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1430 die Rhetoryk-, kamer zu Middelburg in Zeeland,
(bet bloempje van Jesae) deren Mitglieder auch
Sprooksspreekers (rdelores proverbioruui) genannt
wurden. Auf diese folgten die Rhetoryk-kamers von
Diaardingen, von Nieuwkerk und von Gouda (in
den Zähren 143z bis 1447.) So wurde schon im
Jahr 1401 die Auferstehung Christi in Gegenwart
des Herzogs Albrecht von Daiern gespielt, und im
Jahr 1418 wurden allerlei biblische Geschichten, j. 95.
HerodeS und seine Thaten, in der Domkirche zu
Utrecht vorstellt. Unter den moralischen Gemälden
kommen z. C. vor: „bed schaakspel gemoraliseerd“
— „de Moralisatien in de destructie van Troye
u. s. w. Zm Zahr 1452 ward ein Zinnespel vaa
de Maagd Maria vor dem Rathhause zu Arnheim
vorgestellt. Das älteste Stück, das man hat auffin
den können, führt den sonderbaren Titel:
„Meyspel amoureus, daar Pluto Proserpina
ontscaect.
(Verliebtes Maispiel, worin Pluto Proserpina
entführt.
Philipp der Schöne selbst schämte sich nicht,
Mitglied der Rhetoryk-kamer von Brüssel (hetboek)
zu werden. Za noch mehr! Er errichtete zu Me-
cheln eine „souversyno Kamer" für dieRhetoryker,
und machte seinen eigenen Kaplan Pieter Aelturs
zum Haupt (souvereyne Princo der Käme). Ael-
tmts versetzte in der Folge diese Kammer nach Gent,
und Maximilian I. und Carl V. bestätigten seine
Einrichtungen.
Aue allen Beschreibungen dieser ersten Vorstel
lungen erhellt, daß im Anfang, hier wie überall, die
Geistlichen die ersten Dichter und Schauspieler wa
ren. Um diese biblischen Schauspiele und Vorstellun
gen noch mehr zum Gegenstand des öffentlichen Ver
gnügens zu machen, wurden sogenannte Lattenrenten
(Lustspiele), und Kluchten (Possenspiele), die man
auch zotte Kiuiten nannte, denselben beigefügt.
Der moralische Zweck dieser Vorstellungen ward ge
wöhnlich durch einen Prolog oder Epilog näher ent
wickelt; und nicht allein die weltlichen Fürsten, son
dern auch selbst Erzbischöfe und Pabste begünstigten
dieselbe. Allein die sittlichen Zwecke verloren sich gar
bald, und man erlaubte sich selbst in diesen Stücken
so viele Bitterkeit, Anspielungen und Zügellosigkeit,
daß sie schon im Zahr 1445 hier und da verboten
wurden. Aber diese Sittenlosigkeit herrschte doch
noch lange fort, und das Volk ließ sich fein Vergnü
gen nicht rauben; so daß man wenigstens in der
Folge diese Vorstellungen und die Schauspieler selbst
an den meisten Orten der Obrigkeit subvrdiniren,
und alle Stücke erst durch dieselbe untersuchen lassen
mußte. Dis gegen das XVTte Jahrhundert hin
waren cs die Geistlichen, welche von diesen Spielen
oder Vorstellungen Mißbrauch machten, um ihre po
litische» oder Privat-Zwecke zu erreichen, und den
Weltlichen übel mitzuspielen. Allein schon >m Anfang
des XVIten Jahrhunderts waren cs im Gegentheile
die Weltlichen, welche die Geistlichen auf alle nur
mögliche Wesse in ihren Dramen herabwürdigten,
und Geistlichkeit und Religion nur zu oft zum Ge
genstände ihres Gespöttes machten. So harten zu
Amsterdam einige Rhetorykerö im Zahr 1533, ohne
Wissen der Regenten, eine Kamer errichtet, und ein
Lustssgel aufgeführt, in welchem sie die schlechte Le
bensweise und Sitten der Geistlichkeit auf die aus
gelassenste Weise zur Schau stellten. Allein die
Strafe folgte ihnen auf dem Fuße. Nicht allein
wurden ihrer neune verurtheilt, nach Rom zu wall
fahrten , sondern man machte auch ein Gesetz, wo
durch alle Battement« verboten wurden, welche nicht
zuvor durch die Regenten der Stadt untersucht und
zugelassen waren. Ein gleiches geschah zu Vosmeer
und zu Zierikzee in Zeeland, und an verschiedenen
andern Platzen. Allein weder Gesetze noch Prokla
mationen, noch Strafen waren im Stande, die (aty
pische Geissel der Rhetorykerö zurückzuhalten, und es
kam so weit, daß im Zahr 1564 zu Harlem durch
aus alle Spiele verboten wurden, .die nicht durch den
Bischof oder feine Kommissarien untersucht und ge
billigt waren. Doch die Geistlichen ergriffen ein
noch viel sichereres Mittel, dem Schimpf und der
Schande, denen sie durch diese Kamerspelen ausge
setzt waren, fürs künftige vorzubeugen; und dies be
stand darin, daß sie alle Mitglieder einer solchen Re-
denlchkkamer, Schauspieler und Schauspieldichter, bei
dem Volke in das gehässigste Licht zu stellen, und mit
den schwärzesten Farben abzuschildern bemüht waren;
so, daß von der Zeit an durch der Einfluß der Geist
lichkeit die Schauspieler auf lange Zeit hin alleAchtung
bei ihren Mitbürgern verloren, und ihnen eine (wahr
lich nicht blos levis - notae) macula angehängt wurde,
wovon sie sich niemals vollkommen reinigen konnten,
und die selbst noch in unserm erleuchteten Zeitalter
unverkennbare Spuren deePriestcrhasseü zurückgelassen
haben. Freilich trug, wie überall, so auch hier die Le
bensweise der Schauspieler am meisten dazu bei, um
die Verunglimpfungen der ganzen Klasse, (welche alle
zeit unverdient sind, und gerügt zu werden verdienen)
wenigstens bei dem größten Theil derselben al« ge
gründet ansehen zu müssen. ^ 0)
(Die Fortsetzung folgt.-
') Anm. des Red. Der Verfasser ist ein Bruder »es