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Volume Nro. 159, Sonnabend den 10. August

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

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Nicht-politische Zeit» li'g. ^ Nro. sM, 
Aus Wien, vom 2ten ?iugust igoz. 
ilircnb iti bergangcnkn TOvnatj batten unsere 6ck>aii(vie 
ler Serien, wir sahen also nur Italientsche und Deutsche Ovcrn. 
Auch die tefctrn wurden un» sehr karg zugemessen; wir harre, 
veogibens, wenigsten» eine neue Deutsche Overauf dem Hof- 
tdiarer «rwarrer. Äian gab dafür die Wilden, eine alte und 
sehr mittelmäßig« Over, mir Musik. Von D'Alayrae. Dl« Idee» 
«ine Art, Robinson aufs Theater zu bringen,, tonnte in eincr 
Operette virlleicht recht artig aucgesührt »erden; hier ili es 
nicht geschehen. Alles spinnt sich in den allergcwöhtzlichsten 
Derhaililissen fort, an Charakteristik ist gar nicht ;u denken, 
und die Naivttö der beiden jungen Leute ist wirklich unaussteh 
lich. Wie bi l Bartl,eil harte sich nicht aus den Wilden ileinn 
lassen, die hier so ganz müßig lind, denn ohne ihre Ankunft 
war«, ein vaar schlechte Spaße ausgenommen, alles eben so 
gegaitge«. um der Hvtr doch etwas Interesse zu geben, hat 
Nian ein kleiner Bauet mit Wranizkoscher Munk damit ver 
bunden. Der Inhalt besteht darin, »aß ein Europäer znruck- 
bleidk und durch Hülse seiner Indianischen Gelierten zum Be 
herrscher eine« wilden Stainnier erklärt wird. 
Sherutrni ist hier angetomnien und hat selbst die Allf-nh- 
rung seiner Orer Irr dem jonindes dirigirt. Er wurde mit 
dem allgenieinstra Enthusiasmus ausgenonnnen, und mag sich 
damit über die unoerdiente Vernachläßlgnng trösten, welche ihm 
nach ossenillchen Nachrichten in Paris zu Theil wurde. 
Im Theater au der Wie» gab man BaboS: Genua und 
Äatz-e. unter dem Titel: Theophaula. Man Hane hier und da 
manches wegg-strichen und das Gau.e gegen da» Original noch 
beträchtlich verschlimmert. Aber das Original selbst har doch 
wahrlich nur einen geringen Werth. Die Handlung ist so reiz- 
>«» uud den Cbaraktcren fehlt ci so völlig an Interesse, daß 
fi« der Forderung der neuesten ästhetischen Schule: nicht 
durch Rührung zu wirkt», aus da» alllrvollkoinmeustr 
kiiksvrcch««. 
Madame Jüstel, elne Schwester der dcliebken Mademoiselle 
Eigensay, trat in der Rolle der Tbeovhanic rum erstenmale mit 
allgemtiuem Beisall« auf. Eie tcelannrie richtig, mit Tiefe des 
Gr,»bi», und entfaltete ein passendes Gederdensplel. Nach Ende 
he» Stückes wurde ste herausgerufen. 
Der Hof-Feuerwerker Etüver hat nach zweimonatlichen 
Hindernisse«, welche ihm größtenihril« die Witterung enkgcgen- 
ftellie, endlich fei» zweites Feuerwerk zur Ehre der Oestreich,« 
scheu Kaiserwürd« abgedrannl. Es geschah au eiurm sehr iO-h 
,ien Abende bei einer glanzenden und zahlreichen Versammlung. 
Mit drm Fcurrwrrke selbst war man so ziemlich zusrieden, am 
»neistcn gestel der kaiserlich östreichische Adler. Stuver har auch 
schon sein drittes Feuerwerk angeküneigl; er wollte es am 
Annatage abbrennen,— ei» Tag der hier wegen der vielen schö 
nen Namensrragcrinnen und d.rzn ihnen Gehörigen, beinahe wie 
ein allgemeiner Festlag der Echönheir gefeiert wird. 
— Bor luricm ging e>n wohigelieideler Mann, mit ei 
nem kleinen Verschlage unter dem Arme in einer hiesigen Vor 
stadt. Aus dem Wege begegnet« ihm ein Träger, der gegen 
da» Versprechen eines kleinen Geschenke? gerne den Verschlag 
bi» an einen bestimmten Ort zu bringen, übernimmt. Drr 
Frenide heißt ihn vorausgehen, und als sich der Träger nach 
einig«» Zeit umsteht, stnder er stch alle,». Nach einigem llrbcr- 
legen trägt er sein Kästchen auf die Poiijei, man offner es und 
nndet — einen adgeschmtrene,, beinahe verwesten Kops, der 
einem Juden oder Griechen angehört zu haben scheint. Man ist 
iryt mit Racht»rschuugkn über diesen sonderbaren Borsalt be- 
schästigr. 
Aus dkm Drikfe eines Reisenden. 
Ach langte in Halle an a!» der Dr. Gall -eine Vorlestinae», 
die er aus dem Saale de» Kronprinzen kor tz6 Zuhörern, 
welche aus den pornebmsten Aeritcn, -Professoren, Chirurgen, 
luügeil Sludirendcn und e-nigrn Gefchafroinanuern bestanden 
haben, für ein Honorarium öön 1 Fr» or, schon grendigr und 
bereits seine Reise »on hier übe» Göttingen und Kassel sortav 
seht hatte. Die iwei voruehlusicn Lehrer der Arzneikund«, ei» 
Lader, in dessen Hause er überaus artig und human soll be 
handelt worden sevn, so wie auch Neil, haben für jetzt ihre 
Meinung über seine Lehre noch nicht laut gesagt; st« werden 
ste erst später nach gchörigrr Prüfung den, P.idittum mirrheile». 
Im Ganzen hat man auch hier feine nzue» Ansichten, Srfah- 
rupaen, Beobachtungen und Bemerkungen sehr geschätzt, NN» 
ste der nähern und weiter» Prüfung nicht onwerth nn» unrich 
tig gefunren. Daß Einige noch ganz »on seiner Lehre und 
seinem Vortrage enthustasmirt waren z andere hingegen, die 
li» zu den originellen und denkende» Köpfen zahlen wollten, 
und nicht wenig »on stch eingenommen, tiefer als Gall, ein 
dringen wollten, schnell über Alles aburtheilen, es auch wohl 
gar mir dem Ausdruck — dummes Zeug abfertigten, gehört zu 
den gewöhnlichen Erscheinungen. Bald nach des Dr. Ealls 
Abreise aus Halle, trat nun, so wie in Leipzig Plattier, so 
auch hier Hr. Doktor und Professor Eleffens auf, und machte 
biknani: »aß er aus dem Saale »cs Kronprinzen einige Borie- 
sungcn über Gail» Schtdrlichrc, bloß aus Liebe und zum Gewinn 
für die Wissenschaft und nicht aus Eigennutz halten würde; 
denn er würde von Allen di« daran Th«ii nehme» wollten, kein 
Honorarium nehmen. Vor einer ziemlich ansehnlichen Ver 
sammlung, in welcher stch auch einige gefunden haben, die 
Eakls Vorlesungen nicht gehör! haben, soll er nun, wie sich 
leicht denken laßt, mehr als S«U— scher Natur-Philosoph, denn als 
Arzt, seine Meinung ln vier Vorltsungen mit vielem Beifall 
vorgetragen haben. Nach der vorläufigen Bemerkung: daß Gall 
nur erst die Materialien gefummelt, ein anderer aber ste erst 
ordnen und daraus cm Gebäude aufführe» müsse, har er Sülls 
Lehre hin und wieder berichtigt, Einiges davon scharf getadelt, 
auch wohl ganz verworfen. So hat er z. B. nichts von ei 
nem bestimmten Organ wissen, sonder» Alles in der Totalität 
des thierischen Körpers stnden wollen. Man nehme drm Löwen 
da« Org-n deS Muths, dem Hafen das Organ der Feigheit, s» 
wird jener immer Löwe, so wie dieser Hase bleiben; -I — rS liegt 
in ihrer Totalität «. s. w. Wie stch also aus dem Ganzen er- 
giedr, so will Hr. Stessens vorzüglich der Mann sevn, mit dem 
die revolutionäre Epoche jener Lehre ansangen sott. Man muß 
nun erwarten, was aus jenem hervorgehe» wird und ob er 
stch behaupten kann; oder nach den Erscheinungen zu urtheilen, 
die wir in der neuesten Philosophie erlebt haben, vielleicht schon 
in Kurzem von rineni seiner Nachfolger, der noch tiefer ein 
dringen will, unbekümiiimert, daß er auch tiefer falle» kan», 
wir» verdrängt werden. 
Der Geh. Rarh Wolf, der eine» Ruf nach München mit 
5000 Gulden Gehalt hatte, dicidt nun in Halle. Wie cs heißt, 
werden auch die iungen Slndirenden der Hallischcn Universität 
künftig Uniformen trage». Der Over - Bergrath Reil laßt steißig 
an den neue» Anlagen arbeiken , die einen ehemals kahlen Berg 
bei Kiebichenstein, deu ihm der König zu »eneni, Zweck geschenkt 
hak, keieben und vcr,chönern sollen. 
Zu Dekan, «iucm Dorfe-unweit Halle, starben in den letz 
ten Tagen der »ergangenen Jul. Monats, plötzlich sechs Be 
wohner desselben am Erbrechen, lind Einige schrien schon ziem 
lich vorlaul: das gelbe Fieder fe» dort aukgebrochen; — allein, 
was stch auch aus der nähern Unter.uchuug bald ergcden wird, 
so schreibt man jene Erscheinung dem haustge» Genuß von un 
gesunden Nahrungsmiltti» zu. F. 8. 
Pon Corsu meldet man: der Kaiser «on Rlißland hat dem 
Senat drr Sieben- Insel» anzeigtn lassen, daß sechs und dreißig 
junge Einaeborne der Republik auf Seine Kosten auf verfchie 
denen Unioerüiaien in Europa studiren ,ollen, und dag dg in das 
Seekadetten - Corps zu Sr. Petersburg sollen ausgenomi».» werden. 
*) Ist das «„> Einwurs? — Sin» alle röwen gleich niurtzig, 
alle Hasen gleich feige 7 Giebt e§ nicht gro,e Thiere, die feige, 
kleine die muthig lind?
	        
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