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Volume Nro. 204, Sonnabend den 12. Oktober

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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Nicht.politische 
Schillers letzter Wille. 
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rvJn dm Stanzen, welche nach der dramatischen Vorstellung 
ran Schillers Glocke als Evilog von Mad. Becker in Lauch- 
ft.ict bei Schillers Todkenfeier .-tivrochcn Ivnrden, und die NU» 
km Tübingifchen Taschenbuch für Damen igc6 al» 
rin eigenes Weihgcfchenk voran abgedruckt Kehrn, schließt Göthe 
am Ende, wie folgt: 
Er hatte früh daS Krenge Wort gelesen. 
Dem Leiden war er, war dem Tod vertrant. 
So schied er neu, wie er so oft gewesen: 
Neu schreckt uns das, wovor uns langst gegraut. 
L och letzt enivstndek fei» verklärtes Wesen 
Nur «Ine» Wunsch, wenn es herüber schaut. 
O möge roch den heiligen, letzten Willen 
Dar Vaterland vernehmen und erfüllen! 
lind dieser Wille wäre? so fragten mit einem Munde fast alle 
im Kreise, wo dies Gedicht, als die neueste, klingeadste 
Stimme des Tages gehört worden war. Daß die Antwort 
dach nicht so leicht sc», als mancher glauben mag, bewiesen 
»,e gehr verschiedenartigen und sich fast ganz widrrsvrechenden 
urtheile, die ictzt der Reihe nach verlauteten. Die freundliche 
Wirthin, eine verständige, gute Hausfrau und Müller, die 
ei en ihren iüngsten Sohn aus dem Schooß hatte, glaubte, der 
letzte Wille des edel» Dichter« an feine Deutschen Landsleute, 
betreffe' seine Familie. Sie hatte eben vo» der engherzigen 
Denkart gewisser Theater-Direktionen sprechen hören, die unter 
dem Vorwand : sonst etwa trete man dem Zartgefühl der Hinter 
lassenen »u nabe, die volle Einnahme bei der Todtenfeier in ihren 
Seckei gesteckt hatten. Ein anderer aus dem Kreise fvrach von 
der Ausgabe feiner dramatischen W.rke, die der Dichter, als 
sein letzte» Vermachtuiß, steißig gekauft wünsche. Die andern 
Meinungen wist ich lieber gar nicht anführen. da ste nur zu 
sehr am Körperlichen und Sinnlichen klebte». Rur eine fein'füh 
lende und mit den Werken des Dichter vertraute Frau traf de» 
Punkt. Sic reeitirre aus Schillers Gedichte eine Stelle, die 
allem Zweifel ein Ende machte, und die gewiß Göthen im Sion 
war, als er diese» letzten Willen seines Freundes andeutet«. 
Schreiber dieses hat nichk'die Erlaubniß, dies Eitat anzuführen, 
hofft aber, daß cs die Leser des Freimüthigen sogleich selbst nn- 
den werden. Sollte dem schwachen Gedächtniß einiger andern 
Leser eine Nachhülfe nölhig seyn: so wird ja die Stelle leicht 
angezeigt oder abgedruckt werden können. — 
Weil einmal von Schillers letztem Willen die Rede Ist, so 
veerdient wohl auch in Beiiehung auf eine neuliche Aeußerung 
in der Minerva folgende Stelle ans einer Nachricht au? Wei 
mar im Journal des Lurus und der Moden (Scpt. 
®. 6rr> hier angefngt ju werden. „Der verewigte Schiller 
wurde still und ohne äußeres Gepränge von iungrn Geiehrien 
lind Künstlern zur Erde bestattet, weil diese« still letzter aus 
drücklicher Will« war, ja es wurde uns selbst zur heilige» 
Pstichl, da seine würdige Gattin, vom grenzenlosen Schmer, 
tief gebeugt, durch jede Vorbereitung zu einem prunkenden Lei 
chenbegängnisse unncnbar gelitten haben wurde." — j. 
Aus Amsterdam, vcni zten Oktober. 
»Dit Holländische Bühne spielt, wahrend deS Jahrmarktes, 
täglich, und dennoch mit ungemeinem Zulauf, da di« Zahl der 
fremden Städter und Landleute sehr groß ist, und die Theaker- 
Li.rhabcrei »>ch.l minder. Die Bühne hat sich auch an dir 
Over „1 odoilka- gewagt, und »och ziemliches Glück da 
mit gemacht. Jetzt ist tret vromvtje van den Donau, 
d. h. Hensler » Do n a u w cI d ch en an der Tagesordnung. 
Der Dichter Arend Fokke ist der Nedersttzer, und an Deco« 
rationen ist nichts gespart worden, um der Oper einige» Wert 
für den Holländer zu gebe», da Dccorakionen und Costume die 
besten Mittel sind, ihn für de» nicht befriedigende» Gesang zu 
Zeitung. N r o. 204. 
entschädigen. Der Dichter KInker hak Ravnsurds Dem« 
velherre übersetzt, und Wiesen GeySbeek, ein uner- 
müdeirr Schriststeller und guter Dichter, durch vortreffliche 
Uebersttzungen au» dem Deutschen und Französischen rühmlichst 
bekannt. ist gegenwärtig auch mit einem Original - Trauersoiel 
beschäftigt. Phper« starb, ehr er sein National-Trauersoiel 
endigen konnte. 
Das Französische Theater Ist gegenwärtig aus einem sehr 
guten Fuß, und die Schausvieiec befriedigen beinahe durchgän 
gig. Madame Eazal gefallt seit einiger Zeit mehr, und ihr 
Gesang entschädigt für ihre »lindere dramatische Talente. Cam- 
xcnhaur und Gadrtei fecund,ren sich jtdtrzeir »ortrcffiich, 
und zeichneten sich beide in dem artigen Stücke „Maito» 
ä vc 11 die“ (mit Musik von Daiayrac) vorzüglich aus. 
Auch im Mednin Tute gefiel Eamvcnbaut als Forlis aus 
nehmend. Lagardere und T l> i d a u r ,vielen in ihren Fächern 
rechi aut, und den, erst.rn gelingt vorzüglich der ironische und 
saivrifche Ton gut. Gadbled und Abel zeichnen sich als 
Komiker aus; der erstere singt sehr gut, hat aber wirklich zu- 
wciicn eine beiänbcnde donnernde Summe. Madenie Viicn- 
tini soieii die Malronen sehr gut, ist aber nicht für die Over 
passend. In dieser Hinsicht herrscht ein stchlbarer Mangel: 
das jugendliche Fach ist besser beseel. 
Gegenwärtig ist Mademe Duchatel hier, und debutirte 
zum erstenmal in „les pretendus,“ als Julie. 
Aus Hannover, vom 29sten September. 
-^ie Muse des hiesigen Theaters lraucrk. Die Französische 
Schaufrieicr-Gefeüfchafk ist feil aü>k Tagen auseinander gegan 
gen. Madame Hautregard, Kuntz, Garnier unb mehrere sind 
fort, ich weiß nichc wohin; wenige einzelne davon sind noch 
hier. Einige Acceurs sind unter das Militär getreten. — 
Das Ganze ist also für immer geirennt. Ihr zuletzt völlig aner 
kannter Werlh macht, daß wir sie sehr vermissen. 
dzuch die Deutsche Gesellschaft des Hrn. Reineke, die nach 
Brenicn zurück geht, svicite Icute zum i-tz'-n Mai, und zwar 
den Geizigen. Nachdem man sich mit ihnen aiimähiig besrcun- 
der halte, so schmerzt auch ihr Verlust. Wenn die Schansoie- 
ler auch nicht für größere Stücke — ste haben Teil leider zwei 
Mal gegeben. — »aßien: so ge sielen sie doch im Lustsoiel und 
kieineien Overctien. Sv Helen der Eorsar aus Liebe, die bei 
den Gefangenen :c. und tat letzten Stücke euch Madame Geiß 
ler als Claire, Beifall verdient und erhalten. Valeie! 
Am sgsten gaben rwe, Demoiselleö Pirsch, deren Vater sich 
für den Tanzmeistcr Ihrer Maiestat der Königin von Preußen 
ausgiebk, ein sogenanntes Tanz Concert. Ungeachtet beide, 
ganz artige Kinder von IZ — i; Jahren, wovon die jüngste 
besonders rasch und brav tanzt, sich viel Mühe gaben: so hatte 
da» kleine Publikum doch Langeweile. Zwei Siunden hin 
durch nichts als Tanzen sehen, ist auch »ich! amüsant, beson 
ders wcnn die Musik so schlecht ist, wie diese. Mir grsielcn 
die beiden Saoooardcn, und die Perigourdine. Die kleinen 
Tänzerinnen verweilen hier noch. 
In Celle srielt jc»t die Deutsche Schausvieler-Gesellschaft 
au« Alrona. I. S« 
Au« Rom. 
Ä^aler Kock erhielt von Aierander vo» öumboid den Auftrag, die 
Zeichnungen zu seinem Wrike, welches er hcraukgicbt, zu ver 
fertigen , «. B. die Ansici ie» vo» Peru, von den Eordillere». 
vom Cd-mborass», von Altmerieanifcher Architecinr. Er hat 
ihn unter dem Hern von Landschgfrmalerii und Zeichnern, d e 
hier leben und weben, ausgesucht, well er vo» ihm erwartet, 
daß er mtt dem meisten Geiste die Wahrheit der von ihm, dem 
Reifende», an Ort und Stelle aufgenommenen Zeichnungen 
vortragen werde. K.
	        
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