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Volume Nr. 157, (Montags, den 3ten Oktober.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

I 
D e r F r e 
(Montags) — 
Berlinische Zeitung -für 
i m ü t h t g e, 
«»er » (den Zlen Oktober.) 
gePilDe 1 e, unbefangene Leser. 
Die Asiatischen Weiber sind doch wohl besser Daran, 
al- die Europäischen. 
2§or zwei oder drei Jahren hielk sich ein Indier zu 
London auf, der Mirza, Abu-Tateb-Khan hieß. Er 
war in der Provinz Qude von Mahomedanischen Ellern 
geboren, und verrieth schon jung Talent und Geist in 
Diensten de« Nabob«. Au« diesen zog ihn die Englisch, 
Ostindische Compagnie, und 1799 kam er nach London, 
wo er bei Hofe vorgestellt, und in die besten Gesellschas, 
t«i eingeführt wurde. Er gefiel allgemein; denn er war 
eben so liebenswürdig als geistreich. Schon ehe er nach 
Europa kam, verstand er ei» wenig Englisch, und lernte 
e« nun immer besser sprechen und schreiben. Im Jahre 
1801 verließ er London, mit dem Vorhaben, zu Lande 
nach Indien zurückzukehren. Wahrend seines Ai'fenthalt« 
in England hat er ein beschreibende« Gedicht von London 
in Perfischen Versen verfertigt, worin er Charakter und 
Lebensart der Engländer treu schildert. Er hat auch in 
Persischer Sprache eine Abhandlung über die Freiheit 
der Asiatischen Weiber geschnebcn, au« welcher 
man das häusliche Leben der Muselmänner in Indien 
kennen lernt, von dem wir, rroß unseren mancherlei Nach 
forschungen, eigentlich noch wenig wissen. Hier ein Au«- 
zug au» dieser interessanten Schrift. 
„ Die Asiatischen Weiver scheinen in vielen Stücken 
weniger Freiheit zu genießen, al« die Europäischen. D»S 
Auffallendste in ihrer Lebensweise ist wohl, daß ihre Woh 
nung von der ihres Gatten ganz abgesondert ist. Man 
hat in Europa die sonderbarsten Vorstellungen darüber: 
aber der Gebrauch hat seine großen Vortheile, ja, wer 
weiß, ob man ihn nicht gern überall nachahmen wür 
de, wenn er nicht in ökonomischer Hinsicht zu viel 
Schwierigkeiten hätte. Man lebt z. B. in England 
sehr theuer, man hat wenig Domestiken, und die Häu 
ser sind so klein, daß, wenn Männer und Weiber in 
abgesonderten Theilen de» Hause« wohnen wollten, der 
Aufwand für Tisch, Equipage, Bedienung, unerfchwing- 
lich seyn würde. Sie müssen also wohl mit einander 
essen, bei einander wohnen, sich durch dieselben Leute be 
dienen lassen, weiches der Frau oft lästig genug seyn mag. 
In Asien hingegen haben die Frauen den schönsten Theil 
de» Hauses allein für sich, und brauchen sich nicht in 
Stunden und Minuten nach dem Manne zu richten. Ha 
ben sie Freundinnen bei sich, so schicken sie dem Manne 
sein Essen in den Murdannah (sein Zimmer), und er, 
lauben ihm wohl in mehreren Tagen keinen Zutritt. 
Eben so kann der Mann in seinem Murdannah ganz 
ungestört bleiben. - In Europa zwingt auch zum Theil 
da, Klima die Menschen, näher zusammen zu rücken E« 
ist kalt, man muß sich Bewegung machen, man geht spa 
zieren. Mit dem Spazierengehen.aber mögen sich die 
Asiatischen Weiber unter ihrer brennenden Sonne gar 
l *57 J
	        
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