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Volume Nro. 14., Freytag den 20. Januar

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

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hat. Die „ sieben Worte," welche zum Besten armer 
Bürger im Redoutensaale gegeben wurden, sind be 
kannt; ich bemerke nur, daß die Aufführung nicht 
sehr gelang, ob sie gleich Haydn selbst dirigirte. Bei 
der Stelle: mich dürstet! wurde die Verwirrung 
des Orchesters sehr bemerkbar. 
Lange wird allen Freunden der Tonkunst der 
Abend unvergeßlich bleiben, an welchem unser Eberl 
sein Koncert im Zahnischen Saale gab, und den auch 
Herr Kalmus durch ein Violonzellduer mit Herrn 
Lieber, verschönerte. Es eröffnete sich mit einer feu 
rigen Ouvertüre aus d dur, welche sich durch einen 
ganz eigenen Charakter stürmischer Größe auszeich 
net, und zu welcher besonders die Baffe und Blas 
instrumente trefflich gesetzt sind. Darauf folgte ein 
Klavierkoncert von Herrn- Eberl komponirt und ge 
spielt. Diese glänzende Schönheit, dieser liebliche 
Gesang, die angenehme Ausarbeitung des Themas, 
welche Eberls Koncerte von allen Tonstücken dieser 
Art, die Mozartischen ausgenommen, so sehr aus 
zeichnen, finden sich auch hier in einem hohen Grade, 
und der Künstler trug es mit Deutlichkeit, Stärke, 
Präcision und Gewandheit vor. Auch eine neue 
große Symphonie aus es dur zeichnet sich durch Ei 
genthümlichkeit, Energie und sehr viele kontrapunk- 
tistische Schönheiten aus. Noch mehr gefiel ein 
großes Doppelkoncert auf zwei Pianoforte, von Hrn. 
Eberl und seiner Schülerin, Fräulein Hohenadl ge 
spielt, welche in einem bewunderungswürdigen Grade, 
Stärke und Präcision mit Leichtigkeit und Zartheit 
verbindet. Sehr zu billigen ist es hier besonder», 
daß Herr Eberl die gewöhnliche Koncertenform ver 
lassen, und statt der Andante einen sehr brillanten 
Marsch eingelegt hat, nach welchem dann nach einem 
kurzen, aber trefflich gelungenen Intermezzo, schnell 
das feurige, lebhafte und angenehme Rondo eintritt. 
Schade, daß diese so meisterhaften Kompositionen 
nicht so ganz vollkommen ausgeführt wurden, und 
daß besonders die Blaseinstrumente so sehr vieles zu 
wünschen übrig ließen. 
Ist ein Theater 
in kleinen Städten schädlich? 
(Xi 
einer kleinen Residenz, deren 5000 - 6000 Ein 
wohner unter der Regierung eines trefflichen Fürsten 
einen vorzüglichen Wohlstand genießen, wünscht man 
schon seit langer Zeit auf die Wintermonate ein Thea 
ter; verschiedentlich bot sich auch eine benachbarte 
nicht schlechte Gesellschaft an, aber — vergebens. Die 
Behörde, bei welcher die Erlaubniß zu den theatrali 
schen Vorstellungen nachgesucht werden mußte, ward 
nicht autorisirt sie zu ertheilen, weil die Besorgniß 
obwaltet^ daß durch die Existenz eines Theaters in 
kleinen Städten der Luxus, besonders unter der mitt 
leren Klaffe der Einwohner, zu sehr vermehrt wer 
den und so der Wohlstand mancher Familie in Rück 
fall komnien könne. 
So gewiß es ist, daß in diesem Falle blos lan 
desväterliche Sorge für das Wohl der Unterthanen die 
abschlägige Antwort dictirte, so gewiß scheint doch 
auch hier eine falsche Voraussetzung zum Grunde ge 
legen zu haben. 
Angenommen: man ist so glücklich eine gute 
Gesellschaft zu engagiren, die nicht geständig, nicht täg 
lich spielt, es werden ferner die Stücke gehörig ge 
wählt, es herrscht eine gute Theaterpolizei, so laßt 
sich in der That nicht absehen, wie man die Schäd 
lichkeit des Schauspiels für eine kleine Stadt besorgen 
könne. Der Luxus wird sich so leicht nicht, wenig 
stens nicht schädlich, vermehren; freilich ist das Thea 
ter eine Gelegenheit Putz zur Schau zu tragen und 
sich dadurch, was in kleinen Städten wohl vorzüg 
lich der Fall seyn könnte, vor Bekannten und Nach 
barinnen auszuzeichnen, und ich gebe gerne zu, daß 
deshalb manche neue Haube, mancher moderne An 
zug angeschast werden mochte; allem theils schadet 
dies dem einmal Wohlhabenden noch nicht; andern- 
theils spart man dagegen wieder bei andern Gelegen 
heiten, oder es fallen diese durch das Theater selbst 
weg. Einzelne Fälle mögen Ausnahmen machen, 
aber — diese Reizungen zum übertriebenen Luxus 
finden ja, wie wir sehen, auch ohne das Theater 
Statt, und gewiß kann man, wo dasselbe existirt, ihm 
nicht die Hauptschuld daran beimeffen. 
Eben so wenig kann der Wohlstand durch das 
selbe leiden. Die wenigen Groschen für den Eintritt 
werden leicht ersetzt durch das, was, wenn das 
Schauspiel besucht wird, in Clubs, Wirthshäusern 
und Privatgesellschaften weniger depensirt wird. Zm 
Gegentheil wird vielleicht diesem oder jenem Einwoh 
ner durch die Fremden und Landbewohner, welche das 
Theater herbei zieht, einiger, in einer kleinen Stadt 
immer merkbarer Gewinn verschafft. Don der Ein 
nahme wird die Gesellschaft immer nur den kleinsten 
Theil mit hinwegnehmen, das klebrige wird durch 
sie wieder auf verschiedenen Canälen in Cirkulation 
gesetzt und — das erste staatswirthschaftliche Princip 
ist ja: den Geldumlauf möglichst zu befördern! 
Man halte nun noch gegen die möglichen Nach 
theile des Theaters seine Vorzüge; ich schweige von 
den allgemeinen und bemerke nur die, welche an ei 
nem kleineren Orte vorzüglich sichtbar werden dürf 
ten. Der kleinstädtische Ton, welcher in den Gesell 
schaften so oft nur Gespräche über das Thun und 
Lassen der Bekannten herbeiführt, wird zu verschwin 
den anfangen, man wird dieses nicht mehr so oft, 
auf die kleinlichste und intoleranteste Art recensiren, 
wenn ein Theater einen interessanteren Gegenstand 
des Gespräches darbietet. Gewiß, manche medisi- 
rende Froubasen-GeseUschaft, mancher lästernde Cir- 
kel von Kaffeeschwestern wird dann weniger seyn. 
Der Geschäftsmann findet eine angemessenere Unter 
haltung , als in dem ewig einförmigen Club, oder 
einer ähnlichen Gesellschaft, wo Zeitungsnachrichten, 
der bereits oben bemerkte Gegenstand, oder das Re-
	        
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