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Die Priesten» »es Schöne», Porste!
Und alle Wese» folgien ihrem Tritte,
Es jvg ste an mir heiL'ger Simpnlhie: —
Das Lebe» hob sich aus des Liedes Wogen ,
Zinn Höchsten ward der Sin» emporzeioge».
Und wie ste schön und lieblich sich gestaltet,
Lag die Natur rein vor dein innern Blick»
Wie stch das Ideal dem Geist entfaltet,
Schafft sich der Mensch ein unsichtbares Glück»
Das freie Spiel vcrborg'ner Kräfte waltet,
Der Traum entstiebt, die Tauschimg weicht zurück»
Und aus der Menschheit stillerrnng'nen Höhen,
Sieht man der Wahrheit lichten Tempel stehen! —
Welch neuer Geist, in heil'ger Glut entsprossen,
Rührt meiner Harfe gold nes Saitensoiel?
Ist ste es selbst, von Aetherglan- umflossen,
Die flammender mir aufregt das Gefühl?
Was rauscht, wie wenn fortwälzend stch ergossen,
Auf reicher Trist der stebenarm'ge Ml ?
Hör' ich ApollonS würdige Genossen,
Hat er stch selbst mir liebend ausgeschlossen?
Ein kühner Aar, theilt niit gewalt'gen Schwinge»
Die Lüste Pindar; des Olympos Höh,
Unsterblich das unsterbliche zu stngen,
Erreicht Homer im Flug der Epovee.
Bon Liebe hör' ich TejoS Leier klinaecn,
Tyrtäos Muth in Heldenliedern wehn,—
De» fügen Schmerz in Savphos Klage flöten
Uild Sophokles der Götter Sprache reden! —
Doch welche Wandlung? Welcher düstre Schleien
Verhüllt der alte» Säuger heil'ges Chor?
Was stört Mineroriis, was Dioncns Feier,
Welch ödes Schweigen trist mein lauschend Ohr?
Ist sie verstimmt, des Mufeiigoikes Leier,
Tritt keiner aus dein Kreis der Himmlische» hervor?
Was rastet ihr, Achajas edle Sohne,
Dem Nachhallzu entwecken Orpheus Töne? —
Die Muse schweigt! — von ungewcih'ten Schaare»
Erfüllet sich der Göttin Heilizthum!
Ihr Bild umdrängen stannende Barbaren,
Mit rohem Sin» verspottend ihren Ruhm! —
Ist keiner, der ste rette den Gefahren?
Wird auch die Kunst des Schicksals Eigenthum?
Must auch das Schöne die Gewalt zerstören,
Kann solch mcheil'gem Frevel niemand wehre»?
Und steh! ein edles Volk am Tibcrstrande,
Von göttlicher Begeisterung entgluht,
Empfangt mit hoher Feier die Verbannte,
Von tausend Lippen schallt der Weihung Lied.
Der Paan tönt, — die Glut des Atters brannte»
Zu stiller Andacht schwang stch das Gemüth,,
Und auf des Kapitols erhob'»er Spitze,
Trug Jovis Adler die gewcih'tc» Blitze.
CH. Schreiber.
( Die Fortsetzung folgt.)
Ueber Wahrheit.
Fragment aus einer Rede»
(Gehalten im Jahr 1794.)
„ 9?>cht jede Wahrheit taugt dazu» bekannt zu
werben! Manche ist ein berauschendes Gift!"
Aufgeblasener Thor, der Du so sprichst! Hältst Du
dich denn für ein Wesen höherer Gattung, baß Du
vermeinest, deine Brüder vermöchten nicht zu ertra
gen, was Du ertragest? Vermessener! Weißt Du
denn nicht: alles was die jetzige Generation denkt,
sey nur Resultat von dem, was die vorhergehende
gedacht hat? Der lichte Gedanke, der in deinem
Kopfe aufblitzt, leuchtete gestern schon tausend andern,
in andern Gegenden der Erde, wird morgen wieder
taufend andern von selber leuchten. — Die Aufklä
rung ist eine helle, wohlthätige Flamme, die über den
Erdball erwärmend und erhellend hinflutet. Du,
Lächerlicher, willst ein Theilchen derselben in deine
Hand beschließen, weil Du sie für schädlich hältst,
indeß dich ein ganzes Flammenmeer umwallt? Wie
kindisch! — Und vermöchtest Du es: wie verbreche
risch! Wahrheit ist die Sonne der moralischen Welt,
und was im Schatten steht, artet aus oder erstirbt.'
Neun Zehntheile alles Unglücks, das je die Mensch
heit in großen Massen, oder ein Individuum elend
machte, waren Folgen des Irrthums, und seiner
Tochter, der Inkonsequenz. Willst Du einen Be
weis? Seit Jahrtausenden schielen alle politiiche
und religiöse Einrichtungen und Verfassungen auf
der Erde, in eine andre Welt hinüber, deren Daseyn
noch immer problematisch ist. Gieb dem Glauben
Gewißheit, die vor der schärfsten Prüfung der Ver
nunft besteht, oder — vernichte ihn durch Gründe,
wenn er ein Irrwahn ist, und fast alle Inkonse
quenz, an welcher so viele Generationen aller Völker
erkrankten, verdarben» ist verschwunden» Keine
Kreuzzüge dann, keine Religionskriege, keine vertilgte
Ketzer und Heiden . Völker, keine Klöster, kein
Tyrannensinn, oder doch — keine geduldig er
tragene Sklaverei» G. M.
Aphorismen»
ie wenigsten Menschen sind von Natur Thoren,
die meisten werden es aus Eitelkeit.
Die größte Tugend ist die, der Tugend treu zu
bleiben.
Der witzige Kopf gleicht einer elektrischen Wolke.
Jede Berührung schlagt Funken aus ihm. Der
nachlalle,ide Witzling ist der Blitzableiter, der den
Fun.en auffängt, und ihn — ins Wasser führt.