Path:
Volume Nro. 206, Dienstag den 15. Oktober

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

Thier - Arabeske auszuarten, noch einiges Lehrreiche 
beigebracht werden können. Das interessanteste Mo 
nument ist auf der sechsten Tassl der Cycioxen: Ver 
such, den abfahrenden Ulysses mit einem Slcinwurf 
zu zerschmettern. ES ist die in einer eignen Schrift 
von Anton Georg« zu Florenz 175z erläuterte 
Abbildung, nach einem zu Vollern» gefundenen 
Sarkophag. Das merkwürdigste ist die doppelt geflü 
gelte Figur, die mit dem gezuckten Schwcrdt neben 
dem Cyklopen steht. Heyne erblickt darin die Dea 
Fata oder Etruskische Nemesis, und alierdings kom 
men in Gori und anderen Sammlungen Etrurifcher 
Sarkophage, dergleichen Figuren oft vor, die Bo- 
narota zu Dempsters Etruria regalis T. II. 
p. 48 für solche Schicksalsgöttinnen erklärt, und 
Etrurisch - Griechisch ist die ganze Vorstellung. Indeß 
bleibt hier doch noch manches rathselhast. Vor allen 
Dingen dürfte nur erst durch genauere Vergleichung 
mit dem Denkmaal selbst zu bestimmen seyn, ob cs 
eine männliche oder weibliche Figur sey. Georgi, 
der doch das Denkmaal vor Augen hatte, hielt es 
für eine Minerva, die den Ulysses schützt. Zn 
Tischbeins Abbildungen gleicht es weit mehr einer 
männlichen Figur. Wer mag sich auf so schwanken 
dem Boden mit Erklärungen befassen? 
Möchte man doch bald eine Fortsetzung und, 
wäre es möglich, in gedrängterer Zusammenstellung, 
mit weniger Luxus in der Außenseite, und mit voll 
wichtigerer Mannigfaltigkeit der Gegenstände erhalten! 
Unleugbar groß ist das Verdienst dieses Bilderho- 
mers zur Weckung und Bildung der jüngern Kunst 
welt, und kein Unpartheiischer wird dem würdigen 
Erklärer widersprechen, wenn er am Ende sagt: „diese 
„Vorstellungen haben beigetragen, den Geschmack vom 
„Kleinlichniedlichen abzuziehen und Künstler auf die 
„Zeichnung großer, schöner Formen, auf Ideale der 
„Heldenfabel zurückzuführen. Die Kunst fängt an, 
„ihre wahre Bestimmung zu ahnen, wenn sie ihrer 
„Verwandtschaft mit der epischen Poesie und dem 
„höhern Drama eingedenk seyn will!" So arbeitete 
der ehrliche Tischbein auch ohne alle weitere Verab 
redung den Weimarischen Kunstfreunden bei ihrer 
Preißaufgabe von isioz in die Hände. Gewiß, es 
giebt nur Eine Kunst und Eine Wahrheit! 
Döttiger. 
Anzeige. 
Ä80 immer ein schicklicher Raum sich findet, sollte 
dem Genius des Vaterlandes ein Altar errichtet 
werden. Der Freimüthige wenigstens wird diese 
wichtige Pflicht erfüllen so weit sein Vermögen geht. 
Um das Seinige zur Erweckung höhern Gemeingei- 
steü, lebendigerer Vaterlandsliebe beizutragen, wird 
er künftig auch politische Aufsähe, Einsichten, Erör 
terungen u. s. w. aufnehmen. Angelegentlich ladet 
er zur Einsendung solcher Arbeiten ein. Nur eigent 
liche politische Tages - Neuigkeiten — denn diese 
sind Eigenthum der Zeitungen; — Invectiocn aller 
Art, gegen wen sie auch gerichtet seyn mögen, — 
denn die gehören dem Pöbel; — eben so bestimmt 
aber auch alle hochfliegende Räsonnement« aus 
Principien der Naturphilosophie u. s. w. wird er 
zurü ck weisen. Droben auf der Gletscher- Spitze der 
Abstraktion, im Schneegestöber schulgelehrter Floskeln 
erstirbt die heilbringende Pflanze Patriotismus; nur 
in der Region des warmen, ehrliebenden Herzens, nur 
im hellen Sonnenlicht des gesunden, unverschrvbencn 
Verstandes gedeiht sie. — Vorzüglich jetzt, in dem Au 
genblick da Preußens an Tapferkeit und Kriegszucht un 
übertroffnes Heer auszieht für die gerechteste Sache, 
die jemals vertheidigt ward, ist Indifferentismus Ver 
brechen, bekennt Neutralität der politischen Gesin 
nung , Nullität des mcralsschen Werthes. 
Heil dem Könige! In Sicherheit, geehrt und 
gefürchtet blühe das Vaterland! 
Der Red. 
Nicht-politische 
Amsterdam, im Oktober >80;. 
Der große Jahrmarkt zu Amsterdam. 
tJn der letzten Septemberwoche und im Oktober.) 
ei der ersten Entstehung der KermIS (K«ik-»is) die — 
wie die Deutschen Messen — vo» der ersten feierlichen Messe 
bei Gelegenheit einer Ktr»weihe, ihren Namen entlehnt, dauerte 
die Amstccdamm.r J-hrniacklS-Feierlichkeit nur acht Tage (een 
Okt:, ,f, wie es damals hiess) nachher vierzehn Tage und end 
lich drei »one Wochen, In vorigen Zeiten, vom Jahr 1 
an, eröffne?» man das Kerm-ssest, durch dir frier,«? Er 
richtung eines hölzernen r ° t l, e» K r e u, - s c zum Zeichen ei- 
Zeitung. Nro. 206. 
nc§ religiösen Ursprungs; heut zu Tage «der geschieht tiefe Er 
öffnung durch die Errichtung der ?oikkrijer Kraamen, durch 
die allerseltsamsten, mündlichen und gedruckten Congratula- 
ti on en (vulgo Betteleien) der gemeineren Klassen, und durch 
die Pörse-Stürmereten der Kinder. Dies letztere müssen 
Sie nicht nur in dem gewöhnlichen und natürlichen Sinne 
nehmen, daß Kinder ihre Ettern umdränge», und ihre Börsen 
bestürmen, um Leu Jahrmarkts-Tribut zu erhalten: sondern 
ich bezeichne hiermit den tumuttarischen Zusammenlaus aller 
Kinder aus der großen Börse, alS wenn e« zu einem allgemei 
nen Landstürme ginge. Karavanenweise ziehen am ersten Tage 
der Kermis ganze Ptiokon» von schmutzigen Jungen, mit Trom 
meln, Pfeiffe» nnd Pauken aus die Börse, welche ihnen in »er
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.