1804
Nro* 162.
ARISTIDES.
D e r Freimüthige
Dienstag. ■ oder — den 14 August.
Ernst und Scherz.
Literatur.
Gedichte von Heinrich tzarrieS. Altona 1804.
§8^enn aus der nur zu großen Zahl der Dichter
linge Deutschlands, die verwegen in das goldene Thor
der Dichtkunst eindringen, und nur von den mächti
gen -Antrieben der zehnten Muse gespornt, den
göttlichen Wahnsinn erzwingen wollen, — end
lich ein Mann hervortritt der weit die niedrige
Schaar überglänzend, sich an die besseren Vorbilder
reiht: welche Hoffnung dürfte das Teutsche Vater
land nähren, hätte nicht auch dieser Mann schon
seinen Schwanengesang gesungen, wären die Töne
seiner Leyer nicht längst verhallt. —
Ehe Ree. seine Blicke auf die lieblichen Blüthen
seines Geistes und seiner Muße wirft, sey ihm ein
einziger unwilliger Blick erlaubt auf die Geist- und
gehaltlose vorangesetzte Biographie des Dichters,
deren Eingang allein erträglich ist. Sie rührt von
einem seiner Bekannten her, der in Ansehung des
Genies und der Talente aber unendlich weit unter
ihm steht. Die Lebensgeschichte eines Dichters, dessen
Werke uns vorgelegt werden, sollte nichts enthalten,
als was den Dichter charakterisirt, — was den
Dichrerfunkcn zuerst in ihm weckte, entwickelte; selbst
die kleinsten Begebenheiten, gut erzählt, würden
Interesse erwecken, ständen sie damit in Verbindung.
Was giebt uns statt dessen dieser Alltags-Schrift
steller in ,einer langweiligen Schreiberei? Kleinliche
Anekdoten ohne Geist und Werth, — und nur zu
oft, mit ermüdender Weitschwelfizkeit erzählte Dinge,
die durchaus nicht zur Sache gehören. Am gelinde
sten beurtheilt, mag diese Biographie wohl fähig
seyn, Frau und Kinder des Verstorbenen an einem
Winterabend» hinter dem Kamin zu unterhalten, —
aber das Publikum? — Was soll dies daran wissen,
daß Harries den ersten Kaffee im Torfstalle trank,
(pag. iby) und in Hamburg lächelte, als man ihn
auf Fische einlud (pag. 229); was an der lächerlichen,
mehr als kindischen Furcht des Herausgebers selbst,
noch in seinem 2nsten Jahre, vorRäubern, (pag. 2z); —
was an der nackten Aufzählung dessen, was Harries
in London sah (pag. 48 und 49) die in« Lächerliche
fällt, — was daran, daß Harries ihn — mit einem
Panterthiere, und seine Frau mit einem Amor ver
glich (?!!). Und welche Ordnung mag in des Her
ausgebers Kopfe herrschen! Pag. zn und folgende,
geht er mit äußerster Kürze vom Riesen Antoufch
auf die Eregese und Dogmatik, — von dieser auf
Walchs Tod, und sodann auf Hevne's Pindar über,
dem eine gehaltlose Anekdote, in Schlözere Kollegium
vorgefallen, folgt. Bon dieser kommt er zu der ge
lehrten Madame Rodde in Lübeck, die bekannt
lich den Doktorhut erhielt, — von dieser auf Rcd-
neyS Sieg, auf Harries Fehler zu viel Kucben zu
essen, und zuletzt auf einen ihm (dem Herausgeber)
ertheilten Rath die Trompete zu blasen, um sich die
Brust zu stärken. Hak man je eine barockere Zu
sammensetzung auf 4 Oktavseiten gesehn? In der