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anders hervortritt, als im Original-Werk, wo oft
manches in der Herder» eigenthümlichen bildervollen
Sprache zu sehr verschleiert liegt! Aber vor allem
belehrend und süß erheiternd ist der dritte Abschnitt,
über die Künste der Griechen. Gerade in
dieser zweckmäßigen Zusamnienfaffung der in> Prisma
der Herdcrschen Schriften oft so sehr gespaltenen
Stralen auf einem Brennpunkte, erwärmt und zün
det erst diese Sonne, im unbewölkten Aether lä
chelnd! Wir wären e« nicht werth, einen Herder be
sessen zu haben, wenn wir eine Gabe, so dargeboten,
schnöde verschmähen wollten. — r»
Deutsche Sprache.
>LVir haben für die Erweiterung der Deutschen
Sprach- und Wbrterkunde im kurzem mehrere neue
Hülfsmittel zu erwarten, welchen der Deutsche, der
die Fundgruben und Schachten seiner unermeßlich
reichen Muttersprache noch weit fleißiger angebaut
zu sehen wünscht, als es bisher geschah, mit großem
Verlangen entgegen sehn muß. Die si> oft, nicht im-
w mit schonendem Glimpf, wiederholte Klage, daß
Adelungs Wörterbuch auch in der zweiten Ausgabe
viel zu beschränkt, unvollständig und einseitig sey, hat
den unrrmüdeten und auch in seinem hohen Alter
rastlos arbeitenden Verfasser jenes Werkes bewogen,
den schon längst ang«ründigten Supplement-
Ban d zu seinem großen Wörterbuche möglichst schnell
zu vollenden, und wir dürfen uns diesen Band viel
deicht schon zur Ostermeffe 1806 versprechen. Immer
wird der Vorwurf, daßIAdelung die reiche Sassische
»der so genannte platte Sprache viel zu wenig benutzt
habe, und selbst in dem Gebrauch der ältesten Sprach-
quellen nicht gewissenhaft genug gewesen sey, des ent
schiedenen Dorurtheils gegen unsere besten neuern
Classiker nicht zu gedenken, auch durch den reichsten
Supplement-Band nicht ganz beseitigt, werden kön
nen. Aber dem 74jährigen, ein halbes Jahrhundert
mit unsrer Sprache so mancherlei Versuche machendem
Greise stehn Hülfsmittel und Kenntnisse zu Diensten,
die nur der Fleiß von einer so langen Reihe von
Jahren erwerben konnte, und die für dos, was wirk
lich geleistet wurde, dankbarere Nachwelt wird seine
Verdienste mit gerechterer Wage messen, als die schnell
aburtheilende, nur die Kehrseite aufweisende Mitwelt.
Zu Ostern haben wir aber auch den ersten Theil des
allgemeinen Deutschen Wörterbuchs von Campe in
Draunschweig zu erwarten, das um Zo.orx) Wörter
(rechtmäßige, wirklich schon eingebürgerte Insassen)
mehr enthalten wird, als in dem großenAdelungschen
Werke zu finden sind. Da es keine gelehrten Wort
forschungen und Etymolozicen enthalten, auch sich
vieler Abkürzungszeichen zur Bestimmung der man
cherlei Stufen des Adels, des Alters und des Ge
brauchs der Wörter mit möglichster Ersparniß des
Raums bed jenen soll, so wird es in zwei nicht allzu
beleibten Qu artbänden gebracht werden können. Noch
«he C a m p e an dir Ausarbeitung selbst schritt, trab
er mit V 0 ß, der damals in Jena lebte, in Unter
handlung, und wünschte zu erfahren, ob Voß viel-
leicht schon so weit mit seinem Wörterbuch« vorge
rückt sey. daß beiderseitige Unternehmungen sich durch
kreuzen könnten. In diesem Fall bot er eine Verei
nigung an, wobei Vossens ganze Verdienste unge
schmälert bleiben sollten. Allein Voß versichert, daß
sein (sehr vielumfastmder und aus die gelehrtesten
Forschungen begründeter) Plan bei weitem noch nicht
zur Ausführung reif sey. Campe bediente sich zur
Vergleichung der zahlreichen ältern Sprachquellen
zweier Männer, die Kenmn'ß und Eifer verbanden,
zuerst eines Herrn Rath!eff, der auch schon durch
mehrere Proben dem Publikum bekannt ist, und
dann eines Herrn Bernd, der mit ausharrender
Geduld sich allen Vorarbeiten verständig unterzogen
har. DieOuellen selbst häufen sich mir jedem Jahre.
So ist das von Fulda zuerst entworfene Glossarium
zu Ulphiias Gothischer Bibelübersetzung jetzt von dem
durch sein Hennebergisches Idiotikon bekannten Ar
chivar Reinwaid in Meinungen umgearbeitet und
der in jeder Rücksicht meisterhaften Ausgabe des Ul
phiias vom Prediger Zahn, die auf Kosten des
Herausgebers in gr. 4. so eben erschienen, und zedem
Sprachforscher unentbehrlich ist, einverleibt worden.
— r.
Reise von Frankfurt a. M. zur Schweiz.
(Fortsetzung.)
Zürich, den rrsten Junn.
Unser Plan war von Schafbausen über Stein und
Constanz am Bodensee hin nach Arbon und Roschach
zu gelangen, von da über St. Gallen, Dogliseck,
Herijau und Appenzell noch Kuhr zu wandern, die
wilde via mala zu besuchen und dann über Stanz,
dem Pferdsbad und dem Wallerstödter See, Zürich
näher zu kommen, wo wir einenTag auszuruhen be
schlossen hatten, ohne uns und andern die Zeit mit
unnützen Besuchen zu verderben. Diesen letzten
Punkt hatte unser R. zu einem Hauptbedingniß bei
unsererReise gemacht. Ich kenne nicht« thörichter und
nicht« unbescheidener zugleich, sagte er. als sein Ich
einem Andern in Form eines Besuchs aufzudringen.
Wer gern Besuche bei andern ablegt, ist sicker ein
eitler Mensch, der in der Meinung steht, es fcye viel
an ihm. und er bringe daher dem etwas, dessen Zeit
er in Beschlag zu nehmen kommt, und dem er meh-
rentheils, wenn der weicher besucht wird nicht eben
fo fade ist, mit seinem Daseyn höchst lästig fällt. Ein
vernünftiger Mensch hak seine Zeit so eingetheilt, daß
er entweder arbeitet oder genießt; kommt ihm ein
Besuch in die Queer. so muß er sich an dem E'nen
oder dem andern abbrechen, ohne daß hintendrein et
was dabei herauskommt. Ein starker Regen welcher
die Nacht fiel, und den ganzen übrigen Tag fort
dauerte, zwang uns früher unsers Freundes Philoso
phie in Ausübung zu setzen, als wir uns vorgenom-
nien hatten. Wir gaben die Reise an den Bodensee
ans, mietheten einen Wagen und fuhren damit nach
Zürich, wo wir dann, wie wir beschlossen hatten, uns
allein gelasten lebten, ohne jemand anders zu sehen,
als Herrn Kayser, den wir noch immer in seiner
Weise fanden, verschlossen und in sich gekehrt, «oll
Kunstsinn und Talent, entschlvsten allen übrigen Der-