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Volume Nro. 196., Montag den 1. Oktober

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

dersticken zu einer so vollkommen eönen Flache gear- 
beitet, daß eine größre Ebenheit nicht wohl möglich ist. 
Außer den Gebäuden und Festungswerken findet 
man auf der obern, stark mit Erde bedeckten Fläche 
des Königssteins auch Gärten, Felder und einen 
Wald, welcher letztere nicht bloß zur Versorgung der 
Garnison mitDrennholz, sondern auch zur Deschützung 
der Gebäude vor den oft sehr stürmischen Norbwin- 
den, und zu einem angenehmen Spaziergange dient. 
Als Festung ist übrigens der Königsstein nach 
dem Urtheil der Kenner zwar im Innern vortrefflich 
eingerichtet, aber nicht unüberwindlich. Denn er 
kann von dem gegenüber stehenden, ihn bcherrfchen- 
den, Lilienstein beschossen werden, wenn man anders 
Kämmen auf diesen Lilienstein zu bringen wüßte. 
Ich würde hier meine Mittheilungen über den 
Königsstein schließen, wenn ich nicht glaubte, daß 
einige hier vorgefaUne kleine Begebenheiten, durch 
deren Erzählung der Führer die Fremden zu unter- 
halten pflegt, auch Dich interessiren würden. Hier 
find sie. Zu Königs August des Großen Zeiten ward 
in der sogenannten Friedrichoburg ein Fest gegeben. 
Ein berauschter Page steigt, in der Meinung aus 
der Thür zu gehn, zum Fenster hinaus, und legt sich, 
feinen Rausch auszuschiafen, auf einen, kaum zwei 
Nicht-politisch 
Winter-Zeitvertreib in St. Petersburg. 
zog!» August. 
Zuteil Scvrember. 
d,on lächelt Helios kälter auf NuthciiienS Auren herab 
und der rauhe Nord treibt die Bewohner Petersburgs in die 
geselligen Mgner» zurück, worin er sie den größte» Theil des 
Jahres hindurch einschließt. Daß es an eine«. Orte wie Petrrs- 
durg, nicht an Mittel« fehlen wird, sich diese Gefangenschaft er- 
träglich i» mach-n, ist leicht zu denken, und t» der Thar läßt 
hch'S gant gut darin ausd.ruern. Drei Theater und sechs Klnb- 
ve» außer den Lvnzerten und öffentlichen, geschloffenen und Pri- 
vatbaltw nebst einer Maskerade, überheben leben der Verlcgeu- 
heit, wie er die laugen Alande zu! ringen soll. Die Theater s,ud 
hinlänglich bekannt, weniger die Klubdcn, »nd hoffentlich wird 
cs rem Leser nicht unangenehm st«n, auch diese kenne» zu 1er» 
, ra sie drm Beobachter manche intercffante Einsicht ge 
währen. 
In, Range der erste, nicht der ZÄ1 seiner Mitglieder, son 
dern ihrer Bedeutendheit wegen, ist der musikalische Klubb. Alles 
was ans den Namen große Welt Anchruck macht, darf dorr 
nickt fehlen, wo der Monarch und der Großfürst sollst als Mit 
glieder eingeschrieben stnd. Dieser Klubb wurde vor ungefähr 
fünf und iwanrig Jahren gestiftet erlitt durch eine «beigeordnete 
Verwaltung eine gänzliche Austösiing in den letzten Negierniig»- 
jahren Eatharinciis, »nd wurde nach mehrer» Jahren,unter 
Kaiser Paul nach seiner gegenwärtigen Verfassung wieder her 
gestellt, unter dem Name» der in u si k aI i fch e n G e sc li sch a st, 
da bekanntlich der Name Klubb durchaus verbannt war. Der 
Sonnabend ist eigentlich der' Tag, au weichem stch dir zahlreich,- 
glänzende Versammlung einnndek, um entweder durch ein Con; 
itvt ober durch eine» Bail den Abend ,u kürze». Au den hohe« 
KronSscgen üb gewöhnlich Ball. Daß zu den Conzertc» nur 
die berühmtesten un» geschicktesten Künstler zugelassen werken, 
versteht stch ungesagt, Giornovichj- Rode. Feder. 
Dclvhino <der tresticke Violoncellist-, Magiorletli, 
Ranioni sind gegenwärtig die bodcukendsteu Namen. An» 
Mad, Mara zierte ein Conzert mit ihrem Meistergcsanac. 
Das gegenwärtige Local ist ganz einer solchen Gesellschaft ange- 
Fuß breitm unö -noch dazu «öschüssigen Absatz des 
steilen Felsen. Der König, der^diee bemerkt, laßt 
ihn zur scherzhaften Strafe, mit Stricken binden und 
in d>e Tiefe senken, wo denn der Page beim Erwa 
chen nicht begreift, wie er dahin gekommen sey. Je 
ner Absatz heißt seitdem tzaS Pagenbette. — An einer 
andern stelle stürzte eine unvorsichtige Amme mit ei 
nem Kmbe hinunter, und war selbst sofort des Todes, 
während das Kind unbeschädigt blieb. — Wieder an 
einem andern Fleck, iJctttm ein gefangener Schorn 
steinfeger an einer senkrecht hinablaufenden Spalte 
nüt bloßen Handen hinunter, und kam freiwillig 
wieder herauf.— Noch an einer andern stelle ließen 
sich im siebenjährigen Kriege zwei waghälsige Solda 
ten an dem zerschnittenen und zusaniuiengehesteten 
Riemzeug ihrer Mondirung hinunter, und entkanien 
glücklich. — Aus einer S chießfcharte endlich fiel ein 
Klurbe, ohne Schaben zu nehmen, in Gegenwatt 
feines Vaters von dem Felsen in die Tiefe hinab, 
und rief im Fallen sehr naiv dem nur Grausen und 
Eulsetzen zusehenden Vater zue Vater, werde Er nicht 
böse! Ich that's nicht vorsätzlich. 
lind nun genug vom Kdnigsstein! und vielleicht 
schon übergenug für heute. 
(Die Fortsetzung folgt) 
e Zeitung, Nro, 55, 
messen. Cs ist das ehemalige Hotel des bekannten Sencrat- 
Pvoeureurs unrer Panks Negierung, des Fürsten Alercy Bor- 
ifowitsch Kurakin, gegenwärtig General-Gouverneur von Klein- 
Reußen ; wurde nachm als von dein Kriezes-Gouvemieur ln Pc« 
tersvurg, dem berühmten Grafen von Paliken bewohnt, 
und gehört jetzt dem reichen jüdischen Bankier Peretz, welcher 
es mit einem außerordentlich großen Mustksaalc vergrößert hat. 
Das Innere ist mit fürstlicher Pracht einzcrichiet und war der 
Sitz des Geschmacks und des vcrscinerlen Luxus, unter dem zu 
erst genannten Bcfitzer und seiner Geniahlin. — Ehe der Klubb 
stch anstöste, war er ebenfalls in diesem Hotel, welches damals 
de«, General Ticket,'chirin gehörte, von dem rs auch im 
Publiio znm Theil »och den Namen sührt. Bei seiner Wiedel- 
gebntt befand er stch al'cr in einem andern Hause, ohne alle 
Wahrscheinlichkeit lunals den alten Sitz wieder einzunehmen, 
und welche sonderbare Verwickelung der Umstände gehörte nicht 
dazu, dies zu bewirke»!! — Das jährliche Abonnement beträgt 
50 Rubel. Aus der Mitte der Gesellschaft werden die Borsteher 
erwab.it, welche ihr Amt ein Jahr lang verwalten. Ein Seko- 
nom besorgt ins Düset und den Tisch. Der Klnbb ist zu allen 
Stunden des Tages geöffnet, und bat ein Billard nnd die vor 
züglichsten Zeitungen und Journale in allen Svrachen, zur Un 
terhaltung der Mitglieder. Des Abends stnd gemeiniglich Sviel- 
varticn dort, und es wird souvirt. Danie» finden sich »Iir an 
Eonz-rt- und Basttagcn daselbst ein. Einheimischen, die nicht 
Mitglieder stnd, ist der Eingang durchaus versagt, und Fremde« 
wird er nur wegigemal gestattet. Den Winter nach der Thron 
besteigung des menschenfreundlichen Alexanders, ließ Er sich NI ft 
dem Großfürsten, Seinem Bruder, zum Mitglieds aufnehmen. 
Man erbat cs sich zur Gnade aus. Ihn sogleich als Mitglied zu 
erkennen; allein der Monarch bestand darauf, daß alte bei ei 
ner Au,«ahme gewöhnliche« Gebrauche sollten beobachtet wer 
den, und machte dabei die ausdrückliche Bedingung, daß man 
Ihn durchaus nicht anders beivachicn und behandeln sollte, als 
jedes andere Mitglied. Den Winter über besuchte Er mehrmals 
mit Seiner Gemahlin und Seinem Bruder die Gesellschaft, und 
alle drei nahmen an dem Vergnügen der Tanzes Theil; in Leu 
folgenden Jahren ist dies weniger der Fall gewest». 
<Die Fvrrsetznng folgt.)
	        
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