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Nicht-politische Zeitung. Nro. 97.
K,
Au« Berlin.
bavellnielster Weber hat für das Concert, das die berühmte
Virtuos,» aus der Harmouica, Dtte Kirchgeßner uns Hessen
last, de» ersten Monolog von Schillere Jungst.», von ürleans
i» Mustk gesetzt, und eine der berühmtesten Künstlerinnen «oster
Buhne wird ihn Lcclamiren.
Am rysten November führte man ,um erstenmal» ans;
„die Stricknadeln, Schauspiel in 4 Akren."
Der mehr als »ierligiährige Baron Durlach lebt auf
dem Lande, indes seine «wanligiahrige Frau, die er einst selbst
erzicbcn ließ, in einer benachbarten Stadt, mit seiner Bewilli
gung , das Cainaval genießt. Seit vier Tagen har er keine
Nachricht von ihr erhallen. Das beunruhigt ihn, so sehr er
auch aus ih>e T-geud laut. Seine Mutter besucht ihn, aus
drücklich um ihn von den üblen Gerüchten, die von seiner Gat
tin herumlausen zu benachrichtigen. Er vertheidigt sie. — Di«
junge Baronin selbst erscheint mir ihrem Liebhaber, den sie «war
nicht erhört, von dem ste sich aber gleichwohl manchen Verdacht
gegen ihren Gemahl einstoßen laßt. Sie zwingt diesen lcyicn,
ihr das Schniuckkastchen ihrer verstorbenen Mutter cinjnhaudigcn,
und kehrt nach der Stadt jurück, um den Abend auf einer
Maskerade zuzubringen. Höchst ausgebracht, »ringt die Sthwi.«
gcrniuner in ihren Sohn, sich scheiden zu lassen, und dg er sich
weigert, eilt si« fort, um selbst die Scheidung zu veranstalten. —
Die Hinge Baronin, in der Stadt angelangt, öffnet das Schmuck
kästchen in Gegenwart ihres Liebhabers und nndet darin — ei
nige Stricknadeln, einen Brief Ihrer verstorbenen Mütter; hier
mit habe ste, eine arme OsstcierSwittni«, stch und ihre Tochter er
nähren müssen, bis sie de» cdelu Baron kennen gelernt, der ste
großmüthig unterstützt habe; — und «inen Brief ihre« Gemahl«,
»er ihr erst nach seincm Tode in hie Hände falle» sollte. —
Bis letzt hatte die Baronin stch für reich gehalten, geglaubt, st»
habe ihrcin Gatten ein eben so großes Verinoge« zugebracht, als
er besitze, Sein Edelinurh rührt sie kies; sie saßt die besten Ent
schlüsse i da erscheint die alte Baronin und begegnet ihr so hart,
daß Ihr Stolz erwacht, sie Harte Mil Harte erwidert, und voll
Kummer und Unrnhe — aus die Maskerade geht. Hier hat ste
höchst krankende Austritte, in welche» der Liebhaber ste verläßt;
aber eine unbekannte Maske nimmt sich ihrer an und sichert sie
vor Beschimpfung. — Sic durchwacht die Nacht voll Ver
zweigung. Ihr Liebhaber, der Gras Eislingen, sucht am folgen-
de» Morgen ihre Zerrüttung zu benutzen. Ein Advokat bringt
ihr ein versiegeltes Paket, das ste ihrem Gemahle zustellen soll.
Sie ball es für die Scheidungsklage. Der Graf erbricht et, und
ste stndei darin — die Abschrift des Testaments, durch das ihr Ge
mahl ste zu seiner Univenal-Erbin ernennt. — Weiche neue
Beschämung, oder vielmehr Zerknirrschung' Ader ihr Kummer
steigt noch höher. Kaum hat der Graf stch entfernt, so erscheint
die alte Baronin außer sich vor Schmerz; ihr Sohn hat sich ge
schlagen; sic glaubt ihn todt, wenigstens verwundet. Das wirst
eie iuoge Frau völlig ,u Boden: denn sie errath sogleich, daß
der Baron die unbekannte Marke gewesen. So ist c» wirklich: er
war seiner Mutter iu die Stad, »act^esolgt, um eine Ucbcrei-
lung iU verbüken, fand seine Gattin Nicht zu Hause und ging
ihr auf die Maskerade nach. Er kehrt zürnet, nur leicht verwun
det. Seine Gattin unkt ihm so reuevoll an die Brust, daß auch
seine Muiter gerührt wird, und die herzlichste Bereinigung aller
sthlicßl da« Stuck, — das den ungeiheiltestrn Beifall erwarb.
Der Verfasser dieses Stückes war nicht auf dem Zettel ge.
nannt worden; aber dle glückstche Perstbiinguiig der Situation-»,
der leichte, schone, witzige Dialog und die Manier der Charak-
lerc, alles verrieth Kotz-blic. u-der die einzelnen großen Borzitge,
Uber die wenige» Fehler und über die Darstellung des Stückes,
lni nächsten Btakt.
R. L.
Nachrichten aus Breslau.
Den ri. Bovember 1804.
(Schluß.)
-ch-oncerte stnd jetzt an der Tagesordnung. Alles, was nur
irgend es »e mag, »'bl und fahrt in Eoucerlez vor 1; Jahren
mochte man hier kaum 60 Personen zahlen, die stch zu einem
solche» Vergnügen verbanden, jetzt gewiß über 800. — Für
Musik wird außerordeuklich viel gethan; alle» ist musikalisch,
die erste Gcheimderarhin so gut, als die stmoelste Bürgersfrau:
jene gebt ins Concert im Lamvenerleuchtcten Siedoukensaal, diese
im Bierhause; Mustk ist der ewige Refrain beinah' aller Fa
milien und unter einem Dutzend schöner Name» stgurircn Con
cert-Gescllschasrcn; Humanität, Harmonia, Eunomia, Apollo tc.
Aller schonen Wesenheiten liebliche Namen werden dazu ge
wählt; jeder Wochentag zählt seine »aar Concerte, die i»
Kaffee - und Bierhausern ungerechnet; und die heilige Tonkunst
scheint alles bezaubert zu haben! —
Mit einer noch inleressantern Nachricht kan» ich aber
schließen. ES hat stch, nach einer Bckamumachuug im letzten
Stück »er Schlesischen Provinzial - Blatter, eine Gesell
schaft zur Beförderung der Naturkunde und In
dustrie gebildet, die, ihrem Plane nach, so fern ihr Thu»
nicht bloßes Flgurlren ist, sehr zweckmäßig zu sein scheint und
von der, in Bezug aus Schlesien, Nutze» und Fromme» um
so mehr erwarrek werden kann, da sehr würdige Männer ihre
Stifter sind. ' ' '
Aus Gotha.
orige Woche war eine merkwürdige Anction hier, wo mau-
V
ches interessante Stück mit Erinnerungen an die Tage , »er
Vorzeit, unter den Hammer kam. Es waren Sachen aus der
Verlassen,chasr der überhosmeisterin von Buchwald, die einst
an unserm Hose die Seele des geistreichsten Zirkel» von alter
seiner Franlöst che» Kulrur war. — Die vcrwinwcke Fra» Her
zogin, die unter dem Namen eine Grast» von Rode reist, ist
den neuesten Nachrichten zufolge, mit »cm Hrn. von Zach schon
tn Paris angekommen. Der alte La lande ist vor Freude»
ganz außer sich. Der Wittrrschcn Echausvielcr-Geseuschasr ist
nun das Hofcheater im Schlosse eingeräumt werde» und sw
hak den rz, November jum erstenmal dort gespielt.
^ Aus Weimar.
»'.'tan zählt schon 94 Gedichte, die unserer allverebrken, allge
liebte» Erdprinzessin überreicht worden stnd. Es kamen darun
ter auch sehr drollige und sonbcrbargestaltete Museakiudieio zum
Vorschein. Allein die Art, womit die Großsursti» dies alles
Lllsiuiielimen weiß, würde, wie ein hiesiger großer Dichter ge
sagt haben soll, selbst Wasser in Wein verwandeln. Sie be
zaubere durch ihr himmlische« Wohlmouc» die ganze Welt. Da
sie mir der reinsten Engelgüte den höchste» Anstand und die
feinste Menschenkenntniß und Klugheit zu vereinigen weiß, so ist
sie in Absicht aus Etiguett» und Hosceremoniel stch selbst Gesetz,
uud über alle kleinliche abgezirkelte Hosordnung völlig schaben.
Sic handelt in allem rei» me n sch l ich. Die Jagerei, die bei
ihrer Einholung sich vor allen ausgezeichnet hatte, wurde auf
Herzogt. Unkosten bewirthet. Unter der Tafel ließ sie der sz-öhlichcn
Nimrods - Gesellschaft durch einen Pagen sagen, daß ste letzt die
Gesundheit »er Jäger tränke, und daun brachte st- diese Gesund
heit laut aus.
Wau glaubte allgeincin der ihrer Ankunft, daß der Erb
prinz Nicht mit im neuen Schloß wohnen, sondern die alte Für-
stenwohnung, da» Sandschaftshauk, beziehen würde. Allein »I-
«on ist ietzl d,e Rede nicht mehr. Die ganze Herzogliche Fa
milie lebt in der herzlichst«« Einigkeit unzertreniilich beisammen.
Nun erst, da der Trousseau in 8 Zimmern ausgestellt m läßt
sich feine Kostbarkeit ganz ermessen. Er betragt gewiß weit
über eine Million. Es find mehrere Service« von Vermeil,
goldne Toiletten un» unglaubliche Kostbarkeiten dabei. I» Ih
rer Charpullc befante« sich 170,000 Dukaten baar: