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Volume Nro. 120., Sonnabend den 16. Juny

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

1804. 
Nro. 120, 
Der 
Sonnabend» 
ruft 
Iuny. 
ch e r 
z. 
Literatur. 
Gedichte von Karl Streckfuß. 
esern, denen es Bedürfniß ist, sich zuweilen mit 
der Lektüre eines Gedichts zu beschäftigen, das Geist 
und dem Herzen Nahrung giebt, darf ich mehrere 
von den Gedichten des Herrn St reck fuß die er 
uns hier übergiebt, empfehlen. Zwar ist der 
Name ihres Verfassers keinesweges berühmt, nicht 
einmal gekannt; aber der Inhalt seiner Gedichte 
spricht uns warm an, und die Diktion ist meist 
gut, kraftvoll, und nicht unedel. 
Der Fehler, die indeß großentheils nur im Aeußern 
der Gedichte liegen, sind aber freilich mancherlei; 
selbst in Behandlung der Metern lassen sich mehrere 
nachweisen. So skandirt Herr St reck fuß z. B. 
den Epheu statt und das Wort Hei 
mathliche u — v <j statt c «, wie es der 
allgemeine Sprachgebrauch eingeführt hat. Dann sind 
die Hexameter dem Verfasser keinesweges gelungen. 
Sic enthalten viele Härten, unrichtige Cäfuren, und 
manchen mangelt sogar der sechste Fuß. Zwei 
Hexameter, die mir gleich auffielen, will ich zum Be 
leg' dieser Aeußerung hier mittheilen. Seite uz. 
KJ U U U Ü U 
Brei sind der Pfade, o laßt uns einsam sie wandeln — 
und Seite 120. 
— o KJ u KJ V O O O 
LLohl mir, der Göttlichen Huld hat die Gabe verliehen. — 
Unter den Gedichten, die wir hier finden, ver 
dienen eine vorkheilhaste Auszeichnung: Schönheits 
sinn, (S. 7.) Vergebliche Sehnsucht (S. ZZ.), Bei 
der Hochzeit des Herrn Schulz (S. 49.), Eccho 
(S. 6g.). Entsagung (S. 73.) u. m. andere. Schade 
ist es, daß der Verfasser so viele Sonette gedichtet 
hat. Freilich sind sie in ihrer Art meistens nicht 
übel gelungen, und keinesweges mit den Sonettarki, 
gen Ausgeburten der neuen ästhettschen Scholastiker 
in Parallele zu stellen; — aber wozu diese Spiele 
reien? Herr Streckfuß wird wohl thun, wenn er, 
stakt mit Reimen zu klingeln, uns mehrere so gut 
durchgeführte Gedichte giebt, wie das oben ausge 
zeichnete: Schönheitssinn, das ich ein gelungenes 
Kunstwerk nennen könnte, wenn es nicht etwas zu 
weit ausgespvnnen wäre, und nicht einige matte 
Stellen enthielte, die Herr Streckfuß jedoch durch 
künstlerischen Gebrauch der Feile leicht wird weg 
schaffen können. 
Dir sieben angehängten Fragmente, in elegischem 
Metrum, sind, mit Ausnahme des vierten, recht gut 
gerathen. Ich würde mich freuen, wenn ich durch 
diese Aeußerung etwas beitrüge, daß Herr Streck 
fuß, da« Ganze, von welchen diese Fragmente Theil« 
sind, bald herausgäbe. 
Endlich hat Herr Streckfuß auch den Versuch 
gemacht, mehrere Sonette de« Petrarca in unsere 
Literatur zu verpflanzen. Aber ich muß bekennen, 
daß ihm dies Unternehmen keinesweges gelungen ist. 
Ein Dichter wie Peerarch kann nur dann ver 
deutscht gefallen, wenn ein Mann, der beider Spra 
chen vollkommen mächtig ist, das ewige Einerlei,
	        
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