I804-
Montag,
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Nro. 71.
ARISTIDES.
D e r .Freimüthige
oder
und Sch
den 9. April.
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Literatur.
Ein Wort über die Bothische Uebersetzung des Eu-
ripideö, mit Hinsicht auf Wielandö Uebersetzung
des Ion. (S. Attisches Museum des IV.
Bandes drittes Heft.)
«Vorbemerkung deZ Red. Huldigung dem hohen unstrrk-
lichen Verdienste: aber •— auch dem Nlilidergiän»
«euren sein Recht!)
ie Vossi scheu Uebersetzungen des Homer«, haben
den Deutschen Uebersetzern Griechischer Dichter ein so
hohe« Vorbild aufgestellt, daß bei allem Fleiße, welchen
die jungen Philologen Deutschland« seit zwei oder drei
Iahrzehnden auf das Studium der Griechischen Dich
ter verwenden, und bei allen Vorzügen der Deut
schen Sprache, welche der Jonischen Schwester sich
überall treu und liebend anschmiegt, wohl so bald
noch keine Uebersetzung zu hoffen Ist, die für die
Griechischen Tragiker da« leistete, was die Doffischen
Arbeiten für den Homer gewähren. Wie viel größere
Schwierigkeiten sind aber auch hier nicht zu besie
gen! Außerdem, daß das Verstehen der Tragiker
weit verbreitetere Kenntnisse des Alterthums und der
Sprache mit ihren schwierigsten Dialekten erfordert,
außerdem , daß bei den Griechischen Tragödien lange
nicht so viel vorgearbeitet ist, durch kritische Säube
rung des Textes, daß also der Uebersetzer zugleich
den Kritiker machen und daher seine Thätigkeit und
seine Anstrengungen theilen muß, so ist e« gewiß
selbst dem, welcher sich nie mit dergleichen Künsten
beschäftigte, klar, wie viel schwerer es sey, metrische
Dialogen, als epische Verse zu übersetzen, die durch
Beibehaltung eines gleichmäßigen Gange« auch den
Uebersetzer halten, und ihn vor Schwanken und
Sinken wohlthätig bewahren.
Herr Böthe hat gewiß alle diese Schwierig
keiten gefühlt, und aus den kritischen Anmerkungen,
welche er den einzelnen Bänden seiner Uebersetzung
angefügt hat, «rgiebt sich, daß und wie er mit ih
nen gekämpft hat. Wenn seine Kritik in einzelnen
Stellen die engen Schranken des Vorhandenen kühn
durchbricht, so verdient er für den angestrengten Fleiß,
Dank, mit welchem er in die oft chaotische Ver
wirrung des Textes, besonders in den Chören, Licht,
zu bringen strebte; that er dies zuweilen zu kühn
so verdient er Entschuldigung; denn wo der starke
Mensch von jeder Beihülfe verlassen, auf sich allein
zurückgewiesen ist, rafft er sich in seinem ganzen
Vermögen auf, und es ist verzeihlich, wenn dann
die losgelassene Kraft mehr thut, als für den näch
sten Zweck nöthig zu seyn scheint.
In der Uebersetzung selbst hat er sich genau an
das Original gebunden, oder an den Text, welchen
ev selbst glaubte feststellen zu müssen, wovon er in
seinen Anmerkungen Rechenschaft ablegte. Selbst
seine Gegner und oft sehr bitteren Recensenten ha
ben es ihm nicht vorwerfen können, daß er, wie ge
wisse vornehme Uebersetzer von Ruf, aus Französi
schen oder Englischen Uebersetzungen, übersetzte, oder
aus andern unlauteren Quellen schöpfte. Das Vers-