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Angabe des Inhalts einer solchen, dann ein Beweis
ihrer Möglichkeit u. f. w- — Beide schließen mit
einer Aufforderung und Hoffnung, daß sie von Deut
schen geschrieben werden möge. —
Daß der gelehrte Philosoph die frühere Abhand
lung nicht gelesen hak, ist gewiß: denn — er hat sie
nirgend angeiührt, ob sie gleich so durchaus mit sei
nen Ideen übereinstimmt.
Frohe Aussichten.
Herr Hofrath Spazier hat den vorjährigen Iah-
gang seiner Zeitung für die elegante Welt mit dem
Versprechen geschloffen, daß er in dem diesjährigen
„nach dem U »e n d lich en streben wolle." Eine
unendliche Eleganz: das ist in der That eine
erhabene Idee! Freilich sind alle vernünftige Leute
überzeugt, es gebe gewisse Grenzen der Eleganz,
jenseit welcher sie in Fadheit und Abgeschmacktheit
ausartet: — aber der Verfasser des Earl Pilger, oder
gar Herr Earl Pilger selbst, wird den Flug
ins Unendliche wagen: — welche Aussichten auf —
Belustigung!
Herr Spazier verheißt ferner, künftig keine Han
del mit dem Freimüthigen anzufangen. Die Heraus
geber des Freimüthigen fassen ihn dankbar bei dem
edle» Worte. Sie werden desto unbefangener ■— ihn
und seine Sprünge ins Unendliche belachen können.
Zu spät!
In Nr. 3. der diesjährigen Zeitung für die ele
gante" Welt thut ein Herr v. G. die sehr vernünf
tige Bitte an die Dichterlinge Deutschlands, in Rück
sicht auf Herder: sie möchten doch den großen Mann
in Frieden ruhen, ihn in seiner Unsterblichkeit
wie einen Gott unter uns leben lassen, ihm keine
Nesseln und Stinkblumen aufs Grab legen, in der
Meinung es feien schone, süßduftende Blumen u. s. w.
Wer den Werth des hohen, edlen, während seines
Lebens so oft verkannten und verfolgten Mannes und
seines Genies, nur einigermaaßen zu fassen vermag,
wird in diese Bitte herzlich einstimmen, aber — sie
kommt zu spat! Schon in Nr. 1. der besagten Zeitung
steht ein prosaischer Singsang von Herrn Falk
auf ihn, den schwerlich einer unserer zehntausend
Dichterlinge an Plattheit wird zu übertreffen vermö
gen. Er enthält unter andern folgende Verse, die
ein künftiger Verfasser einer Deutschen Abhandlung:
„UeberdieKunstdesSinkenS" ja nicht übersehen darf:
Fuhrt zu Herd«m »iich, rem Hohen.
Dem ick kranken LandSmannS Gruß,
Fernem Üststestrand enkftohen,
Noch henk Abend bringen muß.
Dieses „Noch heut Abend u. s.w." ist in der That
erhabene Plattheit. Noch gelungener in ihrer
Art sind aber folgende Verse:
Diese Füße, die dich suchte«,
Finden dich in Grabesnachk.
Also die Füße des Wanderers suchten Herd ern?
Seine Füße finden ihn? Hielt er den großen Ver
storbenen etwa für einen Schuhmacher? — Ob nicht
diese Reimelei die nächste Veranlassung zu der Bitte
des Herrn von G. gewesen ist? — Weg, Armselige,
von dem Grabe, das in jedem neuen Jahrhundert
der Nation ein höheres Heiligthum seyn wird! —
Berlin.
m 17. Januar wurde hier das ganze Musikliebende
Publikum in einer sorgfältig erregten Erwartung un
angenehm getäuscht. Herr Lebrun, erster Wallchornist
der Königlichen Capelle, hatte seit ein Paar Wochen
öffentlich zu einem Concerte eingeladen, dessen zweiter
Theil aus einer Erfindung von ihm, die er Mclopoesie
nannte, bestehen sollte, und von der er einen ergrei
fenden Effekt erwartete und versprach. Die aufge
reizte Neugier zog eine sehr große Zahl von Zuhörer»
herbei, aber gleich Anfangs wurde allgemeines Mis-
vergnügen durch die Bemerkung veranlaßt, daß eine
unverhaitnißmäßig-große Menge von Billets ausge
geben waren. Der Saal und der Platz des Orchesters
wurden nicht nur überfüllt: selbst in dem Vorzimmer
war ein Gedränge von Zuhörern, die nicht mehr Platz
fanden; und die Anwesenden wurden durch den Aus
gang des Concerts für die Unbehaglichkeit ihrer Lage
durchaus nicht entschädigt. Zwar bezauberte in dem
ersten Theile Madame Marchetti durch hinreißend
schönen Gesang und Himmel durch sein meisterhaf
tes Spiel, aber die Melopocsie blieb tief unter aller Erwar
tung. Sie bestand darin, daß eine unsrer vorzüglich
sten Künstlerinnen ein an sich sehr artiges Gedicht nicht
deklamirte, sondern nur mit Pausen ablas, in welchen
Herr Lebrun die in den Versen ausgedrückten Empfin
dungen auch auf dem Waldhorne vorzutragen ver
suchte. Er zeigte sich als Virtuos auf seinem Instru
mente: aber Aehnlichkeit zwilchen dem Gelesenen und
dem was er vortrug aufzufinden, dazu gehörte wohl
eine größere Spannung der Phantasie und des Ge
fühls, als in dem überfüllten Saale irgend jemand
haben konnte. Wirkung auf das Herz zu thun,
möchte sich die ganze Erfindung, auch auf einem an
dern Instrumente ausgeführt, schwerlich eignen: da
bei diesem musikalischen Kunststück, bei dieser Ueber-
setzung aus der Sprache durch artikulirte Töne,
in die Sprache durch unartikulirte, — wohl nur
der Verstand beschäftigt ist, zu untersuchen, ob die
Uebersetzung treu^ ist. Die Zuhörer sind zu sehr mit
Dergleichen beschäftigt, als daß sie Zeit hatten, zu
empfinden.
D - T.
Neuigkeiten aus Paris.
Der schon bekannte und geschätzte Dichter Tssiö-
vsnsu hat den Plan und den eisten Gesang eines
Heldengedichts bekannt gemacht, dessen Held Karl
der Große seyn soll, — um die Aussprüche der Kri
tiker darüber zu hören, und damit, wenn er etwa
vor der Vollendung sterben sollte, ein andrer es vol
lenden könne. Das verräth viel Beschs denheit, zu
viel, — denn wer so kalt die Aussprüche der Kri
tiker auffordert, um ja correkt zu seyn, und sich so
ruhig mit der Idee beschäftigen kann, daß ein an
derer sich sein Thema zueigne, — kann unmöglich
sehr lebhaft von demselben ergriffen und begeistert
seyn. Es ist zu fürchten, daß dieser Karl der Große
eben nicht dir große Lücke in der Französischen Poe
sie ausfüllen werde, die der Mangel eines wahren,
großen Heldengedichts, in derselben ist.