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Volume Nro. 181, Dienstag den 10. September

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

daß es zugleich die Furchtbarkeit für den Menschen 
sey, das Leiden selbst, objectiv vorgestellt, wo dem 
beurtheilenden Subject nichts übrig bliebe, als die 
Anwendung davon auf feinen moralischen Zustand zu 
machen und aus dem Fruchtbaren das Erhabene zu 
erzeugen. Longin in seinem bekannten Werke über 
das Erhabene, hat, wir schon Herder und Eberhard 
urtheilen, nicht sowohl vom Erhabenen überhaupt, 
als vielmehr von dem hohen Stil, im Gegensatz des 
ganz einfachen und gemäßigten, mit einem Wort, 
von der Hoheit der Rede, gehandelt. 
Clo di us in feiner Poetik nennt erhaben, 
wenn der Gegenstand durch seine Entfernung vom 
niedern Gesichtskreise (vielmehr sollte es heißen: Er 
hebung) die Vernunftidecn des höchsten unbe 
dingten Seyns, des ersten Gliedes in der Reihe 
der Dinge, der göttlichen Freiheit, der reinen 
Vollkommenheit — anschaulich macht. Dann un 
terscheidet er die Grade des höhcrn Schönen: 
„groß ist die Vorstellung des Weltmeers (er hatte 
hinzusetzen sollen, in seiner Ruhe, wo es, wie Her 
der sagt, die Seele weitet, da es hingegen in sei 
ner Bewegung die Seele erhebt) stark ein Felsen, 
der der andrängenden Fluth entgegen tritt; heftig, 
ein Sturm, der in dem Fichtenwalde wühlt, erha 
ben die Pyramide, der Sonnenobrlisk, der aus der 
Nilüberschwemmung hervortritt. 
Die kritische Philosophie bezeichnet das als das 
Erhabene, mit welchem in Vergleichung alle« an 
dere klein ist. Herder berichtigt dies dahin, daß wir 
nicht alle Gegenstände und Maaßstäbe vom Begriff 
des Erhabenen entfernen dürfen, weil wir außerdem 
uns selbst den Boden rauben würden, von dessen 
Standpunkt aus uns etwas hoch oder niedrig, klein 
oder groß erscheint. •— Fast möchte man annehmen, 
daß man das Erhabene überhaupt nicht definiren 
oder auf Begriffe zurückführen sollte, eben weil e« 
über die Begriffe hinausgeht und nur mit dem Ge 
fühle Maaß an dasselbe gelegt werden kann. — Bei 
spiele des Erhabenen will 'ich Ihnen weiter unten, 
aus Dichtern, die Ihnen bekannt sind, auszeichnen; 
jetzt aber einige Ideen über die Geschichte de« 
Erhabenen, die einer unserer tiefsinnigsten Den 
ker in einem größeren Entwurf ausführlicher andeu 
tet, hier kurz zusammen zu drängen suchen. 
Im Feite« - Ansang war in der Natur 
Nur Höh' uud Tiefe. Du erscholl 
Der Schöpfung Stimme! — niederstieg das Hohe, 
Die Tiest empor — und ei ward Ordnung. 
Nock, stunden Fluten aufgethürmt! Erhabner Anblick! — 
Die Fluten senkten st» die Wolken schwanden, 
AUmälig schwieg der Erde Grimmen, und 
Bewohnbar ward di« Wett. 
Nun tobte», krlcgentstammt, der Völker Stämme: 
Der Freiheit Unterdrücker, Räuber, Mörder» 
AIs Götzen stunden ste auf den Altären; — 
Ta kam die Zeit des Furchtbaren-Crhabnen. 
Bald stegre die Vernunft, das Recht begann. 
In Trümmer sanken die Altäre der Tyrannen, 
Uud aus dem Rohen ward — das Sittlich-Schöne. 
— Jetzt schwang die Kunst, die Wissenschaft stch «us, 
Bis zu der Gottheit Tiefen forschend stieg der Geist, 
Und inS Gewand crhab'ner Dunkelheit 
Verhüllten stch die Denker und die Künstler. — 
Bewundernd stand da» Volk bei ihren Werken. 
Run kam das Licht. Der Nebel der Betäubung 
Zerrann! Das Angenehme ward, das Wahre, 
Das Nützliche gesucht. Und was mit Staunen einst 
Der Geist ergriff, das faßt' er denkend jetzt, 
Und cS entstand das Schön>Erhabe»e. 
Mit Ernst betrachte dieses Bild der Menschheit! 
Drin eig'ncs enget Leben spiegelt stch darin. 
AlS klein und schwach die Erde dich empfing, 
Da lag's unendlich groß, erhaben »vr dir da, 
Und unerfahren stauntest du dem umfang. 
Den hohen Himmel wolltest du erfliegen, 
Dich rauchen in den Brunn der Morgenröthe, 
Und schiffen in der Wolken schnellem Flug. 
In den, Erhab'nen wohnt die Dichtung aller Völker; 
Und alle Götter, Geister und Dämonen, 
Die hohe Veste, der Olympus schloff ste ein. — 
Draus, als der Himmelsgenlus uns nahte, 
Milchstraßen uns und Eonnenheere zeigte, 
Als uns der kühne Menschengeift das Buch 
Der Himmel aufgerollt; da schwand das dumpfe Staune« 
Der Kindheit, doch ein größeres Erstaunen 
Nahm seinen Platz, und hält ihn fest und ewig. 
Der inu're Geist, nicht unser Auge, will 
Umfassen jetzt das Weltall, und nachdenken 
Dem Weltenordner, göttliche Gedanken! — 
— Nun ahnten wir die Regel ew'ger Ordnung, 
Und der, der diese Regel wirklich macht, 
Der allcrfüttend, ewig schaffend lebt, 
Was ist erhad'aer, schöner, als er selbst? 
— Als ich zuerst das Meer in seiner Ruhe sah, 
Endloses über mir und unter mlr, da sank 
Mein Blick verloren in die ungewisse Tiefe. 
Und als der Sturm erwachte, dumpf der Abgrund bebt«, 
AlS Winde heulten, und die Wolke» borsten, 
I» diesem Aufruhr der Natur erblickt' ich 
— » welch' Erhabnes einer höher« Ordnung! — 
Gewogen alles, und gemessen nach Gestalt, 
Und Zeit, und Ort, gleichstimmig die Bewegung 
Des Brett», auf dem ich wankt-, mit dem Element. 
— — Einst staunten wir das Dunkel au! wir bildeten 
Uns Hirngesvinnste, und ein reiches Heer 
Erhab'ner Nichtigkeiten! — Die Vernunft erschien, 
Es schwand »er Schatten wesenlose« Bild, 
Und he« und leicht ward »er Idee» Flug! 
Schreiber. 
(Der Schluß folgt.) 
KOOOO«X>OO>0O(XXX>(>Oi 
Nicht-politische Zeitung. Nro. ist 
Aus Wien, am 2Zsten August, 1805. 
in er »er neuangagirten Französtschen Fechter Hr. Gougibus 
hat das Publikum mit einer ernsthaften Pantomime: das Mäd 
chen als Husar, beschenkt. Der Erfolg war der unglücklichste 
den Sie stch nur vorstellen können. Die unbedeutend« Hand 
lung, die ganz unpassende Mustk, besonders aber das ausfallend 
übertriebene Pantomimensvicl des Herrn Gougibus erweckte bei 
dem Publikum einen ununterbrochenen Reiz zum Lachen, de« 
es dann auch zu unterdrücken nicht nöthig fand. Hr. Eougo-
	        
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