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Volume Nro. 65, Montag, den 1. April 1805

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue1805 (Public Domain)

noch vor einem halbe« Jahre war, aste« versorack, mir wenig«, 
»»gleich sehr schatzcnswerkhe Mitglieder; nicht ohne Grund be 
fürchten wir adcr, daß auch diese wenigen, dag unsere erste 
Sängerin, Madame Mittler, deren Stelle nicht leicht durch ein 
ri'tB so würdiges Mitglied ersetzt werden dürste, imgleichenHerr 
Divzka, unser erster seriöser Bassist, deine» schöne Stimme mW 
tn den Rollen des Sarastro, Eolimann n. s. w. seit seines 
kurjc» Hierseyns einen angenehmen Genus, gewährte, Herrn Eh 
lers nachfolgen werden. Wir wurden vielleicht diesen Verlust 
weniger schmirzlich emvsinken. schwebte uns richt das Bild an- 
screr ehemaligen Oper vor Augen. Wie lieblich ergetzke uns 
nicht vor tunen, der Wasserträger, Je rslier je besser, Camilla, 
der luftige Schuster, Jphigenia, Don Juan? In letzterer war 
es, wo uns nebst dem vortrefflichen Sviel und Gesang der De- 
moiseile Jagemann der ältern, als Donna Anna, Herr ElilerS 
«IS Don Juan, Herr Dirika als Leporello, welche Rolle er seit 
feinem Hierseyn erst mit übernommen, Demoiselie Jagemann 
die jüngere als Gastrolle in der Zeriine den reizendsten Genuß 
gewahrten. Zwar bleiben unü noch, wen» unser Befürchten in 
Erfüllung gehe« sollte, die Denioiselies Jagemann und Herr 
Bend«; doch leicht wird man erachten, dag diese Wenigen un 
sere Sver nicht ausrecht erhalte» können, die wenigen Andern, 
womit die Nebenrollen besetzt zu werde» pstegen, find noch zu 
sehr Anfänger, als da» st- dem Public«, zumal st- alle wenig, 
oder fast gar keine Stimme haben, Ersatz gewähren könnte«. 
Auch Demoiselie Silie, ehemalig- Petcrftlie, heißt es, werde 
ihren Peter wiederfinden, indem sie bald statt der Thalia dem 
Hymen »ufern, und das Theater verlassen wird. 
Theater-Nachricht. 
Breslau, den r?sten'Märi Ip-rsi. 
An» Trkumph ihrer Freunde, zur Freude des Publikums,— zur 
Schmach ihrer Neider und zu», Spott ihrer Feinde, ist Ma 
dame Gehlhaar gestern, als Johanna von Montfau- 
eon mit einem Jubel wieder !m Theater erschien--!, der- eben 
so rührend, als gerecht und entzückend war. AIs sie heraustrat 
— wie Johanne unter ihr- Leute, so drgchte dle Göttin Hvgea 
sie wieder unter uns.— Ai» sie Heraustrat, touren ihr einstimnüg 
Freudenbezeugungen entgegen, und in das Jauchzen von Johanna s 
Getreuen, schallte der freundlicheWiNkonim de« Publikums: Sic 
lebe! — Man weihlte ihr alle Aufmerksam kell; das Haus 
war zum Ersticken voll; alles gal» ihrer Genug,huung, und sie 
erhöhte die Freude mir dem gelungenste» Spiel ihrer Rolle, die 
in so vieler Rücksicht ans ihre rage pchte. Ich sagte, ihr Spi el 
war gelungen; es war in der That der Triumph ihrer Kunst 
und ihre, eigenen Charakters; bis zu den geringsten Nüanzen 
führte fte die Darstellung vortrefflich ans, und selbst des streng 
sten Kritikers Auge mußte ihr Beifall strahlen! — Sie erwarb 
sich allgemeine Bewunderung, und flößte alle» Achtung ein, ais 
fte, am Schlüsse herausgerusr», ihr Gefühl der Freude und des 
Danks Mit rührendem Ausdruck bekannte. — Der Angriff 
Btitn sie wird jetzt criminell untersucht, man behaupiet, Spuren 
iS haben, wer die Thäter seyn mögen, nian muß aber die Sache 
den Gang der Gerechtigkeit ruhig gehn lasse,: ihr Arm ist in 
unserm Staate stark, er wird, so muß jeder brave Man« hoffe» 
ksiineii, der Gekrankten noch reellere Genugthuung, «ls 
bloße Freudenbezeugungen, gewähre«. — 
Herr Kai bei, als Philip» von Montenach, — sonst 
FanchonS Bruder, -r zeigte durch meisterhafte Darstcüung so 
innige Theilnahme an der allgemeinen Freude, daß auch er her 
ausgerufen und mit Beifall begrüßt war» ; er rankte eben ,ft> 
herzlich, als beschelden, und »erdttznte wirklich ganz diese Aus 
zeichnung. , . » 
Wien, den i9ten März 1805. 
(Fortsetzung.) 
Theater an d e r Wien. 
Herr Schikaneder hat das Publikum wieder mit eine« neuen 
Produkte, Licht und Schatten, beglückt. E» ist ein sehr schic»- 
res Lustspiel, welches ans dte abgedroschene Idee hinaus läuft, 
daß zwei Kinder verwechselt w:rdcn, und die Wahrheit sich am 
Ende glorreich entdeckt. Stach Ende des Stückes wurde so sehe 
gezischt, daß Herr Schikaneder diese Arb>cit mit einrr Krankheit 
entschuldigte. 
Ei» neues Melodram auf diesem Theater: die Eroberung 
Jerusalems, aus deni Französischen, mit einer unbedeutenden 
Musik von Guaisin, har geringen Beifall gesunden. Die Tasso- 
sche Episode von ülinl und Eophronia, welche schon Cronegk 
glicht zum glücklichste» ansieug, und ein anderer noch schlechter 
endigte, ist hier- noch mit einem elenden Französischen Zusatz- 
vermehrt; die Eroberung Jerusalems gehört vollends gar nicht 
zur Sache. Mlle Eigensatz spielte die Hermione lso beißt hier 
Sovbronie) recht gut, und die würdevollen erhabene» Sielten 
gelangen ihr diescsmal viel besser, als ehemals. 
Die beliebte Mad. Tomeonl, eine vortreffliche komische 
Schauspielerin, hat die Italienische, und Mlle Saal, so gerne 
gefehe« als Pamina, Hainichen in den Jghrszeike» u. ,». die 
Deutsche Oper verlassen. Beide werden dem Theater völlig 
entsage». 
Ein Herr „Consta»«», Archimandrit des Griechischen Kiew- 
Katharinen-Klosters vom Berge Sinai." hat dem Kaiser Al-r- 
ander eine Griechische, aber mit einer Rustische» tleberstßuog 
versehene Beschreibung Von Atepandrien, dedicirt. In der Bor- 
rede erzählt er viel von seiner gefährlichen Reise durch Arabien, 
von einem Schiffbruche den er gelitten, und setzt hinzu: „er 
weihe dem wohlthätigen Rußland das Deukmaal der schrecklich 
sten Augenblicke seines Dasey»»." An einem andern Orte,sagt 
er: „Rur die großen Verbindlichkeiten, die er Rußland habe, 
und der lebhafteste Wunsch, nützlich zu seyn, hätten ihn ange 
trieben, dies Buch zu schreiben. Es sey die Frucht der Auf 
opferungen eines armen Wanderers, der seinen Zweck zu errei 
chen, jede Schwierigkeit überwand, und auf de» Lebens Annehni- 
lickikeiten Verzicht that." — und diese Frucht seiner Aufopfe 
rungen, seiner gefährlichen Reise, seines Schiffbruchs, diescsOpscr 
der Dankbarkeit ist — nichts mehr und nichts weniger, «13 — 
eine llebersetznng von der Compilation: „Nachricht und Beschrei 
bung von Aleraudrien," die im Jahr 1799 bei Baumgärrner 
herauskam. Hak es je eine granzenlos.re uiiverschämlheit gege 
ben , als die Sr. Hpchwürdeii vom Berge Sinai? 
Auf d-r Itniversttät zu Moskau waren im Sept. kffcuz in 
allem 26 Professoren, aber nur 6z Studenten. 
In mchrer» Zeitungen ist eine Beschreibung, welche Hr. 
von Humboldt von den feuerspeienden Bergen in Amerika ge 
geben haben sog, nacherzählt, und behauptet, er habe für wahr 
scheinlich gehalten, daß in denselben große Sec» voll Fische 
waren. — Herr von Humboldt bat dieser Angabe widersprochen. 
Er hat grade das Gegentheil gesagt. 
Mistriß Billingro», die große — aber auch sehr dicke — 
Sängerin in London, bekam kürzlich in einer Unpäßlichkeit, statt 
7 Tropfen, Zoo Teopsen Opium und schwebte inehrrre Tage in 
Todesgefahr. Daß sie gerettet wurde, schreibt man ihrer Eor- 
pislenz zu. 
— Zu dem kleinen Ralltius hak sich nun auch eine kleine 
Roscia gesunden. Eine iziähriz« Miß Fistier soll auf dem 
Theater iy spckmoll» sehr bewundernswürdige Talente gezeigt 
haben. Es scheint in London jetzt herrschende Msde zu werde», 
üderail an Kindern großes Genie zu entdecken, nur Kinder zu 
bewundern. Ausmerksame Leser des Shakespeare werden sich ans 
einer Stelle iiy Hamlet erinnern, daß diese Mode schon einmal 
dagewesen ist. 
— Pon und über den berühmten Wilkes, der einige Jahre 
hindurch ganz vergessetz schien, und kürzlich l» London neun 
Baude erschienen. 
— Ein Herr Twiß beschäftigte sich schon feit vielen Jahren 
mit einem vollständigen Worirezister Shakespeare's sämmtli 
chen Werken, doch ohne viel Unterstützung zu finde«. Jetzt 
endlich kommt es als ein weilläustigeö Buch heran».
	        
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