Path:
Volume Nro. 223., Donnerstag den 8. November

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

37 1 
nung auf dunkelgelbem Papier mit schwarz» Kreide. 
Klessamor und Karthon, Vater und Sohn, kämpften 
mit einander, ohne sich zu kennen. Karthon siegt, 
aber Klessamor stößt ihm meucheimörderisch den Dolch 
in die Seite; jetzt da der Jüngling sinkt, erkennt er 
seinen Sohn in ihm und stürzt verzweifelnd auf ihn 
hin; Fingal, ein Barte, und zahlreiche Gruppen — 
oder vielmehr einzelne Akademien — von Kriegern 
stehn umher. Das Bild ist. wie man sieht, gut ge-, 
dacht; dir Zeichnung der Hände, Arme, Beine, (wie 
wohl diese meistentheils gegen die ersten zu kurz sind,) 
der Waffen u. s w. ist unverbesserlich, aber die §om- 
pvsition ist verwirrt, die Köpfe sind wunderlich mis- 
rathen, die Haltung der Körper ist fast durchgängig 
unnatürlich. Der sterbende Karthon hat gegen die 
andern Gestalten ein zu kurzes Verhältniß, doch ist 
er die beste Figur. Don Klessamor hingegen würd' 
es dem Künstler lchwer werden, Rechenschaft abuile- 
gen. Der Kopf, den er ganz auf den Sterbenden 
legt, zcheint vom Rumpfe getrennt und dieser, durch 
seine unnatürlicke Biegung, in der Mitte zerbrochen. 
Nächst diesen ist Finaal die Hauptfigur: in dieser sind 
die meisten Fehler der Verhältnisse. Brust und Arme 
sind sehr breit, die Arme klein, die Beine zu schwach; 
der Kopf scheint kein Menschenhaupt. Der Barde, 
der sich mit gefallenen Händen auf eine Harfe stüzt» 
hat etwas sehr Gemeines. Die Köpfe der Soldaten 
sehen einander alle ähnlich, und der Wind haust in 
ihren Bärten saus rirae et sans raison. Auch dir 
Beleuchtung ist verfehlt: die hintersten Figuren sind 
grade so hell und dunkel gehalten, als die vorder 
sten. — Hr. Wolf ist ein so geübter und geistvoller 
Zeichner, — das geht aus dein Bilde, trotz seinen 
Fehlern hervor. — daß es sehr zu wünschen ist, er 
möge nur dir Natur fleißiger zu studiren. 
Don Hrn. Professor Lütke, diesem trefflichen Land 
schaftsmaler, sind vier Arbeiten in Oel, aufgestellt. 
Eine Aussicht ins Okerthal am Harzgebirge: sehr 
groß, sauber und fleißig vollendet; alle Holzarten gut 
charakterisirt; der Ton ein wenig Okkerfarbig, das 
Wasser im Dorgrunde nicht — naß genug; dir 
Staffage wohl angebracht und auch nicht übel aus 
geführt. Der Horizont wird durch hohe Berge be 
schränkt, wovon zwei Rücken ein Thal umgeben, das 
sich in diagonaler Richtung vom Auge entfernt: dies 
schien mir schön gedacht. Der Dorgrund ist sehr sau 
ber, da« Ganze ein herrliches Stück: — indeß macht 
es, was wohl bei den meisten Landschafts-Gemälden, 
die treu nach der Natur ausgeführt sind, der Fall ist. 
keinen bestimmten Eindruck; man vergißt die schöne 
Ausführung keinen Augenblick über den Sinn 
des Dargestellten, denn es hat wohl hohe malerische 
Schönheit, aber keinen Dichter-Gedanken. — Zwei 
andre Landschaften desselben Meisters, der Morgen 
und der Abend, sind im gewöhnlichen, sogenannten 
idealischen Stile, aber äußerst grariö» ausgeföbrt. — 
Das vierte Gemälde von Hrn. Lütke, die Mühle zu 
Glienrke bei Potsdam, hat sehr hohe Naturwahr 
heit, — nur dir Wäscherinnen, vorn am Teiche, sind 
mislungen. 
Der Donaustrudel zwischen Gravn und Ipe, — 
und der Bartholomaei - See bei Brrchtolsgaden, zwei 
große vortreffliche Zeichnungen mit Sepia von Hrn. 
Prof. Rösel. Poetischer Geist athmet in derCom- 
position. Die einfallenden Lichter auf den Höhen der 
Berge, das Transparente des Laubes, — alles, alles 
außerordentlich schön. Besonders grandios ist die 
Donau mit einem schroffen Felsen in der Mitte, und 
dem Strudel unten, wo Menschen mit großer An 
strengung einen Kahn lenken. — Einige andre 
Landschaften von demselben Meister, sind flüchtiger 
gearbeitet und von geringerm Effekte. R. 
lDie Fortsetzung folgt.) 
Ausführliche Schilderung von Zambeccari's 
Luftfahrt. 
^ (Aus Bologna.) 
Hambeccari, der eiserne Mann mit dem uner 
schütterlichen Muthe, ist wahrhaftig merkwürdig. Cr 
hat Alles, fast mehr gelitten, als ei» Sterblicher lei 
den kann: er har, im eigentlichen Wortverstande, mit 
allen Elementen gekämpft; er liegt in diesem Augen 
blicke verstümmelt, krank darnieder, und dennoch denkt 
er an nichts, spricht von nichts, als von neuen hals 
brechenden Versuchen. Da seine letzte Luftfahrt, (am 
22sien August dieses Jahrs) theil« in wissenschaftli- 
cher Rücksicht Aufmerksamkeit verdient, vorzüglich aber 
einen Menschen bei der größtmöglichen Gefahr in 
seiner ganzen Kraft darstellt, za, da man kühn be 
haupten darf: in einer solchen verzweifelten Lage 
befand sich, seit es Menschen giebt, noch kein sterb 
licher; so glaube ich, man werde gern mehr darüber 
lesen, als die magern Zeitungsberichte geliefert haben. 
Hier ist ein getreuer Auszug aus der Relation, wel 
che die hiesige Gesellschaft der Wissenschaften, (die 
eifrige Beförderen» jener Experimente,) mit ihrer 
und Zambeccari's Unterschrift hat drucken lassen. — 
Am 2isten August um Mitternacht verkündeten drei 
Canonenschüsse den Anfang des Versuchs. Der Ball 
wurde aus der Kirche stelle Acque, wo er verfer 
tigt worden, nach der nahe gelegenen Wiese gebracht. 
Er hatte zo Bologneser Fuß im Durchschnitt, welche 
etwas über zz Pariser Fuß ausmachen. Eine cirkel- 
förmige Lampe mit Weingeist war angebiacht; sie 
hatte ringsum 24 Löcher, sämmtlich mit Klappen 
versehen, um sie schnell zu öffnen, oder zu verschlie 
ßen, je nachdem die Flämmchen verlöschen oder sich 
wieder entzünden sollten. Das Gewicht der ganzen 
Maschine, sammt den beiden Reisenden und den Ge 
rathen , betrug 850 Bologneser Pfunde, wozu man 
noch so viel Ballast nehmen mußte, als nöthig war, 
um die Maschine fa st im Gleichgewicht zu erhalten, 
jedoch mit einem ganz kleinen Uebergewicht, und folg 
lich einer Neigung zum Fallen. Um drei Uhr Mor 
gens wurde der Anfang mit dem Füllen gemacht. 
Aus ftchszehn Tonnen, die im Kreise um zwei große 
mit Wasser gefüllte Kufen standen, entwickelte sich 
der Ga« und stieg gereinigt in den Ball hinauf. 
Die Direktion des chemischen Apparats war den bei- 
den wackern Brüdern, Domenico undGaetano Sgarzi 
anvertraut; durch ihre Geschicklichkeit und mit Hülfe 
der Herren Tartai ini und Fratta, gieng dieses Ge 
schäft schnell und glücklich von statten. E« war vor 
aus bestimmt, den Luftbatt bis auf zwei Drittel zu 
füllen; man brauchte tazu 3548 Pfund Zink, mit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.