1805-
Nro. 193.
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Freitag,
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Freimüthige
1 oder ■■ den 27. September,
und Scher
z.
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Sal. Geßners Gouschegemäide und Lavis-
zeichnungen, radirt durch Kolbe.
^9?sn las «er einiger Zeit, daß das bekannte Denk-
maal auf Salomo Geßner, das ihm Dankbarkeit und
Liebe, am Zusammenfluß der Sihl und Limmat auf
einem öffentlichen Spaziergang in Zürich einst wei-
hete, und dar selbst in jenen stürmischen Tagen, wo
die Süden und Norden auf diesem Platze mordend
sich begegneten, unangetastet und unversehrt blieb,
Lurch Muchwillen zerstört worden sey. Die Sacke
ist indeß bei weitem nicht so schlimm, als sie die alle«
vergrößernde Pcsaunengöttin gemacht hat. Sichern
Nachrichten zu Folg« bestand die ganze Verletzung
bloß in der Beschädigung eines Arms an der Figur
eines Reliefs, deren bekanntlich vier an den vier Sei
ten des Fußgestells angebracht worden sind. Und
dieser Arm ist wahrscheinlich i» diesem Augenblick
auch schon wieder restaurirt. Immer bleibt es frei
lich ein neuer Beleg, daß wir des Barbarismus ge
gen öffentliche Denkmäler trotz ollen Preisfragen und
Polizeivocschlägtn darüber, noch immer nicht quitt
und ledig werben können. Aber humane und zweck
mäßige Erziehung wird auch hier noch viele« bessern
und sichern können. Glücklich ist indeß der große
Name, dessen Fortdauer nicht von Stein und Metall
abhängt, der in unsterblichen Werken seines Geistes
und Erzeugnissen seiner Kunst fortlebt. Dies ist
ganz besonder» auch bei Salomo Geßner der Fall,
Seine Idyllenwelt in Wort und Figur trotzt jedem
Wechsel der neidischen IahrSzeiten und jedem Tadel
der mäkelnden Kunstrichter. Es ist schon zur Gnüze
ou» frühern öffentlichen Anzeigen bekannt, daß die
durch Privattugenden und Kunstljebe achtungswür
dige Geßnersche Familie in Zürich den Entschluß
faßte, die erlesene Gallerir von Gouachegemäiden, in
welchen Salomo Geßner seine lieblichsten Ideen ro
mantischer Landschastsmalerri niederlegte, verbunden
mit einigen Laviszeichnungea von eben diesem Meister,
im Besitz einiger erhabenen Kennerinnen, durch den
möglichst getreuen Stich hestweise bekannt zu machen.
Pie Familie war so glücklich, hierzu die belebende
Radirnadel eine« sehr denkenden Künstlers, des Ku
pferstechers Kolbe in Dessau, in sofern in Beschlag
zu nehmen, als dieser schon durch eine Reihe geistrei
cher eigner Erfindungen und kräftiger Stiche bekannte
Mann, vom Fürsten von Dessau, der alles Gute gern
befördert und unterstützt, die Erlaubniß erhielte, auf
einige Zeit selbst nach Zürich zu reisen und dort im
Schooß der Familie, Angesicht« der Natur, die einst
Geßnern selbst begeisterte, diese Stiche zu vollenden.
Das erste Heft dieser Sammlung ist so eben erschie
nen und in den vorzüglichsten Kunst- undBuchhand-
lungen Deutschlands zu haben. Es enthält so wie
alle folgenden 6 Lieferungen, vier Blätter, und spricht
jedes zartenipfindende Gemüth durch die Anmuth und
Bedeutsamkeit der idyllischen Lomposition, jeden Lieb
haber der Kunst aber durch «ine brave und fast durch
aus gelungene Ausführung im Stich, gar freundlich
und einnehmend an. Und doch hatte Kolbe hier eine