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hat. Die „ sieben Worte," welche zum Besten armer
Bürger im Redoutensaale gegeben wurden, sind be
kannt; ich bemerke nur, daß die Aufführung nicht
sehr gelang, ob sie gleich Haydn selbst dirigirte. Bei
der Stelle: mich dürstet! wurde die Verwirrung
des Orchesters sehr bemerkbar.
Lange wird allen Freunden der Tonkunst der
Abend unvergeßlich bleiben, an welchem unser Eberl
sein Koncert im Zahnischen Saale gab, und den auch
Herr Kalmus durch ein Violonzellduer mit Herrn
Lieber, verschönerte. Es eröffnete sich mit einer feu
rigen Ouvertüre aus d dur, welche sich durch einen
ganz eigenen Charakter stürmischer Größe auszeich
net, und zu welcher besonders die Baffe und Blas
instrumente trefflich gesetzt sind. Darauf folgte ein
Klavierkoncert von Herrn- Eberl komponirt und ge
spielt. Diese glänzende Schönheit, dieser liebliche
Gesang, die angenehme Ausarbeitung des Themas,
welche Eberls Koncerte von allen Tonstücken dieser
Art, die Mozartischen ausgenommen, so sehr aus
zeichnen, finden sich auch hier in einem hohen Grade,
und der Künstler trug es mit Deutlichkeit, Stärke,
Präcision und Gewandheit vor. Auch eine neue
große Symphonie aus es dur zeichnet sich durch Ei
genthümlichkeit, Energie und sehr viele kontrapunk-
tistische Schönheiten aus. Noch mehr gefiel ein
großes Doppelkoncert auf zwei Pianoforte, von Hrn.
Eberl und seiner Schülerin, Fräulein Hohenadl ge
spielt, welche in einem bewunderungswürdigen Grade,
Stärke und Präcision mit Leichtigkeit und Zartheit
verbindet. Sehr zu billigen ist es hier besonder»,
daß Herr Eberl die gewöhnliche Koncertenform ver
lassen, und statt der Andante einen sehr brillanten
Marsch eingelegt hat, nach welchem dann nach einem
kurzen, aber trefflich gelungenen Intermezzo, schnell
das feurige, lebhafte und angenehme Rondo eintritt.
Schade, daß diese so meisterhaften Kompositionen
nicht so ganz vollkommen ausgeführt wurden, und
daß besonders die Blaseinstrumente so sehr vieles zu
wünschen übrig ließen.
Ist ein Theater
in kleinen Städten schädlich?
(Xi
einer kleinen Residenz, deren 5000 - 6000 Ein
wohner unter der Regierung eines trefflichen Fürsten
einen vorzüglichen Wohlstand genießen, wünscht man
schon seit langer Zeit auf die Wintermonate ein Thea
ter; verschiedentlich bot sich auch eine benachbarte
nicht schlechte Gesellschaft an, aber — vergebens. Die
Behörde, bei welcher die Erlaubniß zu den theatrali
schen Vorstellungen nachgesucht werden mußte, ward
nicht autorisirt sie zu ertheilen, weil die Besorgniß
obwaltet^ daß durch die Existenz eines Theaters in
kleinen Städten der Luxus, besonders unter der mitt
leren Klaffe der Einwohner, zu sehr vermehrt wer
den und so der Wohlstand mancher Familie in Rück
fall komnien könne.
So gewiß es ist, daß in diesem Falle blos lan
desväterliche Sorge für das Wohl der Unterthanen die
abschlägige Antwort dictirte, so gewiß scheint doch
auch hier eine falsche Voraussetzung zum Grunde ge
legen zu haben.
Angenommen: man ist so glücklich eine gute
Gesellschaft zu engagiren, die nicht geständig, nicht täg
lich spielt, es werden ferner die Stücke gehörig ge
wählt, es herrscht eine gute Theaterpolizei, so laßt
sich in der That nicht absehen, wie man die Schäd
lichkeit des Schauspiels für eine kleine Stadt besorgen
könne. Der Luxus wird sich so leicht nicht, wenig
stens nicht schädlich, vermehren; freilich ist das Thea
ter eine Gelegenheit Putz zur Schau zu tragen und
sich dadurch, was in kleinen Städten wohl vorzüg
lich der Fall seyn könnte, vor Bekannten und Nach
barinnen auszuzeichnen, und ich gebe gerne zu, daß
deshalb manche neue Haube, mancher moderne An
zug angeschast werden mochte; allem theils schadet
dies dem einmal Wohlhabenden noch nicht; andern-
theils spart man dagegen wieder bei andern Gelegen
heiten, oder es fallen diese durch das Theater selbst
weg. Einzelne Fälle mögen Ausnahmen machen,
aber — diese Reizungen zum übertriebenen Luxus
finden ja, wie wir sehen, auch ohne das Theater
Statt, und gewiß kann man, wo dasselbe existirt, ihm
nicht die Hauptschuld daran beimeffen.
Eben so wenig kann der Wohlstand durch das
selbe leiden. Die wenigen Groschen für den Eintritt
werden leicht ersetzt durch das, was, wenn das
Schauspiel besucht wird, in Clubs, Wirthshäusern
und Privatgesellschaften weniger depensirt wird. Zm
Gegentheil wird vielleicht diesem oder jenem Einwoh
ner durch die Fremden und Landbewohner, welche das
Theater herbei zieht, einiger, in einer kleinen Stadt
immer merkbarer Gewinn verschafft. Don der Ein
nahme wird die Gesellschaft immer nur den kleinsten
Theil mit hinwegnehmen, das klebrige wird durch
sie wieder auf verschiedenen Canälen in Cirkulation
gesetzt und — das erste staatswirthschaftliche Princip
ist ja: den Geldumlauf möglichst zu befördern!
Man halte nun noch gegen die möglichen Nach
theile des Theaters seine Vorzüge; ich schweige von
den allgemeinen und bemerke nur die, welche an ei
nem kleineren Orte vorzüglich sichtbar werden dürf
ten. Der kleinstädtische Ton, welcher in den Gesell
schaften so oft nur Gespräche über das Thun und
Lassen der Bekannten herbeiführt, wird zu verschwin
den anfangen, man wird dieses nicht mehr so oft,
auf die kleinlichste und intoleranteste Art recensiren,
wenn ein Theater einen interessanteren Gegenstand
des Gespräches darbietet. Gewiß, manche medisi-
rende Froubasen-GeseUschaft, mancher lästernde Cir-
kel von Kaffeeschwestern wird dann weniger seyn.
Der Geschäftsmann findet eine angemessenere Unter
haltung , als in dem ewig einförmigen Club, oder
einer ähnlichen Gesellschaft, wo Zeitungsnachrichten,
der bereits oben bemerkte Gegenstand, oder das Re-