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Volume Nr. 21, (Montags, den 7ten Februar.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

aber kränklich. — Ein hiesiger Arzt, der viele chemisch- 
technische Kenntnisie besitzt, glaubt eine Entdeckung in der 
Elektricität»-Wissenschaft gemacht, und sich dadurch An 
spruch auf die von Bonaparte ausgesetzte Belohnung erwor 
ben zu haben. Er wird seine Idee» in einem eigenen 
Werke entwickeln. Eine Zuschrift vor demselben, anBo- 
napartc, enthält kräftige Stellen. Don Ranudo ist gege 
ben, weidlich belacht und zum Theil auch tapfer kritisirt 
worden. Scholz hatte seine Rolle schlecht memorirt. — 
Noch haben wir neu gesehen die Kartcnschlägerin, 
von Lambrecht, nach Picard. — Zum nächsten Spektakel, 
und Caffastück ist das Ja überschwere, mit Musik von 
Eybler, bestimmt. — Die Chöre und Märsche zu den Kreuz 
fahrern sind vom Abt Vogler vortrefflich componirt"), 
doch die Ouvertüre erhielt wenig Beifall. Die Schuld 
lag aber nicht in ihr selbst, sondern in dem verfehlteu 
Gesichtspunkte, aus dem sie beurtheilt wurde. Vogler woll 
te auch der Musik so viel als möglich historische Wahrheit 
geben; er vereinigte also in der Ouvertüre den ältesten 
Europäischen Marsch, dessen er habhaft werden konnte, (es 
war der, den Karl XII. vor Narwa spielen ließ) mit ei- 
ver National-Türkischen Melodie zu einem Ganzen. So 
genialisch dies nun auch in der That ist, so konnte sich 
doch das Publikum nicht gleich darein finden. Die Dircc- 
tion hätte Voglers Idee auf den Zettel andeuten sollen. 
Außer dieser Unterlassungssünde hat sie sich auch noch ei 
ne Lächerlichkeit zu Schulden kommen lassen: in dem La, 
ger der Kreuzfahrer nehmlich hatte man ein Paar tüch 
tige hölzerne Kanonen auffahren lassen. — 
Manheim. Nach dem Tode des Kurfürsten Karl 
Theodor, versank das hiesige Theater von Stufe zu Stu 
fe. Die Stadt vom Feinde besetzt, kein Zuschuß aus 
den Staatskassen, keine Gewährleistung für künftige Er 
haltung Dabei wurden die bedeutendsten Individuen 
nach München gerufen. 
Doch erhielt sich das Ganze, mit Hülfe der im Kriege 
rrftarten Summen. Die Stellen der Abgegangnen wur 
den größten Theils sehr schlecht besetzt: die besseren Künstler 
traueren nicht; desto mehr Zugvögel strömten herbei. 
Der Eine hatte keinen Funken Talent, aber viel Geburt; 
der Andere haranguirte das Publikum mit der naiven 
Versicherung: „er spiele nur zu feinem Vergnügen." 
Ein buntschäckigcs Gemisch und Gcwirre; höchst unterhal 
tend für uns! denn wir wurden durch tägliche Anekdoten 
reichlich für das entschädigt, was der Kunst hier und da 
etwa abgehen mochte. Den reichsten Stoff lieferte Dem. 
*) Cm anderer Correspondink behauptet, nur das AouneuÄor 
habe gcsaucn. 
H., nachherige Mad. K. Ihre ausnehmende Lebhaflig, 
keit, auf und außer der Bühne, gab die angenehmste 
Unterhaltung. Sie.ward der Liebling des Publikums. 
Zwar hatte sie keine Stimme; aber sie fang die ersten 
Rollen mit großem Beifall. Wegen ihrer außerordent 
lichen Lebhaftigkeit erhielt sie zugleich alle naiven und 
munter» Rollen im Schauspiel. In einer Opernrolle trank 
sie dreizehn Gläser Punsch. Das war zu viel! — Aber 
wer wird einem jungen muntern gefälligen Weibchen so 
einen kleinen Fehler lange nachtragen! 
Endlich kam eine bestimmte Erklärung von München: 
die beständige Fortdauer des Theaters wurde zugesichert; 
e« gab sehr große Veränderungen; die Anekdoten wur 
den seltener. Gustav Wasa, von Kotzcbue, war das erste 
neue Stück unter der nunmehrigen Direktion; es ward 
mit sehr vieler Raschheit und Genauigkeit aufgeführt, und 
gefiel außerordentlich. Es ist Zugstück geblieben. 
Bald nachher kamen Herr und Mad. Roofe von Wien, 
und spielten einige Gastrollen mit allgemeinem Beifall. 
Wenige Tage darauf zeigte sich die hier zuerst gebil 
dete, berühmte Jagemann in mehreren Gastrollen ; Myrrha 
im Opferfest war ihr erster Triumph. Mil ihrer zarten 
lieblichen Schwester gab sie als Töffel und Dorchen eine 
angenehme Darstellung. Als Blanca im Vayard zeigte 
sie ihr Talent in der höheren Diktion. Die Müllerin sang 
sie mit Geschmack, und spielte sie mit Grazie und Fein 
heit. Den Beschluß machte Pamina. 
„Das Kamälcon" gefiel sehr. „Der Scheinkodke," 
Oper von Pär, mißfiel gänzlich. „Pflicht und Liebe" 
wurde beklatscht, aber nicht besucht. 
Herr Stcnzsch kam auf kurze Zeit von München, und 
spielte einige Gastrollen. Er trat zuerst als Hamlet auf, 
und würde dem Publikum auch heute, wie zuvor, einen 
angenehmen Genuß gegeben haben, wäre nicht das Gan 
ze auf eine sehr unreine Art gestört worden. Der Schau 
spieler Zimmcrmann, der den Laertcs hatte, betrank sich und 
fing an sich wieder auszukleiden, als das Stück eben an 
gefangen hatte. Mit schwerem Ernst hatte er sich erst 
dahin bringen lassen, sich für die folgenden Akte wieder 
anzukleiden, nachdem seine erste Scene bereits hatte über 
schlagen werden müssen. Aimmermann wurde auf der 
Stelle entlassen, doch nachher, auf sein vielfältiges Bit 
ten, wieder begnadigt. — 
„Die Räuber" wurden nach langer Pause wieder 
auf die Bühne gebracht, und der Zulauf ivar so stark, 
daß man Fenster einschlug, um durch Nebenwege früher 
einen Platz zu bekominen. Der Beifall war der alte. 
Das Stück ging im Ganzen sehr gut; nur Jffland würd
	        
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