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Volume Nro. 185, Montag den 16. September

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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hielt. Weit stärker ging schon der Recensent im 7?flen 
Bande der Neuen AUgem. Deutschen Biblio 
thek mit der Sprach« heraus. Allein die Sache 
verdiente in eignen Cchußschristen erwogen und ver 
theidigt zu werden. Auch an diesen ließ mans nicht 
fehlen. Zuerst trat der Dänische Professor der Be 
redsamkeit und alten Literatur Olaus Worinius, 
mit einer Dertheibigungsschrift auf, die mit dem Ti 
tel: iVl. Tullü Ciceroni* oni Lion ein pro M, Mar 
cel Io fSiitf «uspicione, quam nuper iuiiciebat 
F. A. Wolfius liberare conatus est, Ül. VVor- 
mius zu Copenhagen igoz erschien. Dem Mann 
fehlt es weder an Scharfsinn noch Deiedsamkeit, den 
Auwald der armen Beklagten zu machen. Nur ist 
die Vertheidigung weder erschöpfend noch überzeugend 
genug. Dann schrieb derConreclorKalau in Frank 
furt im Jahr 1804 ein Programm dagegen, welches 
freilich schon um des engen Raums willen einen sol 
chen Gegenstand weder umfassen noch durchprüfen 
konnte. Seit voriger Woche, ist nun aber eine förm 
liche und ausführliche Rechtfertigung der auf Tod 
und Leben angeklagten Rede von einem Manne er 
schienen, dem innerer und äußerer Beruf zu dieser 
Rolle eines Sachwalters schwerlich abgestritten wer 
den kann. Hr. Weis kr, vormals Conrector an der 
blühenden Fürstenschule Pforte, jetzt seiner Gesund 
heit wegen in Meissen privatisirend, und durch seine 
nun vollendete Ausgabe des Lenophon sowohl, als 
durch dir Bearbeitung mehrerer Schriften des Cicero 
in der philologischen Welk mit gebührender Achtung 
genannt, unternahm er, Wolfs Angriffe Schritt vor 
Schritt zu verfolgen, und dieser Vertheidigung zu 
gleich «inen vollständigen Commenrar über die aller 
Schuld entbundene Rede einzuweben. Der Titel 
dieses Buchs heißt: Commentarius perpetuus et 
plenus in orationem Ciceroni« pro M.Marcello, 
auctore Benj. Weiske, Leipzig, Sommer. istoZ, 
272 S. in gr. 8- Mit einem Aufgebot von Bele 
senheit und Scharfsinn, einer Gegners, der es mit 
Wolf aufzunehmen Lust hat, ganz würdig, und 
in einer Sprache, die man im Ganzen Römisch 
zu nennen kaum Bedenken tragen wird, beantwortet, 
widerlegt, bestreitet Weiske jede Behauptung de« An 
kläger«, ob durchaus mir Erfolg, ist hier der Platz 
nicht, auszuführen. Um den Zuschauer von dem Un 
recht, das Cicero hier erlitt, noch deutlicher zu über 
zeugen, hat Weiske gleich in der Vorrede den Ein 
fang der Wölfischen Anklageschrift kritisch beleuchtet 
und dargeihan, daß diesen Wolf nimmermehr geschrie 
ben haben könne, weil er alle Mrrkmaale eines 
Pseudo Wolfiu» an sich trage. Mil mehr Grarltät 
und scheinbarem Ernste wird dies lose Spiel in einem 
Anhange zum Commenkar fortgesetzt, wo Weiske die 
Ciceronische Rede pro Ligario, die Wolf mehrmals 
als eine unbestreitbare Richtschnur echter Ciceronischer 
Beredsamkeit belobt und aufgeführt hatte, als unten 
geschoben, gleich aus der ersten Periode des Eingangs 
jener Rede, mit großem 'Aufwand von Witz und 
Scharfsinn vorzustellen sucht. 
Wolf kann und darf zu dieser Vertheidigung, 
die zugleich die schärfste Anklage seiner Kritik und 
der ganzen Manier, sie vorzutragen enthält, nicht 
stillschweigen. Der Gegner, den er hier gesunden hat, 
ist wenigstens einer Antwort werth. gehört keiner 
Schule, als seiner eigenen, an, und beträgt sich über 
all, wo er im Ernste spricht, mit anständiger Beschei 
denheit und humaner Frein,üthigkeit, die nicht heu 
chelt, aber auch nicht beißt. Das ganze philologische 
Publikum ist voll Erwartung, wie der gelehrte Vete 
ran den ihm hingeworfenen Fehde-Handschuh aufneh 
men werde, und da er selbst das sogenannte Vornehm 
thun in dieser Art von Untersuchungen so laut misbik- 
ligte, jö ist cs um so weniger zu vermuthen» baß 
er in diesen Ton verfallen werde, wo es der Sache, 
rlicht der Person gilt. Es muß so zu einigen allge 
mein gültigen Resultaten kommen, ohne welche die 
schon sehr verschrieene Kritik der verrufnen wäct,fernen 
langen Nase gleichen würde, auf welche alle hundert 
Haugischen Epigramme paßten. Freilich beruht 
hierbei vieles auf Gefühl», die sich nicht immer in 
Regeln und Buchstaben binden lassen. Aber immer 
laßt sich wenigstens angeben, auf welchen Wegen die 
ser feine Tact erworben wurde Er laßt sich durch 
Beispiele und Induktionen rechtfertigen. Wie lehr 
reich würde dies alle» ausfallen, wenn sich ein Wolf 
dieß alles zu entwickeln einschließen könnte. Mag 
immer das alte in Phryge periculum gelten. Das 
Periculum selbst wäre und bliebe unschätzbar. 
Bemerkungen auf einer Reise durch Utrecht 
und Geldern, im May und Iuny 1805. 
Dritter Brief. 
Den Uten Man 1805. 
(*V 
^)ch habe Sie neulich, lieber Freund, ziemlich lange 
über sogenannte Reliquien und über den Wunder- 
Stier oder eigentlich da« Stierwunder unterhalten, 
und gehe jetzt zu wesentlicheren Dingen über, die ich 
zum Theil noch gestern und zum Theil heute besich 
tigt habe. Sie wünschten vorzüglich von derUtrecht- 
schrn Universität etwa» näheres zu hören, und ich 
kann auch ein'germaaßen Ihre Wünsche befriedigen, 
ohne Sie deswegen zu großen Erwartungen berech 
tigen zu wollen. Denn daß diese Universität gegen
	        
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