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Volume Nro. 208., Donnerstag den 18. Oktober

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

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lehrten *) Jungfrau Catharina, als Braut Christ,, 
indem das Chrisiuskind ihr einen Ring an den Finger 
steckte, oder ob es Catharinas Aufnahme und Beloh 
nung im Himmel darstellen soll, veraiaz ich nicht zu 
entslyeiden. Maria schwebt sitzend auf einer Wolke, 
und das auf ihrem Schooße ruhende Christuskind 
steckt der vor ihm knienden Catharina an einen Fin 
ger der ihm dargereichten Hand einen Ring. Zur 
sinken dieser Gruppe stehen drei, zur Rechten ein 
Engel, die der Handlung mit Anbetung, Verwunde 
rung und Ehrfurcht zusehn, oben in den Lüften 
schweben noch fünf andere, und im Vorgrunde rechts 
liegen Rad und Schwert, als Attribute von ^Catha- 
rina's Manyrihur», die es andeute.», daß Sie es 
ist, die hier kniet. Wahrscheinlich waren beiden Künst 
lern die Gegenstände, die sie behandeln sollten, höhe 
ren Ortes angegeben, und man sieht leicht, daß schon 
in dieser Hinsicht Fügern der beste Theil ward. 
Maurers Idee bei der Darstellung scheint 
sehr gut gedacht, und in Gruppirung der Hauptfigu 
ren auf die gefällige Pyramidalform berechnet gewe 
sen zu seyn, wodurch, wenn der Künstler dabei ge 
blieben wäre, das Ganze gewiß gewonnen, und der 
Charakter der gefälligen edlen Einfachheit hervorste 
chender geblieben wäre; ich meyne, wenn bloß Maria 
mit dem Kinde, Catharina, und zu jeder Seite ein 
Engel den Grund ausgefüllt hätten, und oben allein 
die Gruppe der drei schwebenden Engel geblieben 
wäre. Die dreiEnael zur Linken, besonders der große 
mit den großen Flügeln stören den Anblick, und he 
ben das schöne Einfache jener Gruppirung auf. Die 
kniende Catharina selbst ist eine treffliche Figur, tag 
Gesicht sehr schön, Anbetung, Ehrfurcht und stilles 
Entzücken ist der Ausdruck. — Es ist en profil 
gezeichnet, der Antike nachgebildet, und der Kopf 
mit einer Krone bedeckt. Das untere Gewand ist 
weiß, der Mantel dunkelgelb von guter Wirkung. 
Sehr gut ist die dargereichte Hand und der Schat 
ten des gehobenen Arines. Die Stellung der Maria, 
die vertraulich die Hand auf Catharinas Schulter 
gelegt hat, ist gut gewählt, und das Kind in der 
Mitte einigt das Ganze zu einer schönen Gruppe. 
Zn Marias Kopfe aber fehlt die göttliche Hoheit; das 
Christuskind ist zart und lieblich. 
Das Colorit ist schön, hell und glanzend, die 
Farben aber scheinen bei weiten- starker aufgetragen, 
und nicht so fein und gut verarbeitet zu seyn, wie 
bei dem von Füger. Maurer hat gewiß seinem 
großen Rival gegenüber alles aufgeboten, und in der- 
That ein schönes Werk geliefert; aber ich glaube doch, 
daß man die Verschiedenheit und das Nachteilige in 
der Wahl des Gegenstandes auch abgerechnet, den 
noch nicht lange bei der Ertheilung der Palme 
schwanken wird. Beide Stücke indeß gereichen der 
Capelle zur wahren Zierde, jeder Liebhaber der Kunst 
wird sie mit Freude betrachten, und dir Nachkom 
men werden es nach Jahrhunderten mit den Empfindun 
gen, womit wir jetzt die Meisterwerke der Alten, sehen. 
Künftig, lieber verspreche ich, Sie zur Ab 
wechselung und zur «Lchadloshaltung vielleicht, mit 
etwa? anderem als Kunstsachen zu unterhalten. — 
Sie überwand „ach »er Legende in einen, gelehrte» 
Streite rieten Meister der Weisheit. 
UebrigenS klagen die hiesigen Künstler, wie fast 
allenthalben, sehr über ungünstige Zeiten für die 
Kunst. Ungegründet mag die Klage nicht seyn, am 
nieisten und am nachtheiligsten für die Kunst selbst, 
aber trifft dies junge Künstler, denen es an Auf- 
munterung und reelle unterstützende Belehrung fehlt. 
Von den hiesigen Kunsthandlungen beschäftiget jetzt 
das Industrie- Comptoir von Schreyvvgel und Son- 
nenlcitner die meisten Künstler, wovon viele, auch 
Pichler, für dasselbe arbeiten. Auch haben wir bald 
ein sehr schönes Blatt nach Annibal Carrachi, die 
Unterredung Christi mit der Wa»erfchöxferin am 
Brunnen, wovon sich das vortreffliche Original auf 
der hiesigen Gallerte befindet, von einem jungen sehr 
geschickten Künstler, Namens Reche, in Kupfer ge 
stochen zu erwarten. Ich habe die Zeichnung defiel- 
ben mit wahrer Freude gesehen, und müßte noch 
sehr viel sagen, wenn ich zu seinem Lobe sprechen 
wollte. Ich wünsche dem Blatte, wenn es erscheint, 
recht viele Käufer und bin überzeugt, daß jeder sich 
über den Besitz desselben freuen wird. 
C—ö. 
An Jünglinge. 
lieht die ianbrisch-schmeichelnde Sirene, — 
Flieht die Wollust! Ihre Himmelstös.e 
Locken rum Verderben hin; 
Ins Verderben winkt das „liide schöne 
Auge der Betrügerin. 
Kosend, sanft umwindet sie die Sinne, 
Aber raubbcgierig, wie die Spinne 
De» im Ney erhaschten Fang; 
Ach! und was Euch Melodie der Minne 
Dünkte, war — ein Grabgesang. 
TropsenweiS entsaugt ste den Gebeinen, 
Ungerührt bei», Angstgrstöhn und Weine« 
Ihres Opfers, Saft und Mark. — 
Lüstling! bald ein Schatten wirst du scheine«, 
Warst du gleich dem Löwen stack. 
Greisesrunieln furchen Deine Stirne, 
Und im Schädel trocknet das Gehirne, 
Schwelge nur noch kur;e Zeit; 
Schon bist Du im Arm der feilen Dirne 
Zur Denvesung eingeweiht. 
Der Verdammte« Angst jagt aus der Mitte 
Dliiiir Lüste Dich» — mit irrem Tritte 
Fliehst dem Kain ähnlich, Du 
Vor Dir selbst und ach! mit jedem Schritt« 
Näher dem Verderben iu. 
Selbst Erinnerung an teßre Freuden 
Wird Dein He« nicht fürder weiden ( 
Denn auch Deine Seel' erschlaff». 
Und Dein Loos ist niinennbares Lridcn 
Mit dem Schwinden jeder Kraft. 
Stiehlt ei» stecker Sprößling Deiner Lenden 
Sich in's Daseyn, — o! so muß er schänden 
Den, der ihm das Leben gab; 
«s ist Finch ;ür ihn au« solchen Hände», 
Und sein Schicksal frühe« Grab. 
Frühes Grab ist, Lüstling! auch das Deine, 
Ach! und guter Seelen klagt Dich keine» 
Schaudernd, mit lerrißner Vrust, 
Wallen einst zu Deinem Leichensteine 
Nur — die Opfer Deiner Lust.
	        
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