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gekwelbe. e) SXefmslr von Zweschin.
d) Wolfram von Eschilbach, (drck erbare
Ritter und sehr vernünftig.) o) Bitte
rolf, (Peter Olp) und k) Heinrich von Of-
kerdingen; (zwei Bürger von Eisenach, und —
aller Schönheit wackere Antreiber!)
Der vornehmste unter diesen Dichtern, die sich durch
edle Wettkämpfe zum Gesänge ermunterten, war,—
hei dieser Begebenheit, — unstreitig Heinrich von
Ofterdingen, der an dem Hofe des Herzogs von
Oesterreich, Leopolds des Siebenten, eine Leitlang
sich aufgehalten, auf feinen Reisen viele Kenntnisse
sich erworben hatte, und das Lob dieses berühmten
Fürsten überall, wo er nur konnte, in feine Gesänge
einmischte. Dies war auch der Grund' zu dem
Kriege auf Wartburg. Denn Walter und Bitterolf,
und vorzüglich Heinrich Schreiber, eifersüchtig auf
das Lob, das Osterdingen einem fremden Fürsten er
theilte, vielleicht auch ein wenig neidisch auf die Vor
züge und die Begeisterung dieses Sängers, — fetz-,
ten sich ihm mit vereinten Kräften entgegen, rühm-
len Herrmanns Milde und Herrmanns Tapferkeit,
und so entstand ein ernstlicher Wettstreit, der erst
»ach einigen Zähren durch den Ausspruch des ange
sehensten Dichters seiner Zeit geendigt werden konnte.
Ehe wir uns über diese Begebenheit weiter ein
lassen, sei es mir vergönnt, über das Wesen der
eigentlichen Minnesängerei überhaupt, so wie über
das in der Folg« entstehende Unwesen, nur ei
sige Worte zu sagen. Der einfache, zauberschöne,
romantische Geist, oder — aber ich mochte weht
sagen, wenn ich nicht misverstanden würde, — in
einem neuen Bilde: das Gemüth dieser Poesie —
ward vorher weder von Griechen noch Römern, noch
von irgend einem Volke der alten Welt gekannt.
Bei Griechen und Römern war die Poesie hohe,
schöne, ästhetische Kunst, — bei andern minder kul-
tivirten Völkern reine Natur, — bei den Sän
gern dieses Zeitalters feinst von beiden.
Sie war vielmehr eine aus empfindsamer
Liebe, (die der Platonischen ähnlich, — aber im
Ganzen sehr verschieden von ihr war,) aus sonder
baren Begriffen von Ritterthum, mystischer
Religion, aus zarter Empfindung für Ehre, und
für das Heilige im. Menschen, und in der Na
tur, — so wie aus Orientalischen Bildern und
Zdeen — zusammengesetzte G efü h lsp oesie. Sie
hatte keine Mythologie, als die der Liebe und des
Glaubens; (daher die Venus und die heil. Zonq-
ln- in bcn ältesten Chroniken nie von Deldek ober ber
Schreiber genannt wirb, unb seine Lieber auch von bene» beö
Heinrich von Leibet sehr verschieben stnb.
frau oft wunderbar in diesen Dichtungen verflochten
sind,) sie wollte nichts, als die Regungen des mensch
lichen Gemüths, in so fern sie Liebe, Genuß oder
Sehnsucht betrafen, andeuten, und in süßen Tönen
gleichsam auögirren; sie band sich an kein Syl-
bcnmaaß, sondern suchte nur den Reim, als die
iinmer wiederkehrende Ruhe der Empfindung.
Es weht in diesen Liedern (von denen uns nur
einzelne Laute, und leise Nachklänge später Dichter
übrig geblieben sind,) kein wilder kriegerischer Geist,
kein Helden - Enthusiasmus, wle in den Gesängen
der alten Barden, keine Philosophie des Lebens und
ber Natur, wie bei dem unsterblichen Venusiner,
kein lyrischer Schwung, wie bei diesem und Pin-
dar, — sondern daü Reich dieser Gesänge ist das
Reich schöner Empfindsamkeit,— von der
freilich nur ein Schritt zur Empfinde! ei ist. Auch
Katull sang Liebe, — auch Ovid klagt Elegieen, die
ihm der Schmerz der Trennung eingab, aber wie
so ganz verschieden sind diese — oft sinnlichen
Ergüffe einer schwelgenden Phantasie, von der zärt
lichen Leidenschaft, von der rührenden frommen
Sehnsucht, die in diesen Gemüthern wohnt, in die
sen Liedern sich ausspricht? Aber auch den Sinn
für diese Poesie brachte jeder Hörer danials mit, und
in dieser Hinsicht lebte mau ein poetisches Leben,
und genoß einer dichterischen Wirksamkeit.
Wenn die zarte Pflanze der Poesie erst auf
keimen soll, so muß man sic nicht in ein kritisches,
ausgebildetes Zeitalter versetzen. Deswegen ist die
Kritik an sich nicht tadelnswerth; sie ist vielmehr
höchst nothwendig, sobald das Zeitalter zur höchsten
Aufklärung, zur Kunst und zum Geschniack sich er
hebt. Dann aber muß auch die Poesie eine Kunst
seyn, die den Ausspruch der Kritik nicht fürchten
darf-.
Man muß daher nie die Zeit, (oder, wenn sie
vorüber ist, den Begriff der Zeit,) von der Sache
trennen, die wir hören und beurtheilen. Zene
Gedichte entzücken uns zum Theil, wenn wir uns
in die alte wunderbare Zeit zurücksehen, wo alles
das im Herzen so war, wie es in diesen Liedern
geschildert wird, eben so religiös, so mystisch, und
für den Glauben an das Unsichtbare, an Liebe und
Zauberei — empfänglich. Wer aber jetzt, — und
wäre es auch ganz in dem Sinne, jener Verfasser—
»och solche Lieder dichten wollte, würde seinen End
zweck schwerlich erreichen, da jene Zeit vorüber ist.
und nur ihr wirklicher Nachiaut unser Mitgefühl
erwecken kann.
Alle Herzen belebte damals ein Interesse, ein
gleiches Gefühl für das Wunderbare der Liebe