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Nro. 217.
D e r
Dienstag,
Ernst
Freimüthige
den 30. Oktober.
ch e r
z.
Literatur.
Blumen aus der Lateinischen Anthologie, von
Otto Grafen von tzaugwitz. Breslau, bei
Barth. (Taschenformat.)
bgleich sich keine Lateinische Anthologie sammeln
läßt, die einen Vergleich mit der Griechischen aus-
hält, — so ist eg doch immer ein verdienstliches Un
ternehmen, auch was der Römische Boden an leicht
übersehenen, aber gewürzhaft duftenden Blümchen
hervorbrachte, in den Garten der Deutschen Sprache
zu verpflanzen. Der Hr. Verfasser dieser Anthologie
hat eine gute Auswahl getroffen und mcistentheil«
gut übersetzt. Zur Probe Folgendes: —
D i e bekränzte Nymphe.
Sieb, Ut Rnmohe Gelock mit grünenden Zweigen umwunden,
Selber liebend, erfreun Liebender Thränen f,c auch.
Bögel rauschet der Zweig, und Liebende lauschet die Ngmrhe,
Sol» allmächtiger Reiz wohnt in der holden Gestalt!
Ich, mit meinem Gezweig, sttrach Myrrha; — mit Feuer, Edader;
Ich, in der Fluch 1 Arethusag— und ich im Brunnen ihn: Biblis. —
Und, sprach Amor erwacht, und ich? — Ich stiege von dannen!
Di« geheime Brieftasche. Erstes und zwei
tes Bändchen. Berlin und Leipzig, 1805.
Elisa Bürger, die so traurige Erinnerung an
Bürgere theuerm Leben, liefert mit dieser so genann
ten geheimen Brieftasche ein neues sehr ungeheimes
Produkt ihrer sein-sollenden Poesie, das seine Matt
heit und Gehaltlosigkeit nur, in der duft-und kraftlo
sen Reihe papiernen Weßgutes mit fortschwemmen
kann. Die geheime Brieftasche , in der man
cher Wunder was! zu finden wähnen mag, enthält
nichts anders, als einige flache Frauenzimmer-Brief-
lein , einige Declamationen und Reise - Ansich
ten, und Gedichte von und an Elisa, und die letzten
(an Elisa) sind so panegyrisch und dabei so gehalt
los, daß nur weibliche Eitelkeit vermochte, sie nicht —
geheim zu halten. Bester wär' es immer gewesen,
das Ganze wär' ein ewiges Geheimniß geblieben! —
Amor.
Unter Mvrlhengejweig, auf thauigem Rasen gcstrecket,
Lag Cvtherens geflügelter Sohn in fesselndem Schlummer;
Sieh, da wallten hervor, aus Plutos dunkler Behausung,
Die er, mit brennender Gluth, im Leben geveinigt, die Schatten.—
Phädra zuerst: Sieh da! mein Schütze; laßt uns ihn binden!
Schneidet dem Peiniger ab die Locken! wüthete Scvila.
Tausendfältigen Tod dem Buben! Medea und Procne.
2a: wir ermorden mit schneidendem Echwerdt ihn! Tanan«
und Dido;
Poetische Schriften, von Samuel Gott
lieb Bürde. Zweiter Theil. Breslau, bei
W. G. Korn 1805.
Ungezwungne Heiterkeit, zarte, nickt hohe, aber
herzliche Kraftäußerung und eine natürlich - leichte
Correctheit charakterisiren diese Gedichte. — Sie
sind in zwei Bücher getheilt. Das Erste enthält:
Elegien nach dem Englischen, welche anmuthige