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Volume No. 196, (Freitags, den 9ten December.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

Der Freimüthige, 
(Freitag«) ——> »** r *— (den yten December.) 
Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene «es er. 
Recension. 
(Beschluß.) 
„Er zog eine Re liquie aus der Tasche, und bat mich, 
neben ihm Platz zu nehmen. Siedend heiß ward mir; 
aber ich folgte ihm auf ein Kanapee. Erst barer sich mei, 
ne rechte Hand au». Ich gab sie ihm; und nachdem er 
sie lange betrachtet harre, machte er mir sehr leiser Be 
rührung drei Kreuze mit seiner Reliquie. Ick gestehe Ih 
nen, daß wir wunderlich dabei zu Muthe wurde. Viel 
leicht wirkte mein« Einbildungskraft die seltsamen Gefühle» 
die ich in mir wahrnahm. Tr forderte hier 
auf, daß ich den Busen öffnen sollte. Ich wollte kapi, 
tuliren; aber indem er mir sehr ernstlich zu Gemüthe 
führte, daß, wer den Zweck wolle, auch die Mittel wdl, 
len muffe, gab ich ihm auch hierin nach. Er wiederholte 
seine Operation aus minner linken Brust, und der Effekt 
war vollkommen drr»etde. Endlich verlangte er, daß ich 
meine Zungenspitze darreichen sollte. Dazu be 
quemte ich wich ohne Weigerung. €r sah 
mich hierauf mit lüsternen Ducken an. „Sie haben die 
Gnadenmitrcl empfangen, sagte er; aber dieNalur, 
mit tel müssen ko oprriren. — Der diesen Worten um 
schlang er mich, und drückte seine Lippen aus meinen Ba 
sen. Ich tot, n>i» ich abzuwehren die Kraft veiloren hat, 
te, und er benutzte mernrn Zustand jo gut, Laßer einmal 
über da» andere — triumphtrt«. Lt» er mir end« 
lich erklärte, daß es füv heutegenug sey, schied ich 
von ihm, ich weiß selbst nicht, mit welcher Betäubung " 
— u. s. w. 
Diese Stellen — die Recensent nicht ohne Ekel und 
Widerwillen, nicht ohne die größte Ueberwindung hat ab 
schreiben können — werden hinlänglich seyn,- um den Geist 
und d,e Verächtlichkeit einer Schrift zu erkennen, die der 
Moralität den Krieg ankündigt, und die in jeder Hinficht 
al» ein verwersliche», höchst gefährliche» Produkt, selbst 
al» eine offenbar« litterarische Giftmischerei, be 
trachtet werden muß. Der Vers, führt seine Leser — und 
leider, daß man hier auch voraussetzen muH: seine Lese 
rinnen i — au» einer schlüpfrigen, schmutzigen Situation, 
au» einer Scene der Ausschweifung und der Wollust in 
die andere; nnd da, wo seine verschrobene Phaniafie, sei« 
ne ermattete Erfindungskraft Erholung bedarf, füllt er die 
Lücken mit Vergiftungen, Meuchelmorden und Diebereien 
au». 
Die Frage entsteht nun: Wozu soll diese verächtliche 
Schrift eigentlich »jenen? Wa» war die Tendenz, die der 
Derfaffer bei Fertigung «ine» solchen Machwerk« sich zum 
Ziele setze« konnte? Wirsehen nn« vergeben» indem Buche 
darnach um; aber an, Eingänge beffelben finden wir ein 
Blättchen, von de« sogenannten Herausgeber an de» 
Leser Hier scheint der Vers, stch ein wichtige» und ge 
heimnisvolle» Ansehen geben zu wollen, und er erklärt, 
daß e« sein Wunsch sey, durch diese Schrift „ein merk, 
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