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Der
26. Blatt. Montag,
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Nro. 26.
R e z e n.s i 0 n.
Die Organisation der Coburg - Saalfel-
dischcn Lande. Erster Band. Leipzig
bei G. Fleischer dem Jüngern iZoz.
Freimüthige, der mit politischen Diskussionen
sich durchaus nicht befassen will, würde die obige
Schrift unbemerkt zur Seite gelegt haben, wenn sie
nicht — getrennt von aller politischen Tendenz —
andere interessanteAnsichten gewährte, die für den
philosophischen, pragmatischen Beobachter von der höch
sten Wichtigkeit sind. Don der Seite betrachtet,
würde es eine unverzeihliche Vernachlässigung seyn,
wenn man die Anzeige einer merkwürdigen Schrift
in diesen Blattern länger vermissen ließe, die für
einen großen Theil ihrer Leser ein so hohes Interesse
haben muß.
Der Verfasser der vorliegenden Schrift, ist der
als Schriftsteller und Geschäftsmann bekannte Herr
von Kretfchmann. Er stand vormals in Preußi
schen Diensten, wo er sich in den Fränkischen Occu-
palionS-Augelegenheiten durch feine besondere Thätig
keit zu seinem Ruhme ausgezeichnet, wie das hier
vorkommende Belobungsschreibcn (S. 9.) beweiset.
2m Jahr astol. ging der Verf. mit Bewilligung des
Preußischen Hofes, in Coburg-Saalfeldische Dienste,
wohin ihn der jetzt regierende Herzog Franz — ei
ner der biedersten edelsten Fürsten Deutschlands, —
berief, und ihn als feinen ersten dirigirenden Mini
ster an die Spitze der Landes-Regierung stellte. Der
Herr v. K. fand hier eine feit beinahe dreißig Jah
ren bestehende Kaiserliche Debit- Commission, ein völ
lig zerrüttetes Finanz-Wesen, und manche andere
Schwächen und Vorurtheile, die er bekämpfen mußte,
wenn er in seinem neuen Dienst-Verhältnisse seinem
Fürsten nützlich werden wollte. Wie mühsam, be
schwerlich und selbst gefahrvoll für den Verfasser, die
ser Kampf war, erzählt der Herr v. K. (S. n u. f.)
in folgender energischen Schilderung: „Ich konnte
mich nur ausschließlich unter den Schutz der Gerech
tigkeit begeben, wenn ich das Heer von Leidenschaf
ten glücklich bekämpfen wollte, welche schon vor mei
nem Eintritt in die Herzoglichen Dienste sich gegen
mich verbunden hatten." — (Der Verf. hatte die
Direktion der Herzoglichen Landes - Angelegenheiten
unter der Zusage des Herzogs übernommen: „daß
jede heimliche Anklage gegen seinen Charakter und
gegen seine Dienstführung, ohne Ansehn der Person,
sogleich der Justiz zur Untersuchung übergeben, und
keiner Beschuldigung von irgend einer Art, Gehör
verliehen werden solle, ohne sie sogleich öffent
lich zu machen," und darauf bezieht sich die obige
und folgende Stelle:) „Ich durft« selbst auf keine
Nachsicht Anspruch machen, wenn ich das Laster, wo
ich es fand, ohne Nachsicht behandeln wollte. Ich
mußte mich frei, ohne Stütze, wie ein Grenzstein hin
stellen, wenn ich de» Betrug, der im Hinterhalte fein
Wesen trieb, aus demselben hervorziehen und entlar
ven wollte, und ich durste selbst nur den Weg der