Nicht-politisch
Aus Petersburg.
Den 24. August 1804.
ufere Französische Buhne hat sich wieder durch einige vor
zügliche Milglieder verstärkt, worunter Herr und Mad. Mees
ausgezeichneten Beifall erhalte» haben. Auf dem Deutschen
Theater deiiirirren bis jetzt: Demoiselle Löwe von dem
Theater ihres Vaters zu St. Georgen in Hamburg, Dem.
Sander aus Hannover. H r. Hu» „ iu s aus Wien und H r.
Schul» auch von der Löwefchen Gesellschaft in Hamburg. —
In naiven Rollen ist der Beifall den Dein. Löwe erhält,
gröber als in sentimentale» oder heroische« wie Sidonia,
worin sie zuerst auftrat. Sie ist eine hübsche Figur, hat ein
ziemlich angenehmes Organ und viele Anlage». Ihr Svicl ist
natürlich, nur bis itzt noch nicht ausgebildet. — Dem San
t' (i ist im eigm ilchsten Sinne de« Wortes eine Anfängerin
und mit der Buhne bi« jetzt »och durchaus unbekannt. Sie
Hai eine zienliich niedliche Stimme, aber weder stark »och von
Umfang, ain wenigsten gebildet. — H r. H u »»in« ist ein
ganz braver Komiker für die Oper. Er trat zuerst im Sviegel
vo» Arkadien als M e k a l l > 0 auf. Sein Gesang ist ungleich
heuer als StcinsbergS, fei» Spiel hat aber nicht die Ge
wandtheit, wodurch dieser Schauspieler seine zuweilen etwas
nnaustandigen Uebertreibungen vergesse» macht. Auch H r. H n »<
IIius ist von Uebertreibungen nicht frei, und er äußert zugleich
nicht eben den feinsten Geschmack. Er wurde aufgefordert, eine
Arie noch einaial iU wiederhole», und letzt brachte er eine Paro»
die an, die im ersten aberle Mit einer unschicklichen Eesticula,
tion begleitet war, und im »weiten eine — ich will's Franzö
sisch nenne«, io klingts nicht so hart, — eine Imp für«
Publikum enthielt. . Die Gallerte belustigte er sehr in dem
Intern,etzo: Die neue Over, oder der Theater-Prinzi
pal — ein Impresurio in angnsliis, welches von dem
Schüler des berühmten Ha»d n, H r». Neukomn sehr artig
gesetzt ist. H r. IVtulom n »irigirt das Orchester, welche«
setzt ganz neu organinrr ist und in der That alle« leistet, was
nur von einer Privat - Unternehmung verlangt werden kann. —
Hr. Schulz debukirke als Sichel im Apotheker und
Doktor, und — misttcl durchaus.
Den 6. August («. St.)
Vor wenigen Tage» gingen zu der llnteruchmung des
Hr». Sreiosberg nach Moskwa ab: Mad. Müller, bis
setzt der Liebling des hiesigen PudlikumS, eine Schauspielerin
die da« Verdienst hat, daß fit, was sie ist. — und ste steht auf
»einer niedrige» Stufe, — durch sich selbst ist; H r. Steins-
bcrg als Prinzipal; ein Hr. Schmelzer, der mit der Tillo-
fchen Gesellschaft hierher kam, seitdein aber die Buhne verlassen
hatte; Mad. Gebhard di« hier als Sängerin dedniirte, aber
nicht gestil, zu komischen alten Jungfern jedoch ein entschiedenes
Talent habe» soll; ein Hr. Gab, Medailleur, der ehemals aus
dem hiesigen Liebhaber-Theater nicht Übel spielte, und noch
mehrere unbekannte Namen. bas Ganze zehn Personen stark.
Ihnen folgen in wenig Monaten: H r. und Mad. Linden-
sici», Hr. Hübsch mit seiner Tochter, H r. Brü ck'l mit
seiner Tochter, für die hiesige Deutsche Theaterwell bis jetzt be-
diurende Namen. — Mad. Dahlderg, Hr. und Mad.
Schüler, Hr. Beschert vom Berlmer National<Theater
wie es heißt, und mehrere andere werden ihre Stellen ersetzen.
Einer gewisse» Zeitung nach, ist der Verlust der Dem. Druck'!
bedeutend, da ste darin als die erste Sängerin bezeichnet, und
wobt gar einw Phillis Andrienr, Berlin und Mon-
gauUe’r vorgezoaen wird. Wir schämen uns hier warlich
wenn wir solche lirihcile lese«, den» was für eine Vorstellung
muh sich nicht da« Ausland von dem Zustand unsrer Buhne»
und unsers Geschmack« machen. Im Namen der ganzen Publi
kum« prokcstire ich dagegen feierlich. — Dem. Brück'l ist
hier allgemein ancrkaunk für eine mittelmäßige Sängerin, und
s„r ein: noch welk mittelmäßigere Schauspielerin. Zwar an
% Zeitung. Nro. 45.
chargirtem Eebertensviel — um es nicht Grimasse zu nenne«, —
sehli e« ihr durchaus nicht. Sie hat, wie der Frcimürhige
ehemals sehr richtig bemerkte, Aktion für alle ihre Mitschan-
spicler; ihre Stimme hat Umfang und Stärke, allenfalls auch
Geschmeidigkeit, allein ihre Coloraluren sind verworren, einen
Triller vermag sic durchaus nichl zu schlagen; ihrGesang wird oft
kreischend und ist oft falsch; eine eigentliche Bravourarie ist sie
durchaus Nicht im Stande auszuführen. — Es thut wehe ei»
solches Urtheil — da« übrigen« der strengsten Wahrheit gemäß
ist, — auszust.lleo; warum aber weckt die Pvsauile grober Schiueiche-
lei die Kritik aus dem Schlummer? An wen, e« eigentlich liegt,
daß die hervorstechenden Talente de; armen Kindes nicht besser aus
gebildet werden, mag folgende Anekdote beweifen. die hier allgemein
bekannt ist, und deren Wahrheit man verbürgen taun: Al« De au
D r »ck'l hier zum erstenmale auftrat, machte sich der damalige
Krieges - Gouverneur, der General der Infanterie Hr. v. K. rin
Kenner und Liebhaber derKunit, ein Vergnüge» daran«, einsovor-
zi,gliche» Talent zu unterstützen und bot dem Barer a», der Tochter
aus seine Koste» von der Magiorlekti, oder einem andern be
rühmten Meister, unterricht gebe» zu lassen. Der Vater hatt« die
Bescheidenheit Sc. Ercellenz zu fragen, ob diese Viriuosen etwa bei
seiner Tochter unterricht nehme» wollten ? — Bei der jetzigen Lage
der Sachen soll er für sich und seine Tochkcr 700a Rubel, nämlich
bescheiden für sich 4000, und für seine Tochter 3000 Rubel, gefor
dert haben, welche« die Direktion zu theuer gesunden hat, für eine
miitelmaßige Sängerin und für einen manieririen Schauspieler, s»
brauchbar übrigen« auch beide sei»! mögen. — Bedeutender ist
Lindensteins und Hü bscheu« Abgang. — Da nun der
größte Theil der bisherigen Gesellschaft PererSburg verlaßt, so er
hellt Saran«, daß wir bald neue Mitglieder zu erwarten haben, und
wir lebe» der Hoffnung, daß e« nichl lauter Anfänger sey» werden.
Heute wird H r. Arrest«, der vor wenigen Tagen einge
troffen ist, a>S R 0 l la, in der S0 » n e n j u n gfr a u auftreten.
(Die Fortsetzung folgt.)
Wien, den September 1804.
S? 0 f t I) e a t e r.
-von dem Neuen, welche« wir seit einiger Znt aufdem Hoftheater
gesehen habe»' ist da« Meiste sehr unbedeutend. So hai SannenS
die oft gebrauchke Idee eines zerrüfcncn Briefes l »er auch dein
Stücke den Namen giebt,) in ein Schauspiel verarbeitet, dessen
Knoten sich dadurch schürzt und iößt, daß ein Theil des Briefes
schon einen S>nu giebt, der von dem wahren sehr verschiede» ist.
Eben so ist ein »cucS Schauspiel: Gattin und Geliebte, sehr miß
lungen. Ein gknlienischer Gras hat heinuich i» der Schwei« eine
MaierSkochrer gcheirathek, verlaßt sie aber in der Folge, um sich
in feiirem Geburtsorte mit der koketten Graßn Alicgretti in ver
binden. Marie folgt dem Galten mit ihrem Vater, und weil die
AUegretti als eine Giftmischerin entlarvt wird, kehrt der Graf zu
seiner ersten Liede zurück. ES lohnt dieMühe nicht, die Armselig
keit der Handlung, dre äußerst schwache und unsichere Zeichnung der
Charaktere, ausführlich zu zergliedern, nur dringt sich die Bemer
kung unwiderstehlichaus, daß der Verfasser (?) Italienische Sit
ten schildern wollte, und statt die wilde glübende Sinniichkeit
und Lebenskraft dieser Nation anschaulich zu machen, durch ein sehr
übel a,gkbrachtes Äiststaschibe», eine» Pistolenschuß, und eine»
Banditen lene Absicht zu erreichen suchte, welche« denn mir dem
kalten Wankelmnch de«. Grafen und dem weinerlichen Charakter
Mariens, einen sehr soudetbaren Kontrast bildet. Eine »eiie Ooer
aus dem Französischen: die Verwechselungen, mit Musik von Ni-
colo, wurde kalt ausgenommen. Zwei Liebhaber kommen verkleidet
in da« Hau« ihrer Geliebte», der eine macht sogar seinen Neben
buhler zum Berirauten sei e« Geheimnisses, bis denn rin glückli
cher Ausgang alle« zum Besten ciit'cheider.
Ei» neuer Italienischer Tenorist Britzi, ein Bruder »es be-,
kannten Sängers dei unserm Hoftheater, hat in einer neuen Over ’
Von Fivravanto: Die Sängerinnen auf dem Lande, ziemlich gefal
len. Seine Srimnie ist rein und angenchm, aber etwas schwach.
(Die Fortsetzung folgt.)