Path:
Volume Nro. 8, Freitag, den 11. Januar 1805

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

Z2 
lieft Demütigt. Der gemeine Soldat erbn« je»! tag«» ander!- 
baift Pfund Brod in Natu»>a und anderthalb Groschen Geld. 
Auch die Hofbeamle» und viele Civildiener sind durch Erhöhun- 
gen ibrer Besoldungen erfreut worden. Nicht anders als belä 
cheln aber kann man dle unrichiigen Normen, welche darüber 
durch die sogenannte lieg. Zeit, ins Publikum geschickt worden 
sin». Durch Uebertreibungen wir» der guten Sache meistens 
mehr geschadet, als gen ich l. Unter die alierueuest.il wohlkhäti- 
gen Einrichtungen der Regierung geboren auch die Bestimmung 
von drei Preisen für diejenigen Aerzte, welche beweisen können, 
daß sie »er größten Zahl von Kindern die K'ubpocken eingeimpft 
haben, und die Abschaffung der Aoolhekergeschenke an die Acr,ie 
zur NeujahrSzeik, weiche zu mancherlei Mißbrauche» Anlaß gaben. 
Stuttgart, den i;re» Dee. 1804. 
(Fortsetzung.) 
Herr Decker leistet «IS Tenorist und Aeteur dem Ganz«« 
nicht unersvrieSliche Dienste. Mit Liebe zur Kunst, und mit 
Beharrlichkeit wird er, den die Natur körverl,», und, wie die 
Sage will, auch geistig nicht karg ausstattete, bald allgemeine« 
AvvlauS gewinnen. Hr. Pfi tz e» m ei er ist fleißig, erhob sich 
«her auf seiner theatralischen Lauf- (oder vielmehr Stech») 
Bahn nicht über da» Mittelmäßige. Hr. Rohle trifft den 
Ton det alte« Diener», des biedern Schultheißen, de» schlichten 
Bauern, de» Juden, zuweilen auch de» komischen Alten sehr gut. 
Hr. Schiovg fahre fort, wie er begann, lese, studiere, hüte 
sich vor Ueberireibung — dann berechtigt er zu den günstigsten 
Erwartungen. Hr, Leipnltz weiß Herzlichkeit, Geradheit, 
ländlichen Ton gut anzunehmen. Hr. Reil befriedigt in Kon- 
»erfatlonSstückeu. 
. Jen S ch a u fv i e l e r w i d e r W i 11 e n hatte Hr. We 
berlinz ein offenes Feld für feine vir comica, und gefiel fehr, 
besonder» ab» Machinist und Theaterdichter. Mad. Leivnitz 
verdient gl» Elise von V alb erg der ehrenvollsten Erwah- 
nlmg. Hr. Gen» übernahm, als Gastrolle, den Fürsten. Er 
ist wohlgebaut, f»richt »rücis und verstandlsth, und weiß von, 
Herzen zu Herzen zu rc»en. No« aber sich» er zu heftig ili die 
tust, zeigt EiNtvrmigk.it in seinen Stellungen, und bedarf über- 
hauvt eine» weitern Studium», dessen wohlthätigen Erfolg für 
ihn und dg» Publikum er gewiß bald erfahren würde. — Die 
raut von M effi n a wurde mit Pomp und trefflichen De- 
eorattonen gegeben. Die von Schwegler komponirren Mar 
sche gefielen sehr, und erregten deu Wunsch, daß dieser bescheidne 
Toukunstler mit einer Sammlung feiner zerstreitten giüeklichen 
E°>»Positionen hervortreten möchte. Mad. »L e i v n i y, al» 
Braut, stand obenan. Der Mad. Afchenbrenner gelang die 
ängstliche, liebende, irauern»e Mutter in den meisten Scene». 
Die Senienzen der Ehöre wirkten nicht, am wenigsten, wenn 
ein Dutzend Mannee, wie infpirirt, in gleiche gercimle Ercla- 
mationen ausbrach. Utberhaupk eignet sich die» Schauspiel, «.ich 
meiner innigSm Ueberzeugung, nicht zum Ausfuhren. — Der 
Bor mund von Jffland wurde vorzüglich gut dargestellt. — 
unterm izken November d. I. erschien von der chursfirstl. 
Hberintendance eine gedruckte Verordnung für da» chursfirstl. 
Hosihcar.r- und Hosmufit-Personal in -8 Artikeln, worin haupt 
sächlich die Strafen kleinerer oder größerer Verfehlungen bestimmt 
find. Die (Leidstra-en werde» in einer besondern Kasse aufbe 
wahrt, und zu milden Verwendungen benutzt. Hierüber 
kann nur die Sdermkendance dispouiren; doch soll de» Mitglie 
dern de» Theater» die Einsicht der Rechnung von Jahre zu 
Jahre, währen» acht Tagen, gestattet feg«. 
S. I. E. S. 
Aus Leipzig. 
Für dg» Schauspiel Ist diesen Winter ungleich besser gesorgt, 
al» im vorigen. Die Joseph - Sekondasche Gesellschaft zählt in 
derThat recht wackereSänger und Sängerinnen. Hann- 
sen, Ströbel, »hink verdienen überall al» solche gekannt 
zu feg». Der Madame Köhl Ist schon ln Ihrer Zeitung Ge- 
eetfiinfeit Mttnsthm. Schade mir baß sich von allen den 
Herren und Damen, vom Regisseur bi» auf den geringsten Sub 
alternen srrab, so wenig Gute» sagen laßt, insofern sie nicht 
blos Sänger, sondern auch Schauspieler se„n Ivilen. Hände 
und Füße, spielen da am meisten. Edle, au, drucksvolle, zweck 
mäßige Geberden, Augen - und Mieneiispiei sind im ganzen hier 
gar nicht zu finden. Manche gleichen gar in den entern offen 
bar de» Marionetten. So wenig da» alle» in üpern empfun 
den wird, die nur de» Kowpofitcur» wegen besucht werden, so 
sehr fallt e« dagegen doch in den bessern aus, wo auch Sujet 
und Behandlung etwa» w.rih ist, und die ganze Wirkung erst 
dann erfolgt, wenn ein gute» Spiel den Gesang und die Musik 
uiiterstützt. Da» erstere wird stet» auch mittelmäßigen Gesang 
heben. der beste Gesang aber nie ein schlechte» Spiel bemänteln. 
Da» sollte jeder Sänger merke». 
Aus Französischen Blättern. 
i^cr Kaiser von Frankreich har für den berühmten Villoisvn 
eine neue Lehrstelle der Grieeliischen Sprache am (festlege äs 
France gestiftet. Vistvjson ist wenigsten» ein Siebziger. 
— Ein Herr Rour aus Avignon batte vor einem halbe» 
Jahre acht und achtzig Loo>e in der Lvoner Lotterie gewonnen, 
die Ihm zusamnien 466,620 Franken einbringen sollten. Die» 
anßerordenttiche Glück erregte Verdacht gegen ihn; man fing ei 
nen Proceß gegen ihn an aber mau mußte ihn freispreche». Er 
erhielt indeß sein Geld nicht, selbst als er nach Paris gieng, um 
dort zu klagen. Endlich wurde die Sache d-m Kaiser vorgelegt, 
der die Auszahlung befahl, da fich kein Betrug deweise» 
ließ, — aber Rour gab gleich nachher eine Probe seine» un 
dankbaren Herzen». Sobald die Sache ausgemacht war, wollte 
er dem Advokaten, der fie gewann, die fünf Loost, die er ihm 
ansang» al» vorläufige Bezahlung eingch.indigt hatte, wieder ge 
richtlich abdringen. Da» wirft ein sehr zweifelhafte» Licht auf 
die Gerechtigkeit der Sache. — 
Da» National - Institut bat für dieses Jahr folgende neue 
Gegenstände zur Poetischen Concurrenz auigegebe»: der Reisende; 
— »,e Unabhängigkeit des Gelehrten; — der Einfluß des Thea 
ter» auf die Sitte». — Der Preis der Beredsamkeit so» durch 
da» beste Geniaide der Franz. Literatur während de« iht« Jahr 
hundert«, gewonnen werden. 
Villoifon wird seine Vorlesungen im Cestlege de Franc« 
mit der Erklärung der „Tausend und eine Nacht," im Neugriechi 
schen, und mit dem Promeiheu» de» AeschhluS anfangen. 
Aus ausdrücklichen Befehl de» Kaiser» ist der erste Januar 
al» ein Festlag begangen worden, „ weil der größte Theil der 
Bewohner Frankreichs ihn al» ein Familienfest betrachte." 
Der Bischof zu Wurzbnrg hatte verschiedene Seminaristen 
von dem Seminarium ausschließen lassen, weil sie die Vorlesun 
gen der Professoren Paulus und Scheüing besuchten. Der Chur 
fürst von Vaier» befahl, sie wieder aufzunehmen; ans die drin 
genden Vorstellungen de» Bischof« ist indeß dieser Befehl dahin 
abgeändert worden, daß sich die Ausgeschlossenen in da« zu Bam 
berg errichtete neue Seminarium begeben soueo. 
In Berlin er ist,eint jetzt kbei Frölich) eine musikalisch« 
Zeitung, von der wöchentlich zwei Blatter ausgegeben werden. 
Welcher große Gehalt si«>> »on Ihr erwarten laßt, zeigt der ein 
zige umstand, daß Reichardr ber Herausgeber ist. Monatlich 
wird eine neue Compofition beigelegt. — In eben »er Handlung 
erscheint unter dem Titel: T.« Ireiubadour Italien, tran^aia 
et allemand par J. F. Keuhardt wöchentlich ein Mustkblatt, 
das die Lieder-Compofitionen enchalt, welche Reichardt ln den 
letzten Jahren für Ihr» Majestät die Königin, für die Ertprin- 
zeffin von üranien und in Pan« eompooirtt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.