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Volume Nro. 175, Montag den 2. September

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

— iga 
anders hervortritt, als im Original-Werk, wo oft 
manches in der Herder» eigenthümlichen bildervollen 
Sprache zu sehr verschleiert liegt! Aber vor allem 
belehrend und süß erheiternd ist der dritte Abschnitt, 
über die Künste der Griechen. Gerade in 
dieser zweckmäßigen Zusamnienfaffung der in> Prisma 
der Herdcrschen Schriften oft so sehr gespaltenen 
Stralen auf einem Brennpunkte, erwärmt und zün 
det erst diese Sonne, im unbewölkten Aether lä 
chelnd! Wir wären e« nicht werth, einen Herder be 
sessen zu haben, wenn wir eine Gabe, so dargeboten, 
schnöde verschmähen wollten. — r» 
Deutsche Sprache. 
>LVir haben für die Erweiterung der Deutschen 
Sprach- und Wbrterkunde im kurzem mehrere neue 
Hülfsmittel zu erwarten, welchen der Deutsche, der 
die Fundgruben und Schachten seiner unermeßlich 
reichen Muttersprache noch weit fleißiger angebaut 
zu sehen wünscht, als es bisher geschah, mit großem 
Verlangen entgegen sehn muß. Die si> oft, nicht im- 
w mit schonendem Glimpf, wiederholte Klage, daß 
Adelungs Wörterbuch auch in der zweiten Ausgabe 
viel zu beschränkt, unvollständig und einseitig sey, hat 
den unrrmüdeten und auch in seinem hohen Alter 
rastlos arbeitenden Verfasser jenes Werkes bewogen, 
den schon längst ang«ründigten Supplement- 
Ban d zu seinem großen Wörterbuche möglichst schnell 
zu vollenden, und wir dürfen uns diesen Band viel 
deicht schon zur Ostermeffe 1806 versprechen. Immer 
wird der Vorwurf, daßIAdelung die reiche Sassische 
»der so genannte platte Sprache viel zu wenig benutzt 
habe, und selbst in dem Gebrauch der ältesten Sprach- 
quellen nicht gewissenhaft genug gewesen sey, des ent 
schiedenen Dorurtheils gegen unsere besten neuern 
Classiker nicht zu gedenken, auch durch den reichsten 
Supplement-Band nicht ganz beseitigt, werden kön 
nen. Aber dem 74jährigen, ein halbes Jahrhundert 
mit unsrer Sprache so mancherlei Versuche machendem 
Greise stehn Hülfsmittel und Kenntnisse zu Diensten, 
die nur der Fleiß von einer so langen Reihe von 
Jahren erwerben konnte, und die für dos, was wirk 
lich geleistet wurde, dankbarere Nachwelt wird seine 
Verdienste mit gerechterer Wage messen, als die schnell 
aburtheilende, nur die Kehrseite aufweisende Mitwelt. 
Zu Ostern haben wir aber auch den ersten Theil des 
allgemeinen Deutschen Wörterbuchs von Campe in 
Draunschweig zu erwarten, das um Zo.orx) Wörter 
(rechtmäßige, wirklich schon eingebürgerte Insassen) 
mehr enthalten wird, als in dem großenAdelungschen 
Werke zu finden sind. Da es keine gelehrten Wort 
forschungen und Etymolozicen enthalten, auch sich 
vieler Abkürzungszeichen zur Bestimmung der man 
cherlei Stufen des Adels, des Alters und des Ge 
brauchs der Wörter mit möglichster Ersparniß des 
Raums bed jenen soll, so wird es in zwei nicht allzu 
beleibten Qu artbänden gebracht werden können. Noch 
«he C a m p e an dir Ausarbeitung selbst schritt, trab 
er mit V 0 ß, der damals in Jena lebte, in Unter 
handlung, und wünschte zu erfahren, ob Voß viel- 
leicht schon so weit mit seinem Wörterbuch« vorge 
rückt sey. daß beiderseitige Unternehmungen sich durch 
kreuzen könnten. In diesem Fall bot er eine Verei 
nigung an, wobei Vossens ganze Verdienste unge 
schmälert bleiben sollten. Allein Voß versichert, daß 
sein (sehr vielumfastmder und aus die gelehrtesten 
Forschungen begründeter) Plan bei weitem noch nicht 
zur Ausführung reif sey. Campe bediente sich zur 
Vergleichung der zahlreichen ältern Sprachquellen 
zweier Männer, die Kenmn'ß und Eifer verbanden, 
zuerst eines Herrn Rath!eff, der auch schon durch 
mehrere Proben dem Publikum bekannt ist, und 
dann eines Herrn Bernd, der mit ausharrender 
Geduld sich allen Vorarbeiten verständig unterzogen 
har. DieOuellen selbst häufen sich mir jedem Jahre. 
So ist das von Fulda zuerst entworfene Glossarium 
zu Ulphiias Gothischer Bibelübersetzung jetzt von dem 
durch sein Hennebergisches Idiotikon bekannten Ar 
chivar Reinwaid in Meinungen umgearbeitet und 
der in jeder Rücksicht meisterhaften Ausgabe des Ul 
phiias vom Prediger Zahn, die auf Kosten des 
Herausgebers in gr. 4. so eben erschienen, und zedem 
Sprachforscher unentbehrlich ist, einverleibt worden. 
— r. 
Reise von Frankfurt a. M. zur Schweiz. 
(Fortsetzung.) 
Zürich, den rrsten Junn. 
Unser Plan war von Schafbausen über Stein und 
Constanz am Bodensee hin nach Arbon und Roschach 
zu gelangen, von da über St. Gallen, Dogliseck, 
Herijau und Appenzell noch Kuhr zu wandern, die 
wilde via mala zu besuchen und dann über Stanz, 
dem Pferdsbad und dem Wallerstödter See, Zürich 
näher zu kommen, wo wir einenTag auszuruhen be 
schlossen hatten, ohne uns und andern die Zeit mit 
unnützen Besuchen zu verderben. Diesen letzten 
Punkt hatte unser R. zu einem Hauptbedingniß bei 
unsererReise gemacht. Ich kenne nicht« thörichter und 
nicht« unbescheidener zugleich, sagte er. als sein Ich 
einem Andern in Form eines Besuchs aufzudringen. 
Wer gern Besuche bei andern ablegt, ist sicker ein 
eitler Mensch, der in der Meinung steht, es fcye viel 
an ihm. und er bringe daher dem etwas, dessen Zeit 
er in Beschlag zu nehmen kommt, und dem er meh- 
rentheils, wenn der weicher besucht wird nicht eben 
fo fade ist, mit seinem Daseyn höchst lästig fällt. Ein 
vernünftiger Mensch hak seine Zeit so eingetheilt, daß 
er entweder arbeitet oder genießt; kommt ihm ein 
Besuch in die Queer. so muß er sich an dem E'nen 
oder dem andern abbrechen, ohne daß hintendrein et 
was dabei herauskommt. Ein starker Regen welcher 
die Nacht fiel, und den ganzen übrigen Tag fort 
dauerte, zwang uns früher unsers Freundes Philoso 
phie in Ausübung zu setzen, als wir uns vorgenom- 
nien hatten. Wir gaben die Reise an den Bodensee 
ans, mietheten einen Wagen und fuhren damit nach 
Zürich, wo wir dann, wie wir beschlossen hatten, uns 
allein gelasten lebten, ohne jemand anders zu sehen, 
als Herrn Kayser, den wir noch immer in seiner 
Weise fanden, verschlossen und in sich gekehrt, «oll 
Kunstsinn und Talent, entschlvsten allen übrigen Der-
	        
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