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Volume Nro. 240., Sonnabend den 1. December

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

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Nicht-politische Zeitung. Nro. 97. 
K, 
Au« Berlin. 
bavellnielster Weber hat für das Concert, das die berühmte 
Virtuos,» aus der Harmouica, Dtte Kirchgeßner uns Hessen 
last, de» ersten Monolog von Schillere Jungst.», von ürleans 
i» Mustk gesetzt, und eine der berühmtesten Künstlerinnen «oster 
Buhne wird ihn Lcclamiren. 
Am rysten November führte man ,um erstenmal» ans; 
„die Stricknadeln, Schauspiel in 4 Akren." 
Der mehr als »ierligiährige Baron Durlach lebt auf 
dem Lande, indes seine «wanligiahrige Frau, die er einst selbst 
erzicbcn ließ, in einer benachbarten Stadt, mit seiner Bewilli 
gung , das Cainaval genießt. Seit vier Tagen har er keine 
Nachricht von ihr erhallen. Das beunruhigt ihn, so sehr er 
auch aus ih>e T-geud laut. Seine Mutter besucht ihn, aus 
drücklich um ihn von den üblen Gerüchten, die von seiner Gat 
tin herumlausen zu benachrichtigen. Er vertheidigt sie. — Di« 
junge Baronin selbst erscheint mir ihrem Liebhaber, den sie «war 
nicht erhört, von dem ste sich aber gleichwohl manchen Verdacht 
gegen ihren Gemahl einstoßen laßt. Sie zwingt diesen lcyicn, 
ihr das Schniuckkastchen ihrer verstorbenen Mutter cinjnhaudigcn, 
und kehrt nach der Stadt jurück, um den Abend auf einer 
Maskerade zuzubringen. Höchst ausgebracht, »ringt die Sthwi.« 
gcrniuner in ihren Sohn, sich scheiden zu lassen, und dg er sich 
weigert, eilt si« fort, um selbst die Scheidung zu veranstalten. — 
Die Hinge Baronin, in der Stadt angelangt, öffnet das Schmuck 
kästchen in Gegenwart ihres Liebhabers und nndet darin — ei 
nige Stricknadeln, einen Brief Ihrer verstorbenen Mütter; hier 
mit habe ste, eine arme OsstcierSwittni«, stch und ihre Tochter er 
nähren müssen, bis sie de» cdelu Baron kennen gelernt, der ste 
großmüthig unterstützt habe; — und «inen Brief ihre« Gemahl«, 
»er ihr erst nach seincm Tode in hie Hände falle» sollte. — 
Bis letzt hatte die Baronin stch für reich gehalten, geglaubt, st» 
habe ihrcin Gatten ein eben so großes Verinoge« zugebracht, als 
er besitze, Sein Edelinurh rührt sie kies; sie saßt die besten Ent 
schlüsse i da erscheint die alte Baronin und begegnet ihr so hart, 
daß Ihr Stolz erwacht, sie Harte Mil Harte erwidert, und voll 
Kummer und Unrnhe — aus die Maskerade geht. Hier hat ste 
höchst krankende Austritte, in welche» der Liebhaber ste verläßt; 
aber eine unbekannte Maske nimmt sich ihrer an und sichert sie 
vor Beschimpfung. — Sic durchwacht die Nacht voll Ver 
zweigung. Ihr Liebhaber, der Gras Eislingen, sucht am folgen- 
de» Morgen ihre Zerrüttung zu benutzen. Ein Advokat bringt 
ihr ein versiegeltes Paket, das ste ihrem Gemahle zustellen soll. 
Sie ball es für die Scheidungsklage. Der Graf erbricht et, und 
ste stndei darin — die Abschrift des Testaments, durch das ihr Ge 
mahl ste zu seiner Univenal-Erbin ernennt. — Weiche neue 
Beschämung, oder vielmehr Zerknirrschung' Ader ihr Kummer 
steigt noch höher. Kaum hat der Graf stch entfernt, so erscheint 
die alte Baronin außer sich vor Schmerz; ihr Sohn hat sich ge 
schlagen; sic glaubt ihn todt, wenigstens verwundet. Das wirst 
eie iuoge Frau völlig ,u Boden: denn sie errath sogleich, daß 
der Baron die unbekannte Marke gewesen. So ist c» wirklich: er 
war seiner Mutter iu die Stad, »act^esolgt, um eine Ucbcrei- 
lung iU verbüken, fand seine Gattin Nicht zu Hause und ging 
ihr auf die Maskerade nach. Er kehrt zürnet, nur leicht verwun 
det. Seine Gattin unkt ihm so reuevoll an die Brust, daß auch 
seine Muiter gerührt wird, und die herzlichste Bereinigung aller 
sthlicßl da« Stuck, — das den ungeiheiltestrn Beifall erwarb. 
Der Verfasser dieses Stückes war nicht auf dem Zettel ge. 
nannt worden; aber dle glückstche Perstbiinguiig der Situation-», 
der leichte, schone, witzige Dialog und die Manier der Charak- 
lerc, alles verrieth Kotz-blic. u-der die einzelnen großen Borzitge, 
Uber die wenige» Fehler und über die Darstellung des Stückes, 
lni nächsten Btakt. 
R. L. 
Nachrichten aus Breslau. 
Den ri. Bovember 1804. 
(Schluß.) 
-ch-oncerte stnd jetzt an der Tagesordnung. Alles, was nur 
irgend es »e mag, »'bl und fahrt in Eoucerlez vor 1; Jahren 
mochte man hier kaum 60 Personen zahlen, die stch zu einem 
solche» Vergnügen verbanden, jetzt gewiß über 800. — Für 
Musik wird außerordeuklich viel gethan; alle» ist musikalisch, 
die erste Gcheimderarhin so gut, als die stmoelste Bürgersfrau: 
jene gebt ins Concert im Lamvenerleuchtcten Siedoukensaal, diese 
im Bierhause; Mustk ist der ewige Refrain beinah' aller Fa 
milien und unter einem Dutzend schöner Name» stgurircn Con 
cert-Gescllschasrcn; Humanität, Harmonia, Eunomia, Apollo tc. 
Aller schonen Wesenheiten liebliche Namen werden dazu ge 
wählt; jeder Wochentag zählt seine »aar Concerte, die i» 
Kaffee - und Bierhausern ungerechnet; und die heilige Tonkunst 
scheint alles bezaubert zu haben! — 
Mit einer noch inleressantern Nachricht kan» ich aber 
schließen. ES hat stch, nach einer Bckamumachuug im letzten 
Stück »er Schlesischen Provinzial - Blatter, eine Gesell 
schaft zur Beförderung der Naturkunde und In 
dustrie gebildet, die, ihrem Plane nach, so fern ihr Thu» 
nicht bloßes Flgurlren ist, sehr zweckmäßig zu sein scheint und 
von der, in Bezug aus Schlesien, Nutze» und Fromme» um 
so mehr erwarrek werden kann, da sehr würdige Männer ihre 
Stifter sind. ' ' ' 
Aus Gotha. 
orige Woche war eine merkwürdige Anction hier, wo mau- 
V 
ches interessante Stück mit Erinnerungen an die Tage , »er 
Vorzeit, unter den Hammer kam. Es waren Sachen aus der 
Verlassen,chasr der überhosmeisterin von Buchwald, die einst 
an unserm Hose die Seele des geistreichsten Zirkel» von alter 
seiner Franlöst che» Kulrur war. — Die vcrwinwcke Fra» Her 
zogin, die unter dem Namen eine Grast» von Rode reist, ist 
den neuesten Nachrichten zufolge, mit »cm Hrn. von Zach schon 
tn Paris angekommen. Der alte La lande ist vor Freude» 
ganz außer sich. Der Wittrrschcn Echausvielcr-Geseuschasr ist 
nun das Hofcheater im Schlosse eingeräumt werde» und sw 
hak den rz, November jum erstenmal dort gespielt. 
^ Aus Weimar. 
»'.'tan zählt schon 94 Gedichte, die unserer allverebrken, allge 
liebte» Erdprinzessin überreicht worden stnd. Es kamen darun 
ter auch sehr drollige und sonbcrbargestaltete Museakiudieio zum 
Vorschein. Allein die Art, womit die Großsursti» dies alles 
Lllsiuiielimen weiß, würde, wie ein hiesiger großer Dichter ge 
sagt haben soll, selbst Wasser in Wein verwandeln. Sie be 
zaubere durch ihr himmlische« Wohlmouc» die ganze Welt. Da 
sie mir der reinsten Engelgüte den höchste» Anstand und die 
feinste Menschenkenntniß und Klugheit zu vereinigen weiß, so ist 
sie in Absicht aus Etiguett» und Hosceremoniel stch selbst Gesetz, 
uud über alle kleinliche abgezirkelte Hosordnung völlig schaben. 
Sic handelt in allem rei» me n sch l ich. Die Jagerei, die bei 
ihrer Einholung sich vor allen ausgezeichnet hatte, wurde auf 
Herzogt. Unkosten bewirthet. Unter der Tafel ließ sie der sz-öhlichcn 
Nimrods - Gesellschaft durch einen Pagen sagen, daß ste letzt die 
Gesundheit »er Jäger tränke, und daun brachte st- diese Gesund 
heit laut aus. 
Wau glaubte allgeincin der ihrer Ankunft, daß der Erb 
prinz Nicht mit im neuen Schloß wohnen, sondern die alte Für- 
stenwohnung, da» Sandschaftshauk, beziehen würde. Allein »I- 
«on ist ietzl d,e Rede nicht mehr. Die ganze Herzogliche Fa 
milie lebt in der herzlichst«« Einigkeit unzertreniilich beisammen. 
Nun erst, da der Trousseau in 8 Zimmern ausgestellt m läßt 
sich feine Kostbarkeit ganz ermessen. Er betragt gewiß weit 
über eine Million. Es find mehrere Service« von Vermeil, 
goldne Toiletten un» unglaubliche Kostbarkeiten dabei. I» Ih 
rer Charpullc befante« sich 170,000 Dukaten baar:
	        
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