Portrait de Mademoiselle 111*
Fleur, fraichement eclose,
Image du printems
Beau lernt, beuche de rose.
Qui no dit pas grand’ chose,
Pouitant en virtuose
8ait sourire aux am ans. —
Julie de B . .. ia.
Nicht-politische Zeitung. Nro. 72.
DaS Prager Schauspielhaus und sein Vorhang.
Merkwürdigkeiten.
'^ttt Jahren schon beseuszte das Publikum die geschmacklos«
Decorirung des äußern Echanolgtzes, und ieder Mann von
Geschmack mußte einliinimen. Auf jeder Loge wiege» sich, in
einem Korbe von Rosen umgebe», zwei Taube» von kolossale»
Korvcrbau, und vcnchasren durch ihre Individualität dem Mu>
srnrcmvel. den ehrenvollen Beinamen des großen Taubenhauses,
zu bellen Wachter man im vorigen Jal>re eine höchst Miglück-
liche Darstellung des Böhmischen Löwen« bestellte, der über der
Mitte des Portals befestigt ward. Eine beträchtliche Anzahl
im heterogensten Geschmack auSgezierter, mit Gold und Silber,
PlatfondS, Wolkenvorhangen und allen Farben des Regenbö,
gens »rangeuder Logen. streben »je anspruchslosen, ungeschmuck«
ten Schwestern zu verdunkeln; in ihrer Mitte brüstet sich die
gerauniige Hostoge, in weiß und rothem Sammt, mit einer
versilberten Coric des Böhmischen Wavvcns. und ei» gri'chmack»
loser Vorhang, — eine Colonnade von grünen Kaulen und
einigen karikirten Statuen, — vollendet den widrigen Ein
druck, den dies« bunte Mischung auf jeden Menschen von nicht
ganz verderbtem Geschniack hervorbringen muß.
Unter den Vorbereitungen aus die Ankunft des Monarchen,
teichnete «ich die Sorge für den Glanz des Theaters besonders
aus. Der Hofmaler Plager war» hl-her berufen und stellte
uns einige Dekorationen her, weiche ihm einen lange dauern
den Ruhm sichern, und sich mit ienen der größten Bühnen
Deutschlands mellen könnte«, wen» uicht die Unwissenheit des
Dccorat-urS, und der Mangel an untergeordnete» Arbeiter»
eine Unordnung verursachte, welche man kaum einem Reben-
tbeater verzeihen könnte. Selten erscheint ei» Park, ohne daß
man die Cramois, > Gehänge des Prunkzimmers sich in frikdli-
chrr Eintracht an die Wolken schmiege« sahe, welche ihrerseits
auch die massivsten Kerkergewölbe durchdriugen, um den armen
Gefangenen mit ihrem lieblichen Anblick zu erfreuen; ja oft
attachirt stch ein Gemach so sehr an da« Publikuni, daß es
einige Minuten auf halbem Wege verweilt, und sich standhaft
weigert, den Augen des Publikums zu entschwinden.
Um aber »cm Monarchen auch des äußern Schauvlayes
Blöße nicht bemerken zu lassen. ward ein neuer Vorhang nach
der Angabe »es Hrn. Acadcmikdirector Perglcr von Herrn Frie
drich Reinbold aus Dresden gemalt. Hrn. P. sollte zwar an
fänglich das ganze Werk übergeben werden, aber der stolze
Künstler forderte eine be»eutcndcre Summe, als man zu geben
gesonnen war, und wollte überdies feinen, Genie keine Zeit be
stimmen lassen. Die Zeit des Lustlagers rückte heran, wo das
Schauspielhaus mit seiner neuen Korttne »rangen sollte; Herr
P. erhielt für die Skizze de« Tableaus 500 Fl. und Herr R.
verfertigte in möglichster Eil darnach die« Kunstwerk, welches
wohl schwerlich feinen Namen der Unsterblichkeit übergeben
wird.
Trotz dem, erreichte der neue Vorhang feinen Zweck, das
Publetum, feit langen Jahren gewöhm, nur Zerrbilder an die
sem Platze zu sehen, begnügt stch mit dem mittelmäßigen Ta
bleau , welches auf den ersten ftüchtigen Anblick keinen üblen
Eindruck macht; aber auffüllend, sinnlos und alle Wirlnng
vornieliten» ist die Allegorie des Vorhangs, welche ich nage-
säumt mittheilen muß.
Auf eine», Pirdestal stoßt et» wohlgenährter s böhmischer)
Löwe, — «an, das Eegenbü» dwl-nigcn der en Medaillon
über ihm thront, — und die Sstntzgöttinnen der drei Prager
Städte l?> nebst der Flußgöttinn Moldau, laden den Thesen«,
zu dessen Füßen sich der überwundne Minotaurus krümmt, ein,
am Fuß der Bildfaule Platz ,« nehmen. Auch die Musen zol
len dem Heros den Tribut ihrer Bewunderung; drei derselbe»
beschäftigen stch um ihn: Terostchore bekränzt ihn, Calliope
kniet zu feiner Linke», und Thalia — statt der Larve eine»
abgehauenen Grcifcnkops als Attribut tragen», — steht glcich-
inmhig nebenbei.
Die übrigen Musen nebst dem Genius der bildenden
Künste, stehen in einiger Entfernung, Klio an ihrer Svitze, die
mit nichtssagender Miene einige Blatter in »en Kreis ihrer
Schwestern wirft. — Die gedruckte Erklärung der Allegorie
nennl ste Ealiiooe, »bfchon sie vorher die Muse »er Beredsam
keit an Thesen« Eeitc fetzte.
Zur Rechten des Löwen erhebt stch ein «aldigte« Ge
birge, in welchem Reib, Zwietracht, Zorn, Dummheit «nd
einige andere Lasten ihren Wohnsitz aufgeschlagen haben; aber
Hercules, Minerva und Zeus Adler, mlt dem Donnerkeile fei
ne« Gebieter« bewaffnet, verjagen die ungcbetnen Gäste und
stürzen ste in scheußliche Abgründe.
Im Hintergründe erblickt man die Svitze des Prager
Schloßthurmes, und oberhalb desselben schwebt Phöbus auf fei-
nrm Sonnenwagkn, von einem matten falben Licht umgeben,
welches baldigen Regen zu verkünden scheint. — (Der Him
mel bewahre unsre Bühn« »or einer uebcrfchwemmnng.) Horen
umlanze« den Wagen des Sonnengottes, und Chrono« —
schamhaft im Winkel der Korttne verborgen, — schwingt dtn
Ctritt der uneiidltchkeit, indem fein Mantel die Zukunft —
verdecken soll.
Kau» es wohl ttn bizarreres Enfentble gebe«? — Ist The
sen« ein Brichutztr »der Borsteher der dramatischen Kunst, oder
qualistzirt ihn sein Sieg über den Minotaurus dazu? Wer hat
Hrn. P. das Recht gcgcbcn den Mythus der Schuygoittnneo
der Prager Altstadt, Neustadt und Klctnstttc, der Römischen
Eotterlebre einzuverlttben? I« welcher- Verbindung steht der
Böhmisch« Löwe mit dem Sonnengott, der Schioßthurm mit
dem Muse«»or?
Diese und tausend andere Fragen würden Hrn. P. wohl
etwas schwer zu beantworten fein, — doch genug von der An
lage, und nur «och einige Worte über die Ausführung.
Herr R. ist in Hinsicht der Korpulenz mit den armen
Musen sehr stiefdaterllch umgesprungen, aber bekanntlich nimmt
man es btt gelehrtcn Dame« damit nicht so genau, und was
er ihnen entzog, vertheilte er höchst gewissenhaft unter Pragas
Schnhgotiinnen, — sehr analog: denn es ist ancilanni, daß
Böhmens Bewohnerinnen an Euibonpoint alle Frauen der an-
grantende» Länder weit übertreffen. Die Horen, die den Son»
nenwagen umgeben, flirr die geglücktesten- Gestatten des Tableaus;
ans ihnen allein verweilt das Auge n»t V-rg»i,gen.
Ich war diese unvarkttif-k-e Skizze, dein guir« Geschmack
schuldig, und es wurde mir sehr «nangeiiebm fein. wen« die-
sttbe dem guten Rufe de» Hrn. R. nachtheiiig sein sollte; er
ist ein noch langer Mann der o,el>eicht »erricht na» fort«« eh
re» Studien, und btt mehrerer Maße, bedeutendere Kunstwerke
zu titter« im Stande fern wird, als dieses, dessen größte Man
gel nicht cniinal ihm zur Last fnUen können, da er ats Erecn»
tor nur passn» au »er Allegorie Thtti »ahm.