um alle Welt
sich keine Klage entschlüpfen lassen. Aber daß sie
heimlich litt war ihr wohl anzumerken, denn die
Rosen auf ihren Wangen verblaßten.
Seit einigen Monaten nährte Frau v. Eberstein
mit großem Geräusch dir Hoffnung, Mutter zu wer
den, uns stolz auf diese« neue Vorrecht, wurden ihre
Launen bisweilen unerträglich. Von ihrem Gemahl
an bis zum Oftnheitzer herab, quälte sie die Haus
genolsen; doch Ferdinand, den der Gedanke an seine