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Volume No. 208, (Freitags, den 30sten December.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

CfpJcF genommen, e« sey so leicht e» wolle. In Genf 
spannte man mir r Pferde vor, denn in der That be, 
durfte ich nicht mehr. Einige Stationen weiter gab mau 
mir 3, in Lyon 4> und ich mußte 5 bezahlen; endlich 
drang man mir gar auch 2 Postillions auf, um des dop- 
pekten Trinkgelde« willen. Hierzu kommt denn noch 
da» Geld für die Barriere, weiches für jede Lieue erho- 
ben wird, und jedes Mal 12 Sou» ausmacht. Noch 
nrchl genug! Sie geben einen Louis zu wechseln, man 
bringt ihn nach einer Diertelstunde zurück, und behaup, 
tu, et sey zu leicht. Sie müssen 20 bis 40 Sous daran 
verlieren, oder man sagt gar, er sey falsch, rauscht auch 
wohl Ihren achten LouiS gegen einen falschen au«, wie 
mir wirklich einmal nndcrfuhr. Oder Sie bezahlen in 
Laublhalcru, die werden gleichfalls gewogen, und zu leicht 
befunden. Oder Sie wollen in kleiner Münze bezahlen, 
die giebt man Ihnen zurück, weil sie zu glatt ist, der 
Stempel darf nicht im Geringsten verwischt seyn. Zwar, 
wenn Sie Gold wechseln, so erhalten Sie sicher jede« 
Mal eine ganze Hand voll solcher glatten Münze zurück, 
und wenn Sic sie nicht nehmen wollen, so beweiset man 
Ihnen Stück für Stück, daß sie acht scy, und, dem Ge- 
setze zu Folge, Iedermanw sie nehmen müsse; wollen 
Sie aber den nehmliche» Mann einige Minuten nachher 
wieder damit bezahlen, so schlagt er sie ganz trocken mit 
den Worten au« : fa n’e»t pas marque. Da mögen Sie 
sich ärgern, wie Sie wollen, e« hilft nicht«, und Sie 
bringen sicher am Ende eine ganze Tasche voll glatter 
Münze mit nach Pari». — Da» ist noch nicht Allee. Kcü 
scn Sie mit Extrapost, so scheint da« gleichsam eine Auf» 
forderung a» alle Gastwirihe zu seyn, Sie ganz unver» 
schämt zu prellen. Sie werden e« kaum für möglich 
halten, wenn ich Ihnen sage, daß ich einst in einer klei 
nen Stadt für einen Eierkuchen und eine Bouteilke ' 
Landwein, (der an Ort und Stelle 8 bi» 12 Sou» ko 
stet) zwei kaubthaler habe bezahle» müssen. In 
großen Städten und Wirthshäusern kommt vollend« noch 
die unersätilichc Habsucht der Domestiken hinzu; in Lyon 
z.B. waren deren nicht weniger als zehn, die Trink 
geld verlangten, die Köchin, zwei Stubenmädchen, die 
Fcucr machen und Essen bringen, eine andere, die da» 
Bett macht, wieder eine andere, die Kaffee und Thee 
bringt, dann verschiedene Haurknechte, der Kutscher und 
endlich »och ein Siallkiiccht, der den Reisewagcn gewa» 
schen hatte. Da können Sie sich nicht ander» vurchschla» 
gen, als mit dem vollen Beutel in der Hand. - Diese 
schreckliche Jagd auf fremde Beurel rührt zum Theil von 
der großen Armuth und von dem Mangel an Reisende»- 
her, über de» ich überall'klagen hkrle. Die Engländer, 
die sonst am meisten reisen, und Geld verschwenden, dürfen 
sich nicht mehr sehen lassen, und eine Menge anderer Reise 
liebhaber lassen sich durch die kriegerischen Zeilen abhalten. 
Da» ungebührliche Erpressen der Gastwirkhe und Posthalter 
ist aber wiederum aus der andern Seite Ursache, daß selbst 
die wohlhabendsten und angesehensten Leute in Frankreich 
nicht mehr mit Extrapost reisen. — Unzählige Diligencen, 
so genannte Berlins» und Cabriolet» durchkreuzen 
alle Straßen; sie sind sämmtlich bequem, in Ressort» han 
gend, und gehen säst schneller al« die Extraposten. Der 
Reisende kann, wenn er B-quemlichkcit liebt, einige Plat 
ze mehr bestellen, al« er wirklich braucht, ja er kann die 
ganze Berlin? für sich allein nehmen, und e« wird ihm 
noch immer nicht die Halste von dem koste», was er für 
Extrapost ausgeben müßte. In allen Wirthshäusern fin 
det er einen guten Tisch für sehr mäßige Preise; derCon- 
ducteur macht die Auslagen und sorgt für Alle«; mir de» 
Postillonen hat er nichts zu schaffen, und für Wagenrepa- 
raluren braucht er nicht zu sorge». Aller Aerger und alle 
Prellerei fallen auf diese Weise hinweg, und ich rathe da 
her einem jeden, seinen eignen Wagen in einem Grcnzort 
stehen zu lassen, besonder« wenn er etwa, so wie ich-, 
seiixen Reiseivagen in — — gekauft hat; denn dort 
wird oft so schachte», mürbe» Eisen verarbeitet, daß man 
auf den gepflasterten Chausseen in Frankreich alle Au 
genblick genöthigt ist, etwas repariren zu lassen, und da ist 
denn oft ver Schmidt so unverschämt, für eine simple 
Schraube, oder ein kleine« zusammen geschmiedete« Stück 
chen Eisen, zehn Thaler zu fordern;— Verzeihen Sie 
mir diese kleinen Detail», zu Gunsten so mancher uner» 
fahrnen Reisenden, denen sie nützlich werden können." 
Ich schließe mit einer ausfallenden Bemerkung: zu 
Monrargi», und noch weiter hin an mehreren Orten fin 
de» Sir beim Ein- und Ausfahren eine Inschrift, die 
irgendwo so angebracht ist, daß sie jedem in die Augen 
fallen muß; diese Inschrift sagt ungefähr: Oilozens! rv- 
»pevter les pioprietes, dies soiit le frnit de l'indusirie 
u. s. w.') Rührt da« etwa noch au« den Zeiten d«r 
Revolution her? Warum streicht man c« jetzt nicht 
durch?— Oder ist eine solche Ermahnung jetzt noch nö 
thig? da» wäre schlimm! — 
Wie ich Pari» nach dreizehn Jahren wiederfand, da-- 
von ein anderes Mal! 
*) Bürger!- chrt das Eigenthum, es ist die Frucht M Fleißes, 
«. 1. IV. 
K.
	        
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