1804
D c r
Sonnabend,
Ernst
hige
den 9. Juni.
Xro. iljZ.
und Scherz.
Literatur.
Vierteljährliche Unterhaltungen. Herausgegeben
von C. F. Huber. Erstes Stück 1804.
§^as erste Stück dieser vierteljährlichen Un
terhaltungen — wie Herr Huber die, in eine
Quartalschrift verwandelte Flora nennt, — ist erschie
nen, und erweckt für die felgenden Hefte in der
That nicht ungünstige Erwartungen. Der Kreis der
Mitarbeiter scheint jetzt mehr erweitert als sonst,
und mchrern jungen talentvollen Schriftstellern
geöffnet zu sein, und das ist für das Journal
kein kleiner Gewinn.
Dar Erste, was Herr Huber uns mittheilt,
sind Scenen aus einem noch ungedruckten Trauer
spiel: „Graf Isidor von Santillana;" von Franz
Horn. Nach diesen Scenen laßt sich freilich noch
nicht da« Ganze beurtheilen; man muß sein Urtheil
über den Werth desselben also aufschieben, bis Herr
Horn das ganze Trauerspiel durch den Druck be
kannt macht. Eine Bemerkung aber, die die äußere
Behandlung des Stoffs angeht, will ich Herrn
Horn doch mittheilen. Er hat nehmlich den größ
ten Theil dieser Scenen in Prosa geschrieben, zu
weilen wird diese aber durch Stellen unterbrochen,
iii denen die sprechenden Personen ihre Gedanken
oder Empfindungen in — sehr fließenden — Iam
ben ausdrücken. Nach meinem Gefühl kommt da
durch eine Ungleichheit, — Disharmonie möcht' ich
wohl sagen, — in dar Ganze. Daß Herr Horn
sich in diesem Stück auf Shakespear berufen
kan», ist freilich wahr; aber — Sh akespear darf
man in Rücksicht der äußeren Behandlung des
tragischen Stoffs durchaus nicht zum Muster nehmen,
weil man durch ihn leicht auf mancherleiAbwege ge
führt werden, — und mithin die Autorität des
großen Mannes, an dem man manchen Fehler,
als das Vortrefflichste und Erhabenste preif't, — ven
gerügten Fehlgriff nicht vertheidigen kann.
Die Anekdote: Heinrich der Vierte, — ist
sehr unterhaltend geschrieben; da« ist das Verdienst
der Verfasserin, Madame Gen lis. Der Ueberseßer
verdient aber auch Lob, weil er so gearbeitet hat,
daß man diesen Aufsatz bestimmt für ein Original
halten würde, wenn das Gegentheil davon nicht in
einer Note angedeutet worden wäre.
Das folgende Gespräch, bezieht sich auf den vier
ten Aussatz, der: „Blätter der Liebe" — über
schrieben ist. Unter diesem Titel giebt ein Herr D.
Schilderungen der Gefühle zweier Liebenden, ohne
weiter einen historischen Pan zu befolgen, und klei
det diese Schilderungen, wie da« freilich der Natur
der Sache am angemessensten ist, in eine ?srt von
Herolden, b. i. von sentimentalen Briefen ein, die
diese Liebenden wechselseitig an einander schreiben.
Man liesst in diesem Aufsatz einige Blätter, ohne
einzusehen, wa« der Verfasser oder die Liebenden,
eigentlich wollen, so preziö«, schwülstig und mystisch
ist der Stil, — hat man aber Geduld genug gehabt.