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Ueber Schillers Wilhelm Tell.
(Fortsetzung.)
^)?an wiederholte am 6. Julius dieses Trauerspiel:
ich bin also im Stande, eine nähere Beurtheilung
desselben schnell nachzuliefern.
Auch nach dieser wiederholten kälteren Ansicht
des Stückes, find' ich nicht Ursache von dem Lobe
viel zurückzunehmen. Der Plan ist in der That mei-
sterhast, nehmlich so weit das Stück geht, das heißt,
bis zum Ende des vierten Aktes: keine Scene ließe
sich entbehren, ohne daß eine Lücke in der Handlung
(diese ist aber, wohl zu merken, nicht Tell's Ge
schichte, sondern die Befreiung der Schweiz)
entstünde, und für die Hauptscenen hat der Verfas
ser alles vortrefflich berechnet» was ihren dichterischen
Werth erhöhen konnte. Zn dieser Rücksicht ist der
Schluß des vierten Aktes vorzüglich meisterhaft. Zch
kenne wenig so schöne auf der Bühne ausgeführte
Zdeen, als der Kontrast zwischen Tell, der in dem
Hohlwege, in der Exaltation verzweifelter Entschlos
senheit, dem Augenblick entgegensieht, eine That zu
begehen, die das entscheidende Loos über sein Schick
sal, das Schicksal seiner Familie und seines Vater
landes werfen soll, — und dem frohen Hochzeitszuge,
der an ihm vorüber wallt; ferner zwischen dem Weh
klagen von GeßlerS Begleiter neben der Leiche, dem
stummen, frohen Erstaunen der befreiten Landleute,
und dem erhabenen Todtengesange der Mönche. Der
Effekt, den die« Alles zu machen fähig ist, gehört
zu dem Höchsten, was sich durch poetische Gruppirung
leisten läßt. — Der fünfte Akt hingegen aus dem
nur ein Paar Scenen dem Ganzen nothwendig sind,
ist, wie der von Kotzebue's Huffiten, ein, in künstleri
scher Hinsicht, nachlheiliger Zusatz, der die Wirkung
des Ganzen sehr beeinträchtigt, und den Zuschauer
abgekühlt entläßt. Da er aber wirklich sehr groß«
dichterische Schönheiten besitzt, (z. B. die schauervolle
Situation, in welcher der Kaisermörder erscheint, und
die Beschreibung von dem Wege nach Ztaiien, u. a.)
besonders aber da die, durch Johanns Erscheinung
herbeigeführte Erörterung, warum seine That Selbst-
rache, ein Verbrechen, — Tell'S Thal hingegen, als ab
gedrungene Vertheidigung seiner Familie und Be
freiung des gedrückten Vaterlandes, verdienstlich ist, —
da diese Erörterung sage ich, obgleich nicht dem Stück,
doch vielen Zuschauern eine nothwendige Zugabe
ist, so betrachte man diesen Akt al« ein Nachspiel,
un b _ sthr es nicht, wenn man die Wirkung des
Stückes selbst ungeschwächt mitsich hinwegnehmen will.
Zn Rücksicht der Charaktere verdient bemerkt zu
werden, daß Schiller keinen einzigen über die Na-
turwahrhrit hinaufgetrieben, innerhalb der Gränzen
derselben, aber sie äußerst kraftvoll und schön ausge
führt hat. Es ist kein einziger unter allen, der zu
seinen Handlungen, wie in den ältern Schlllelffchen
Stücken bloß durch philosophisch-gefühlvolle Senti
ments und Ansichten bestimmt wird, sondern jeder
wird durch Motive die aus dem Drange des Lebens
selbst genommen sind, zum Handeln getrieben. Nicht
durch Sophismen, durch Thaten und durch Leiden
schaften werden hier die Thaten erzeugt.
Am vorzüglichsten ist ihm der Charakter der
Tell selbst gelungen. Tell ist ein feuriger Mann in der
Blüthe seiner Kraft, der noch immer nrehr durch
rasches Gefühl als durch langes Nachdenken bestimmt
wird: aber doch schon so reifen Geistes ist, die Ge
fahr der Uebereilung zu erkennen und zu vermeiden.
So nahm ihn Zffland, so hielt er ihn im Sturm
der Gefühle: überall zeigte er, den Kampf der prüfen
den Vernunft mit dem aufbrausenden Herzen, — und
durch tausend charakteristische Züge bezeichnete er den
Zuschauern, was ihn auf den Weg trieb, den er endlich,
zwischen beiden hin. mit Entschlossenheit betrat. —
Neben ihm ließ Herr Mattausch, als Arnold Melch-
thal, in den leidenschaftlichen Scenen fast überall
sehr schön den Züngling sehn, der in wenig Zähren
ein solcher Mann seyn wird, als Tell jetzt ist. Auch
Herrn Bethmann, als Ulrich von Rüden;, Herrn
Reinhardt als «Ltauffacher — und der Ausführung ver
schiedener kleinerer Rollen, gebührte lebhafter Bei
fall: — im Ganzen aber schien die Darstellung nicht
gehörig vorbereitet. Selbst bei der zweiten Auffüh
rung noch, mußte der Souffleur oft so laut werden,
daß er in mancher Scene allen Effekt vernichtete.
Der geliebte Hund.
Grabschrift.
Dieben ein Löwe, Galane« ein Lamm,
War er ein Liebling »on Herr und Madam.
Ehefrruden.
Zwei Freuden find'S, womit die Eh' das Herz erfüllt:
Ein Weib ins Braut- und Sterbe- Hemd gehüllt.
C süßer Stand, in dem die letzte Stunde,
So schwarj sie auch vei quasi niedersteigt,
Der ersten an Entzücken gleicht!
Flach und Tief.
Lyee schrieb mit ihrem Hirtenstabc
In den Sand: Mein ganzes Herz ist dein!
Ich schnitt in die Eiche: „Bis ium Grabe
Soli dies treue Herz dein eigen seyn." —
«ch da blies der West: 0 Jammerklag!,
Ihre Liebe flog von Flur zu Flur,
Mit dem Sand, auf welchem sie mir schwur —
Ach! und meine wachst mit jedem Lage.
' «.
AIü Lirus drohte.
Wenn mich, ob meiner Kritik «nd Lehre,
In seine komischen Charaktere
Der Lnstsoielmachcr aus Grolle mischt: —
• Entsetzliche Rache! — Bei meiner Ehre!
Dan» werd' ich »om Publikum ausgezischt.
____ Hg-