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Volume Nro. 198., Donnerstag den 4. Oktober

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

—- *7° — 
Verfasser schildert ihn mit Unrecht kalt und wei 
se,) war nicht der Mann dazu, sie zu entwerfen. 
Ter Verfasser hat dies offenbar nur ersonnen, 
um Koriolan einige Aehnlichkeir mit Tümouriez zu 
geben, und — dadurch vollends feinem Buche das Sie 
gel der Nichtigkeit aufgedrückt. Er ij^auch überhaupt 
so siüchtig in dem Studium der Geschichte Korio- 
lans verfahren, daß er von dem Tribun Lucius Zu- 
nius Brutus, dem Feinte des Kvriolane, und von 
dem Zunius Brutus, der Tarquin vertrieb, wie von 
Einer Person spricht. — Tas Leben dev Generals 
Dümouriez ist großteniheils aus den Memoiren des 
selben gezogen, deren Glaubwürdigkeit eben nicht sehr 
groß scheint. 
Uebrigens ist das Buch, wie gesagt, recht gut 
geschrieben. Will man eü lesen, so wird man viel 
Unterhaltung dabei finden, aber man wache über 
sich, daß man ihm nicht mehr Glauben beimesse, als 
jedem andern historischen Romane. 
R. L. 
Archiv für Lächerlichkeiten. 
AuS Reval vom 5. September. 
bekannte Schauspieler Kaffka in Riga giebt, 
in Gesellschaft eines hiesigen Schauspielers und 
noch zweier anderen Schauipicler in Petersburg, ein 
Archiv für Lächerlichkeiten heraus; worin sich 
diese Leute fast auf jeder Seite darüber beklagen, 
daß der Schauspielerstand so wenig geachtet werte! 
Eine solche Klage findet sich auch in dem jetzt eben 
erschienenen September-Heft, worin sich der hiesige 
Schauspieler B. hinter die Maske eines Reisenden 
versteckt hat, um desto unerkannter seinen Groll ge 
gen Reval auszulassen. Aber sein werthes Zch spielt 
in diesem „FragmentarischenProspect überReval" — 
was es so ge, ne auch auf den» hiesigen Theater 
möchte, — die Hauptrolle. Er tadelt es mit großer 
Bitterkeit, daß die Schauspieler hier so wenig Zu 
tritt in Privat Häusern haben, und reißt besonders 
den Theater-Geschmack herunter, sagt unter andern, 
daß die Revalenser, bei ihrem ohnehin natürlichen 
Phlegma, io kaltblütig gegen das Theater wären, und 
daß sie das unerträglich Schlechte für vortreff 
lich hielten, — daß es lange dauern würde bis sie, 
trotz ihrer Anmaßung, reine Kunst-Beurtheilung er 
langen würden. Aber nicht das Thearer allein, son 
dern auch die Lebensart der hiesigen Einwohner hat 
rin Gegenstand seines Eifers seyn müssen. Er wirft 
ihnen Ziererei und altmodische Feierlichkeit, Stolz 
und Mangel an Geisteokultur vor. Seile 207 heißt 
es: „ Und wenn man versichert ist. daß reelle Aus- 
„bildung immer gesellig niacht, daß sie wenigstens 
„Theilnahme an gebildeten Ausländern zuläßt, so 
„möchte man die Zurückhaltung, die gänzliche Abge- 
„ storbenheit in diejem Punkte mehr der Desorgniß 
„Bloßen zu geben, als dem Bewußtseyn unbezwei- 
„feiler Ueberlegenheit zuschreiben." 
Mit welchem Recht kann sich wohl Jemand, der 
sich ohne allen Grund dergleichen beleidigende 
Angriffe öffentlich erlaubt, darüber beklagen, daß 
er so wei.ig geachtet werde? Dieser Zug liegt aber 
im Charakter des Tr 0 ß es mittelmäßiger Schauspieler. 
Selten verdient einer, daß man auch außer dem 
Thegter von ihm Notiz nimmt; aber noch seltener 
findet man einen, der es nicht mit unerträglicher An- 
rnaßung pratendirte, und — auf den Kaffeehäusern 
noch im Kothurn Billard spielte. Daß der Schau 
spieler B. gleichfalls in diese Klaffe gehöre, hat er — 
wenigstens in seinem hier gerügten Praspect von 
Reval gezeigt. Sein Gemälde, wozu Galle und 
böses Blut die Grundfarben abgegeben haben, be 
darf indeß keiner beiondern Würdigung, weil cs in 
einem Winkel aufgestellt ist, den keine Sonne der 
scheint. Der allgemein-öffentlichen Rüge aber durfte 
eö nicht ganz entzogen werden, weil hie und da viel 
leicht ein Fremder zum Nachtheil einer Stadt, wel 
cher sich mit Wahrheit nichts so Schlimmes nochsa 
gen läßt) irre geführt werden könnte, wenn ihm 
irgend ein Zufall einmal das'^angezogene Schaufpieler- 
Zournal in die Hände brachte. — 
tz. G. 
Beispiel schleichender List. 
(Fortsetzung. Siche Nr. 184.) 
^)er General ist ein äußerst merkwürdiger Mann, 
und eben derselbe der in Oesterreich undBaiern, un 
ter Joseph und Maximilian, so thätig war. Er 
spricht Deutsch, Latein, Französisch, Italienisch, Pol 
nisch mit gleicher Fertigkeit. SeinAeußeres hat dar 
Gepräge der Demuth, eine wahre Mönchegestalt mit 
einer reprefentirenden Corpulenz, ohne unbehüflich zu 
seyn. Das Gesicht ist voll, glatt, glänzend und ohne 
besondern Ausdruck. Nur das lebhafte Auge verräth 
den Mann von Speist, und sein umschauender for 
schender Blick den Menschenfphäher. Sein Eintritt 
in ein fremdes Zimmer ist äußerst charakteristsich. 
Die Hände über dem Bauche zusammengeschlagen, 
die Miene lächelnd und voll Salbung, die Haltung 
des Körper« etwas vorgebeugt, kein fester Tritt, son 
dern ein Schleichen, bei dem die Sohle des Fuße« 
nie von der Diele sieb erhebt, ein Blick der zwar 
nur einen Augenblick bei jedem einzelnen Gegenstand« 
verweilt, dem aber auch keiner entgeht und der vom 
Bedienten an, welcher das Zimmer eröffnet, bis zu
	        
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