— 3'9 —
nennt: „derKurz- und Lan^-Arbeiter," kom
men unter anderen felgende Sonderbarkeiten vor,
die als Beitrag zur Sittengeschichte unsrer Vorfah
ren mitgetheilt werden.
i) „Es soll kein Gesell an einem Sonn - oder Feier-
„tag ohne Holen gehen, so sie Botts wegen
„bei einander versammelt, er halte kenn redlich
„Ursach, daß er nit Hosen tragen könnte, im
„fahl aber einer solches überfahren wurde, der
„ist zwölf Kreutzer in die Büchs zu geben ver
fallen."
Es muß also wohl üblich gewesen seyn, daß die
Messerschmidtö-Gesellen, wie die Bergschotten, ein
mal ohne Hosen auf die Herberge gegangen sind.
Schade, daß die „redlichen Ursachen" welche von
Tragung der Hosen bispensiren sollen, nicht bestimmt
angemerkt stnd.
2) Welcher auf offenen Spielplätzen, da manschol-
ter nembt, spielt, der soll vier und zwanzig
Kreutzer zur Straff verfallen seyn.
Schvlder-Geld ist^ bekanntlich derjenige Theil
des Satzes, welchen der Spiel-Halter beim Kegeln,
Würfeln, Sieblaufen k. für sich hinweg nehmen darf.
3) „Welcher mit einer gemeinen Frawen dantzct,
„der soll zur Büchs zwölf Kreutzer verfallen
„und zu bezahlen schuldig seyn.
Das ist: mit einer öffentlichen , die in der
Sprache des mittlern Zeitalters „gemeine Frauen"
heißen, daher auch der Ausdruck „Frauen-Haus"
für B .
4) „Welcher Gesell gegen seinen Meister oder
„Frawen liebkosen oder schmeichelci treiben, oder
„ibm seineArbeit verachten würde, der soll zur
„Straff vier und zwanzig Kreutzer verfallen
„seyn."
Sonderbar, daß das Schmeicheln und das Be
schimpfen mit ein und eben derselben Strafe belegt
wird!
5) „Item wann rin Gesell ein Wvchenlohn ober
„vier Kreutzer hatte, der solle an die Schenk
„zu gehen schuldig seyn."
Hier ist also das Besuchen des Wirthshauses
pflichtmäßig.
6) „Da ein Gesell mit einer nach Richter frawen,
„Würdt oder dergleichen Personen gemein und
„Gesellschaft hatte, der soll von jedem Vbcrtre-
„ten besonders acht und vierzig Kreutzer in die
„Büchßen zur Straff zu bezahle» schuldig seyn."
Wie kommen doch Nachrichtel-« - Weiber und
Wirthsleute in Eine Kategorie?
Kann fortgesetzt werden.
(Ich bitte sehr darum, daß «ß geschieht. Der Red.)
Aufgabe für Deutsche Künstler.
^ie Nachricht von einem Gemälde des verstorbenen
Pforr, (Freimüthiger Nro. 9. von 1804.) das den
Französischen General Klein vorstellt, der vier Blan-
kensteinischen Husaren, die einen seiner Ehaffeurs
gefangen genommen hatten, entgegen sprengte, den
Säbel über ihren Zügeln hält und spricht: „Diesen
nehmt ihr nicht!" — worauf die Husaren ihre Beute
fahren ließen, erinnert mich an «in« Anekdote au»
dem siebenjährigen Kriege, die ich nirgend gedruckt
gelesen, aber von einem Augenzeugen gehört habe,
(dem Vater des blinden Flötenspielers Dülon, der
unter den Ziethenfchen Husaren stand, und bei dem
Vorfall gegenwärtig gewesen seyn wollte,) und die
wohl auch werth war«, gemalt zu werden. König
Friedrich ritt einst, von wenigen Officiers und
Husaren begleitet, recognofciren. Ein in einem Busch
versteckter Kroat schlug das Gewehr auf ihn an;
ein Officier bemerkte das, und warnte den König,
auf seiner Hut zu seyn. Friedrich sah sich um,
hob seinen Stock auf und drohte dem Kerl mit einem
ernsthaften: „Du! Du!" — Plötzlich ließ dieser
das Gewehr sinken, nahm die Mühe ab, und der
König konnte mit seiner Begleitung ruhig einen an
dern Weg einschlagen.
Schwer mag es allerdings seyn, dies Vertrauen
auf sich selber, und die magische Kraft darzustellen,
die durch das einfache — beinahe komische — „Du,
du!" (gleichsam: „ich werde dich prügeln, wenn du
dich unterstehen wirst, mich zu erschießen!") so auf
den rohen Kroaten wirkte, daß er vom Vorsatz zu mor»
den zu Abnehmung der Mütze überging! — doch
würde ein gelungner Versuch desto mehr Ehre bringen.
Beitrag zur Geschichte der Hexen-Prozesse.
9bicht nur die geistlichen Staaten, in welchen be
kanntlich die Hexen - Prozesse vorzüglich stark im Gang
waren, sondern auch andere, selbst die nun aufgehobe
nen Reichsstädte, haben in vorigen Zeiten leider Blut
schulden dieser 2lu auf sich geladen. So findet man
im Journal von und für Deutschland 1789.
Zkes St. S. 466. in einer Tabelle über die in der
Reichsstadt Kaufbeuren vom Jahr 1530. bis 1775.
bestrafte Capital - Verbrechen, unter dem Jahr 1591.
daß auf einmal zehen Weiber als Hexen hinge
richtet worden sind. Eine davon wurde zweimal mit
glühenden Zangen gezwickt, ihr darauf eine Hand
abgehauen, und endlich ist sie mit sechs andern zusam
men geschmiedeten lebendig, die übrigen drei aber sind
nachAbjchlagung vonHandundHaupt, verbrannt worden.
Aus dem Archiv der ehemaligen Reichsstadt
Nördlingen ist dem Verfasser dieses Aufsatzes ein Ur
theil zu Händen gekommen, das er seiner Merkwür-
digkeit halber vollständig, mit beibehaltner Orthographie
mittheilen und nur bemerken will, daß die Iahrzahl
und der Tag durch den Abschreiber ausgelassen wor
den sey.
„Gegenwärtige Weibs Perfohnen NN" und
N" so hieunden gefanngen zuesehen vnd gebunden,
sein Irem selbst beharrlichen Bekennen vnd darüber
eingezogener bestendiger kundtjchaft nach, nicht allein
vvn dem Allmächtigen ewigen Gott, Zrem erkonntten
vnd brkanndten AUerhailigsten Schöpfer vnd Erleser
vnmenschlich vnd verzweifenlich abtrinnig worden vnd
derselben Mayestatt abgesagt, Sonderen mit dem
Ertzfeinde der werden Christenhait. mit dem hellischen
bösen Geiste zu schmach vnd schaden Göttlichen vnd
Menschlichen wesen» ein ewige bindtnus vnd gemain-
schaft gemacht vnd gehapt, demselben sich mit Seel
vnd Leib zuAigen vnd ewigen Diensten ergeben, vnd
darauff souil ZnenZmmer möglich, durch anstifftung