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Volume Nro. 157, Donnerstag den 8. August

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

Geldrischen mit ihren Kriegshelden Martin van Ros 
se m, (von Bemme!) dem Geldrischen Achill, und 
Martin Schenk von Nideggen, dem Erbauer der 
berühmten S ch e n ken I ch a n z; sie berühmen sich 
der herzoglichen Würde, welche ihrer Provinz den 
ersten Rang in der Versammlung der Staaten zusi 
cherte; sie erheben den Ruhm der vielen t edeln Ge 
schlechter , die auch in der Geschichte glänzten; sie 
haben ihre Universität zu Harderwyk feit^ 164.8: 
sie zählen unter ihre großen Gelehrten dir berühmten 
Juristen G. Neodt, van Eck, mehrere van Has- 
selt, die Philologen I. Bronckhorst und Sme- 
t i us (der zehn Sprachen vollkommen verstand); die 
beiden Eanisius, Männer von außerordentlicher 
Gelehrsamkeit; den großen Naturforschers. LulofS 
und den Geschicktlchreiber van Reydt. Auch dir 
zwei Lateinischen Dichter Bauhusius und G rum 
set waren au» Geldern, (von denen ich nachher et 
was näher sprechen werde). Unter den Historien- 
Malern verdienen die zwei Sanders, Vater und 
Sohn, als Maler von Gesellschaften Matth, Wulf- 
rat von Arnheim, und unter den Kupferstechern 
so mancher bemerkt zu werden; doch in der Dicht 
kunst können die Geldrischen sich mit den Utrechlern 
nicht messen; und die berühmte Schuurman aus 
genommen, werden beide durch die Einwohner der 
Provinz Holland weit übertreffen. Daß außer dem 
berühmten van Gen dt keine Seehelden sich in die 
sen Provinzen zeigten, ist leicht erklärbar, und diese 
allein werden die Holländer immer in der Geschichte 
unsterblich machen. Doch auch in Größe und Aus 
dehnung sind Geldern und Utrecht verschieden. Utrecht 
ist unstreitig die kleinste der sieben Provinzen: ihre 
größte Lanze, vom Dorfe Kudeistaarr bis an die 
Grob, ist iz Stunden, und die größte Breite, von 
der Zuyder-See bis an den Leck, ist von 6 bis 7 
Stunden. Geldern hingegen ist nach Holland die 
größte Provinz, da sie 22 Stunden lang und iz 
Stunden breit ist. Zugleich ist es sowohl aus der 
physischen Lage als aus der Erfahrung erwiesen, daß 
unter allen sieben Provinzen Geldern die gesündeste 
ist: denn überall, wo Utrechts an Amstel- Land und 
Rhyn-Lond gränzt, hat es Sümpfe, Moräste und 
"en-gronu , d. h. Torf - Erde, wodurch der Torf 
«ins der wichtigsten Produkte dieser Provinz wird. 
Ueberdies ist Utrecht zum Theil ein gesegnetes Korn 
land , und liefert besonders viel Waizen, Roggen, 
Gerste und Hafer. Geldern hat auch viel Getraide 
und Boumfrüchte, leboch hin und wieder, besonders 
in der Grafschaft Zükphen, auch dürr» Landstriche und 
Haiden. Diese nebst den vielen Hügeln und Gebü 
schen geben Gelegenheit zu einer vortrefflichen Za g d, 
eine der Hauptdelustigungen der Geldrischen Edeln. 
Wild und Geflügel giebt «S im Ueberfluß, und die 
Grafschaft Zükphen wird durch den Tabacke-Bau 
entschädigt: allein die Tabacke-Pflanzungen der Pro 
vinz Utrecht, welche zu Amersfoort sich befinden, 
sind weit vorzüglicher; wiewohl man behauptet, daß 
der Geldriiche Taback an Dichtheit und Fettheit der 
Dabacksblätter den Amersioortschen übertreffe, letzterer 
aber größere und gelbere Blätter habe, und theurer 
sey Di» Geldrffche Hornvieh , Schaf- und Pferde 
zucht ist besonders in der Beruwe vorzüglich. Di« 
Nachbarschaft der Zuvdew Zee und die Menge von 
größern und kleinern Flüssen verschaffen beiden Pro 
vinzen Ueberfluß an Fischen, vorzüglich Schollen, 
Kabliau, Heringe (bei Harderwyk) u. s. w. Da» 
Recht , in der Zuyder-Zee zu fischen, da« durch die 
Geldrischen den Holländern bestritten wird, gab oft 
Gelegenheit zu Streitigkeiten. 
Soviel glaubte ich im allgemeinen nützlich vor 
anzuschicken, ehe ich Ihnen meine Tour durch diese 
zwei Provinzen beschreiben wollte. Zn meinem fel 
genden werden Sie das nähere von unserer Fahrt 
aus dem Vecht von Amsterdam nach Utrecht — bw 
herrlichste Reise die man in den fieben Provinzen 
machen kann, — hören. Zch gebe Ihnen nur noch 
zum Schluffe die «neidische Beschreibung, die der in 
der Geschichte so berühmte Lange Pier von den 
Geldrischen sowohl als von den Holländern machte. 
Dieser sonderbare Raub-Oberste und Serheld 
de« XVI. Jahrhunderts, wegen seiner Größe Groot« 
Pier oder Lange Pier genannt, war ein Friesi 
scher Bauer, der durch die Einfälle der Sachsen und 
Geldrischen in Friesland gänzlich beraubt worden war, 
und durch seinen Muth und kühne Unternehmungen 
zu Wasser und zu Lanke, vorzüglich auch mit Hülfe 
seines Neffen Weyert, (dessen Wahlspruch war: 
„Man muß Menschen und Teufeln trotzen") 
a>» Admiral einer ansehnlichen Flotte all« feindli 
chen Schiffe nahm oder versagte. Tausende tokklchlug» 
die Sachsen, Dänen und Holländer überwand, und 
Frieciand frei machte. Dieser Grooke Pier. Herr 
über 1.5c, Schiffe (1517 —1519), Eroberer von Nord- 
Hollank , der sich selbst den Vernichter der Dänen, 
den Rächer der Bremer, bas Kreuz der Holländer 
u. s. w. nannte, spricht auf folgende lächerlich hoch 
trabende, verachilicheWeise von den Holländern, wäh 
rend er die Geldrischen erhebt: 
, Ik Groote l’ier, Koning van Vriesland, 
„Hertog van Sneek, Graf vanSloten, Vryheer 
„van llintieloopen, Kapitein-Generaal van de 
„Zuyderzec. 
„Eni stuyerman ter doot Agt de Holländers bloot; 
„Alzyn ze groot van rad« Zy zyn slap van daade; 
„Stark van parlyen. Krank in stryen, 
„Hoog van glone, Krank in victorie; 
„Maar die Geldnsche sterk 
van teeringe, Slap van Neringe, 
„Cloek in den vtlde, Maar dor van gelde, 
„Vioom van moede Maar kleyn van goede, 
„Dog onveitsaagt in stryden Dns wüt u verblyden 
„Ende den Holländers niet Want zy moeten ver- 
agten smagten: 
„Want zy zouden’t becoopen Waar*t bestand uitg*- 
loopen: 
„Tegent myn dank Is’t zcs maandcn bestand. 
So wenig dies auch in Ansehung der Holländer der 
Wahrheit gemäß ist, und aus dem Munde des trotzi 
gen Siegers gültig seyn kann, so stimmt doch in 
Hinsicht auf die Geldrischen, alles mit der Wahrheit 
überein, wie auch bas alte von Slichtenhorst ango- 
führle Sprüchwort zu erkennen giebt: 
„Hoog van moerf, 
„Klein van goed, 
„Ein zwaard in de hand 
„I» t wapen van Geldcrland. 
e. r. H.
	        
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