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Volume Nro. 142, Donnerstag den 18. July

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

jeder da« Recht, dieselbe für seinen Zweck, (den er 
für den einzig wahren halten mag), zu benutzen. 
Der Theologe beweise und verherrliche daraus die 
Ehre Gokies; der Moralist, der Pädagoge nehme 
daraus Beispiele zur Tugend; der Politiker, der Feld 
herr seine Klugheirsregeln her; zriechisirende und 
ästhetische Gemüther aber benutzen immerhin dieselbe, 
um die Schritte der Nencksis zu belauschen; der 
Philosoph, um den Gang der Menschheit zu verfol 
gen. ') Dies must jedem frei stehen, ohne daß er 
darum behauptet: des und nichts ander» ist der 
Zweck der Geschichte. 
Ee verhalt sich damit gerade, wie mit unserer 
Porzellan-Fabrik. Diese hat den Zweck, Porzellan 
zu fabrieiren. Auf weiteres lasse ich mich nicht ein. 
*) Die.' ist mit 6cm »on mir »Sen angegebnen Zweck nickt 
einerlei, wiewohl beide Ziele zusammen zu laufe» scheinen, denn 
mir ist Erklärung de» Gange« der Menschheit zur Cultur nicht 
einziger Zweck der Geschickte, sondern Erzählung der Ver 
gangenheit überhaupt. Denn sonst «»listen Kriege, Helden und 
Eroberer nur eine Nebenrolle in der Historie svlelen; (w,e daS 
wirklich Philosophen und Historiker d e non diesem Gesichtspunkt 
«»»ginge», verlangt haben), dagegen mitist» Geschickte der Reli 
gionen , der Erfindungen und der Philosophie de» Hauottheil 
ausmachen. Ich, aber »erlange für alles, was interessant für 
das menschliche Wilsen ist, «in gleiches Recht. 
Ob dadurch dem Contrebandiren mit dergleichen aus 
ländischen Waaren, oder dem Gebrauch metallener 
Gefäße Einhalt gethan werden soll, oder ob sie da 
sey, damit sich durch sie die Maler- und Töpferkunst 
verherrliche, — ob sie bestimmt sey, Taffen, oder Tel 
ler, oder Aufsäße zu machen? — das alles lasse ich da- 
hw gestellt seyn; ein jeder bediene sich derselben, wozu 
er sie gebrauchen kann, und Lust hat. 
Z - ck. 
Die Blume aus Norden. 
X)a, aus Reiher - Dusten zaubervoll gewebet, 
Du, »on hoher Götter reinem Hauch beseelet, 
Blume sanfter Huld! 
Ack! kein Lüftchen lös« deine zarten Blätter, 
Keine Svniiengluten löschen Je die Farbe» 
Esther Anmuth Bild! 
Aller Blicke tauchen stch in deinen Schimmer, 
Alles »abt dem Dufte, doch der stille Kenner — 
— Doppelt fühlt er dich. 
Ren«' ick deine« Namen, holde Wunderblume? — — 
Nein! mit stclcnoollcr heiligte Empfindung 
Birgt ihn fromm das Her;. 
Julie von Bechtolsheim. 
N i ch t - p o t ^ t i s ch e 
.utz."' 
Amsterdam, den lyleiz 2unn i8o;. 
Nachtrag zu dem Artikel: 
Ueber die ausharrende Geduld der Holländer, 
sin Nr. 76 und 77. de- Freimüthigen enthalten.) 
l S ch l« h.) 
nter die merkwürdigsten Beispiele de» beharrlichsten Eiferst 
und beispielloser Geduld gehören.auch noch im Fach der Ge- 
ieorfamkeit und eines unermübetcn Studiums, die berühmten 
Männer HcinsiuS, Sruguiii«, Stuart u. a. m. 
HeinfiuS, der gelehrte Professor der Uuivcrsttät zu Leiden, 
der »der 800 Werke la§, ehe er feine Anmerkungen über S»i- 
diuS niederschrieb; Ernquiu«, der beinahe sein ganzes Leben 
»amt» zubrachte, um eine — richtige Karte »on Delflan» 
lDistrikt »on Delft) zu entwerfen, welche wegen der Menge 
»on Dörfern, Weilern, Kanäle», Polder«, groben und kleinen 
Gewässern, und ineinander laufenden Grundstücken unter die 
schwierigsten Karten gehört, — Stuart, srin noch lebender 
Prediger der Remonstrante« zu Amsterdam) der — sein Peer 
digtamt, sein berühmtes Werk, „der Mensch" und andere 
geiehr.e Werke und Uebersetzungen abgerechnet, — uns schon 
viele Jahre hintereinander eine anierordentlick gründliche, aus 
führliche, im blühendsten Stvl geschriebene Geschichte des Römi 
sche« Reich» gab, die — fetzt bi« 311 den ersten Kaisern fortge- 
fthrt — schon 26 Theile besaht, und sowohl von einer un- 
glaublicken Anstrengung- al« großer Belesenheit und Gelehr 
samkeit zeigt: ein Punkt, der bei den unzähligen Batersorgen 
für seine äußerst zahlreiche Familie noch merkwürdiger werden 
muh. In einem der geschätzten Holländischen Journale, -ie 
konsl-en Irtterbode“ in weichem der Aussatz „über 
die Geduld der H»lländer" übersetzt erschien, ward in 
einer Anmerkung die obru erwähnte Klein - Schreibe-Kunst de« 
Zeitung. Nro. 142. 
Prediget« Blenker angeführt, und der Redakteur diesest Jour 
nals, ein eben so vcrstaiidiger als glaubwürdiger Mann, ver- 
stchert. von einem Augenzeugen gehört zu haben, daß ein 
Schutt!alter in Frießiand auf den Rand eines gespaltenen Bo 
gens vo» diiunem Postvapier so außerordentlich klein, und »och 
zugleich so deutlich zu schreiben wußte, daß man es mit bloßen 
Augen lesen konnte. Daß man überdies Peifviele von Hollän 
dern hat, die im mosten oder ;osten Jahre Latein lernten, daß 
Frank Perl,enden im mosten Jahre sich in die Malerkunst ein 
weihen ließ, daß »er Tausendkünstler Adam Silo noch im Zysten 
und Rachel Ru» sch eine eben so berühmte Malerin als ge 
lehrte Fra», noch im Zostea Jahre merkwürdige Kunststücke her 
vorbrachten, dürfte, meiner Meinung nach, hier auch »och Er 
wähnung finden. (S, F. Hang. 
Theater-Nachricht. 
Leipzig, den roten Jul. 18»;. 
Unftr Theater wird letzt sehr fleißig »on durchreisenden Künst 
lern und Künstlerinnen besucht. Das ist recht gut. Auf der 
einen Seite lehrt cs dat hiefige Publikum die trefflichen Schau 
spieler, die wir bcfitzen ■ noch höher achten; aus »er andern be 
wahrt es den Geschmack und da« Urtheil deffelben vor Einseitig 
keit. Am ;tcn d. M. trat, nach der Darstellung der Göiheschcn 
Uebersegung TancredS, die man diesmal bei der ersten Wiederholung 
so kalt ausgenommen hat. alS wie eS das erstemal hier gesehen 
wurde, und dessen gänzliche« Durchfallen nur da« wahrhaft künst 
lerische Solei »er Mad. Hartwig ai« Ameuaide hinderte. — 
eine Berlinische Sperntänzerin, Namens Theresia Gucri aus, 
und tanzte ei» ernsthaftes Sol» »on Parigi. Am 7ten Jnlii 
wiederholte ste diese« Solo und gab noch ein neue« dazu. Da« 
schallende Avvlaudissrment, da« ste erhielt, läßt stch wvbl dadurch 
erklären, daß sie nun eben ein ganz hübsche« Figürche» ist. —
	        
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