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Volume Nro. 80., Sonnabend den 21. April

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue2.1804 (Public Domain)

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nennt: „derKurz- und Lan^-Arbeiter," kom 
men unter anderen felgende Sonderbarkeiten vor, 
die als Beitrag zur Sittengeschichte unsrer Vorfah 
ren mitgetheilt werden. 
i) „Es soll kein Gesell an einem Sonn - oder Feier- 
„tag ohne Holen gehen, so sie Botts wegen 
„bei einander versammelt, er halte kenn redlich 
„Ursach, daß er nit Hosen tragen könnte, im 
„fahl aber einer solches überfahren wurde, der 
„ist zwölf Kreutzer in die Büchs zu geben ver 
fallen." 
Es muß also wohl üblich gewesen seyn, daß die 
Messerschmidtö-Gesellen, wie die Bergschotten, ein 
mal ohne Hosen auf die Herberge gegangen sind. 
Schade, daß die „redlichen Ursachen" welche von 
Tragung der Hosen bispensiren sollen, nicht bestimmt 
angemerkt stnd. 
2) Welcher auf offenen Spielplätzen, da manschol- 
ter nembt, spielt, der soll vier und zwanzig 
Kreutzer zur Straff verfallen seyn. 
Schvlder-Geld ist^ bekanntlich derjenige Theil 
des Satzes, welchen der Spiel-Halter beim Kegeln, 
Würfeln, Sieblaufen k. für sich hinweg nehmen darf. 
3) „Welcher mit einer gemeinen Frawen dantzct, 
„der soll zur Büchs zwölf Kreutzer verfallen 
„und zu bezahlen schuldig seyn. 
Das ist: mit einer öffentlichen , die in der 
Sprache des mittlern Zeitalters „gemeine Frauen" 
heißen, daher auch der Ausdruck „Frauen-Haus" 
für B . 
4) „Welcher Gesell gegen seinen Meister oder 
„Frawen liebkosen oder schmeichelci treiben, oder 
„ibm seineArbeit verachten würde, der soll zur 
„Straff vier und zwanzig Kreutzer verfallen 
„seyn." 
Sonderbar, daß das Schmeicheln und das Be 
schimpfen mit ein und eben derselben Strafe belegt 
wird! 
5) „Item wann rin Gesell ein Wvchenlohn ober 
„vier Kreutzer hatte, der solle an die Schenk 
„zu gehen schuldig seyn." 
Hier ist also das Besuchen des Wirthshauses 
pflichtmäßig. 
6) „Da ein Gesell mit einer nach Richter frawen, 
„Würdt oder dergleichen Personen gemein und 
„Gesellschaft hatte, der soll von jedem Vbcrtre- 
„ten besonders acht und vierzig Kreutzer in die 
„Büchßen zur Straff zu bezahle» schuldig seyn." 
Wie kommen doch Nachrichtel-« - Weiber und 
Wirthsleute in Eine Kategorie? 
Kann fortgesetzt werden. 
(Ich bitte sehr darum, daß «ß geschieht. Der Red.) 
Aufgabe für Deutsche Künstler. 
^ie Nachricht von einem Gemälde des verstorbenen 
Pforr, (Freimüthiger Nro. 9. von 1804.) das den 
Französischen General Klein vorstellt, der vier Blan- 
kensteinischen Husaren, die einen seiner Ehaffeurs 
gefangen genommen hatten, entgegen sprengte, den 
Säbel über ihren Zügeln hält und spricht: „Diesen 
nehmt ihr nicht!" — worauf die Husaren ihre Beute 
fahren ließen, erinnert mich an «in« Anekdote au» 
dem siebenjährigen Kriege, die ich nirgend gedruckt 
gelesen, aber von einem Augenzeugen gehört habe, 
(dem Vater des blinden Flötenspielers Dülon, der 
unter den Ziethenfchen Husaren stand, und bei dem 
Vorfall gegenwärtig gewesen seyn wollte,) und die 
wohl auch werth war«, gemalt zu werden. König 
Friedrich ritt einst, von wenigen Officiers und 
Husaren begleitet, recognofciren. Ein in einem Busch 
versteckter Kroat schlug das Gewehr auf ihn an; 
ein Officier bemerkte das, und warnte den König, 
auf seiner Hut zu seyn. Friedrich sah sich um, 
hob seinen Stock auf und drohte dem Kerl mit einem 
ernsthaften: „Du! Du!" — Plötzlich ließ dieser 
das Gewehr sinken, nahm die Mühe ab, und der 
König konnte mit seiner Begleitung ruhig einen an 
dern Weg einschlagen. 
Schwer mag es allerdings seyn, dies Vertrauen 
auf sich selber, und die magische Kraft darzustellen, 
die durch das einfache — beinahe komische — „Du, 
du!" (gleichsam: „ich werde dich prügeln, wenn du 
dich unterstehen wirst, mich zu erschießen!") so auf 
den rohen Kroaten wirkte, daß er vom Vorsatz zu mor» 
den zu Abnehmung der Mütze überging! — doch 
würde ein gelungner Versuch desto mehr Ehre bringen. 
Beitrag zur Geschichte der Hexen-Prozesse. 
9bicht nur die geistlichen Staaten, in welchen be 
kanntlich die Hexen - Prozesse vorzüglich stark im Gang 
waren, sondern auch andere, selbst die nun aufgehobe 
nen Reichsstädte, haben in vorigen Zeiten leider Blut 
schulden dieser 2lu auf sich geladen. So findet man 
im Journal von und für Deutschland 1789. 
Zkes St. S. 466. in einer Tabelle über die in der 
Reichsstadt Kaufbeuren vom Jahr 1530. bis 1775. 
bestrafte Capital - Verbrechen, unter dem Jahr 1591. 
daß auf einmal zehen Weiber als Hexen hinge 
richtet worden sind. Eine davon wurde zweimal mit 
glühenden Zangen gezwickt, ihr darauf eine Hand 
abgehauen, und endlich ist sie mit sechs andern zusam 
men geschmiedeten lebendig, die übrigen drei aber sind 
nachAbjchlagung vonHandundHaupt, verbrannt worden. 
Aus dem Archiv der ehemaligen Reichsstadt 
Nördlingen ist dem Verfasser dieses Aufsatzes ein Ur 
theil zu Händen gekommen, das er seiner Merkwür- 
digkeit halber vollständig, mit beibehaltner Orthographie 
mittheilen und nur bemerken will, daß die Iahrzahl 
und der Tag durch den Abschreiber ausgelassen wor 
den sey. 
„Gegenwärtige Weibs Perfohnen NN" und 
N" so hieunden gefanngen zuesehen vnd gebunden, 
sein Irem selbst beharrlichen Bekennen vnd darüber 
eingezogener bestendiger kundtjchaft nach, nicht allein 
vvn dem Allmächtigen ewigen Gott, Zrem erkonntten 
vnd brkanndten AUerhailigsten Schöpfer vnd Erleser 
vnmenschlich vnd verzweifenlich abtrinnig worden vnd 
derselben Mayestatt abgesagt, Sonderen mit dem 
Ertzfeinde der werden Christenhait. mit dem hellischen 
bösen Geiste zu schmach vnd schaden Göttlichen vnd 
Menschlichen wesen» ein ewige bindtnus vnd gemain- 
schaft gemacht vnd gehapt, demselben sich mit Seel 
vnd Leib zuAigen vnd ewigen Diensten ergeben, vnd 
darauff souil ZnenZmmer möglich, durch anstifftung
	        
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