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Volume Nro. 223., Donnerstag den 8. November

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

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No- III- besteht aus Briefen über die 
Schwärmerei an einen Freund, wahrscheinlich 
vom Herausgeber selbst. Dieser Aussah ist vortreff 
lich, voll Klarheit, und ein Wort zu rechter Zeit ge 
sprochen. Ich schriebe gar zu gern wenigstens einige 
Stellen daraus ab, oder noch lieber das Ganze. 
Ta der Raum dies nicht erlaubt, so empfehle ich es 
wenigstens dringend der Beherzigung unsrer jungen 
Schwächlinge, die noch immer nicht aufhören kön 
nen, mit gottselig verdrehten Augen fromme — So 
nette zu beten. Der Verfasser sagt: Schwärmer 
nehmen keine Vernunft gründe an; also ist Spott 
das einzige Mittel, sie zu bekämpfen. Aus Gut 
müthig keit modificirt er aber nachher, und gegen 
das End« der Abhandlung sucht er gar jene Thoren 
zu entschuldigen. Das ist nicht». Schwärmerei steckt 
an, wie der Schnupfen, ist vom Enthusiasmus für 
das Gute und Wahre himmelweit verschieden und 
»ine gar zu gefährliche Sache, und: Salus reipublicae 
suprema lex esto; also bin ich der Meinung, daß 
man um de» gemeinen und selbst um ihres eigenen 
Besten willen, einzelnen Narren durchaus keinen Par 
don geben müsse. Dir Satire ist eine schmerzhafte, 
aber wohlthätige Operation, und am rechten Orte 
angewandt, aller Ehren werth. 
No. IV. Der Troubadour, oder die feier 
liche Sihung des Gerichtshofes der Liebe. Eine 
Dichtung, zum Theil nach dem Provenzalifchen. Den 
Stoff dieses Gedichts nahm der Verfasser größten- 
theils aus dem Troubadour par Fahre d’Olivct 
(Paris 1Ü04); er bearbeitete ihn aber sehr frei, und 
wie ich hinzusehen muß, mit Einsicht und wahrhaft 
dichterischem Geiste. Die kleine romantische Rhap 
sodie ist vortrefflich. 
No. V. oder Familiengespräche, enthalten 
die sehr rührende Geschichte einer alten Jungfer 
von — August Mahlmann. Der Derf. des Herode» 
und der Maske, scheint sich also bekehrt, und seine 
Kreuz- und Queerzüge zu Vertilgung des Rührenden 
in der Literatur, eingestellt zu haben. Ich gratulire. 
Indeß steht ihm da» Sentimentalisiren weniger, als 
da» Scherzen. Beide unterscheiden sich, bei ihm, 
wie Krankheit und Gesundheit. Zudem ist seine alte 
Zungftr, die aus Ehrfurcht gegen den Willen eines 
todten, und noch dazu einst w ah n sin n igen Vaters, 
ihr ganze« irdisches Glück aufopfert, nicht eine Hel 
din, sondern eine Närrin. — Zwecklose Opfer 
haben keinen Werth und beweisen blos, daß der Dar 
bringende seine« Verstandes nicht recht mächtig ist. 
Noch ein Wort zu rechter Zeit spricht in No. 
VI. ein Ungenannter über die neuesten Theorien der 
Erzirhungskunst. Er behauptet oder vielmehr er be 
weist: Pestalozzi'« Methode sey blos anwendbar für 
Kinder der Landleute, die in Masse erzogen werden 
müssen, und keiner Talente bedürfen, deren Gegen 
stand etwas Höheres ist, als Broderwerb. — 
Die letzt« Nummer, Züge aus der Geschichte 
de« weiblichen Geschlecht« enthaltend, ist eine 
wahre böse VII. Der Verf. versucht spaßhast 
zu seyn, weiß aber nicht recht, wie er das anzufan 
gen hat; auch sind die Dinge, die er verhandelt, 
eben nicht sonderlich bedeutend. Schlecht ist indeß 
auch dieser Aufsatz nicht grade, nur weniger gut, al« 
die übrigen. K. Heinr. Leop. Reinhardt. 
Bericht über die Kunstausstellung 
jir Berlin. 
(Fortsetzung.) 
err Kimpfrl hat eine colorirte Zeichnung, die Figu 
ren 8 Zoll Proportion, aufgestellt, das unter Oelge- 
mäwen ziemlich nachtheilig erscheint, aber in der That 
mancherlei Verdienste hat. Der Inhalt ist: Kaiser 
Karl V., vom Cardinal Granvella, dem Herzog Alba 
und vielen Deutschen Fürsten umgeben, sitzt im freien 
Lager zu Gericht. Er hat eben das Todes-Unheil 
über den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen 
gesprochen, und Kurfürst Joachim von Brandenburg 
steht auf und protestirt dagegen. Dir Figuren sind 
all« recht brav, voll Charakter und Leben: — kräftige 
Deutsche Männer. Die Köpfe sind besonder» sauber 
ausgeführt, nur stecken sie bei manchen zu tief 
zwischen den Schultern. Der Kurfürst Joachim ist 
eine schöne Erscheinung. Dem Cardinal sieht man 
dir lebhaftere südliche Natur an. Die Anordnung ist 
meistentheilr gut, dir Linien - Perspektive scheint mir 
richtig, aber Abstufung von Licht und Schatten, nach 
dem Maaße der Entfernung, ist nicht vorhanden. 
E« ist sehr viel Imagination in dem Bilde, — da« 
Vollkommenste was Herr Kimpfel noch geleistet hat. 
Petrus wird von dem Engel, der allein das Ge 
fängniß erleuchtet, an den schlafenden Wächtern vor- 
übergesührt, — von Hrn. Kuhbeil. Da» Ganze macht 
eine angenehme Wirkung, aber da der Engel und Petrus 
ziemlich weit im Hintergründe stehn, folglich die dunkeln 
Gewölbe als Hauptgegenstände hervortreten, glaubt man 
fast nur eine gut berechnete und geschmackvoll ausge 
führte Theater - Dekoration zu sehn. Bei der großen 
Hondhorstischen Ausführung desselben Süjet«, das 
zu Wien im zweiten Saal der Niederländischen 
Schule hänge, stehn dir Figuren ganz im Vorder 
gründe folglich sieht man die Gesichter deutlich, da« 
Gemälde wird historisch und da« Forkdrechen der Licht- 
stralen in den weiten Gewölben, thut einen wunder 
baren Effekt. 
Karthon und Klessamor, von Hrn. Wolf, eigne 
Composition nach Ossian;— eine sehr große Zeich-
	        
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