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Gestalt der Deutschen Buchstaben verbessern, Theils auch
Zeichen für die Accentualion (vielleicht gar für die De
klamation ) hinzufüge». Das erste so gedruckte Buch soll
-rin wichtiges Werk dieses nehmlichen Doktors Sciffert
über die Arzeneikunde seyn. Die Klaffe der schönen
Künste uud Litteratur im National-Institut hat es sogar
der Mühe werth gefunden, sich von Bilaube und Camus
eine» Rapport über jene Anstalt abstatten zu lassen, wel
cher ganz gelesen zu werden verdient. Die Berichter
statter läugnen zwar gegen den Doktor Sciffert, daß
keine Deutsche Lettern in Paris zu haben waren, da die
Schriftgießerei der Gebrüder Levrault in Slraßburg da
von 24 verschiedene Gattungen liefere; aber dennoch
sey Srraßburg zu weit entfernt, und das Etablissement
bleibe daher wünfchenswerlh, „auch nothwendig,
Theils wegen des Studiums der Deutschen Sprache, des
Geschmacke an derselben, und der Fortschritte in den Wis
senschaften, Theils wegen der diplomatischen Verbindun
gen.Hierauf erörtern sie die Frage: ob es besser
sey, die Deutschen Buchstaben ganz abzuschaffen und la
teinische dagegen einzuführen (bei welcher Gelegenheit
eine Dissertation des „berühmten" Breitkopf angeführt
wird), undwerneinen dieselbe, halten eine» solchen Tausch
auch nicht einmal für möglich, weil unsere Sprache Tö
ne habe, welche durch die korrcspondirenden lateinischen
Buchstaben nicht ausgedrückt werden. Endlich rathen
sie, bei Verbesserung der Gestalt der Buchstaben (die
übrigens wohl zu wünschen sey) sich vor dem La kein i-
siren zu hüten. Das Projekt, die Aussprache zu ßxiren,
lobt man zwar, bißt es aber an seinen Ort, gestellt seyn,
und warnt vor übereilten Rcsormen. — Ein Franzose,
Nahmens Domergue, sucht jetzt die nehmliche Idee für
seine Sprache auszuführen.
Ein Arzt, Robert, sucht in einem zieinlich dicken Bu
che zu beweisen, daß die Bevölkerung in Frankreich sich
in den letzten zehn Jahren anseh il'ch vermehrt habe.
Unter der vorigen Regierung, behauptet er, Hütten fol
gende Ursachen die Zunahme der Bevölkerung gehindert:
die Ungleichheit der Stünde, — (sind denn etwa in Chi
na, dem bevölkertsten Lande auf Gottes Erdboden, die
Stande einander gleich?) — das Recht der Erstgeburt,
das geistliche und weltliche Cölibat, die Nichtexistenz der
Ehescheidungen, die religiöse Intoleranz, die Fe walrech-
te, verschiedene Steuern, das Dolkselend, die militäri-
schcn Einrichtungen, die Vernachlässigung des Ackerbaues.
(Dagegen und darüber wäre denn wohl viel zu sa
gen. Ueberhaupt kann dieselbe Ursache, nach Zeit und
Umstanden, sehr verschiedene Wirkungen in den Gesell
schaften hervorbringen.)
Seit der Revolution, führt Herr Robert fort, sey
die Bevölkerung begünstigt worden: durch Urbarmachung
der sandigen Küsten, Theilung der Gemeinheiten, Aus
trocknung der Moraste, Verkauf der Nationalgüter, Ab
schaffung der Herrlichkeiten (maitrises), Freiheit des
Gottesdienstes, Aufhebung der Feudalrechke, neue Fort
schritte in der Heilkunst — (Deutsche Aerzte, welche
kürzlich in Paris gewesen, behaupten gerade das Gegen
theil), neue Messen und Jahrmärkte, (!) Aufenthalt der
Truppen auf dem Lande, und die große Zahl der Alle,-
meres (Mädchen-Mütter!), welche die Folge davon sey.
— (Andere Leute glauben, daß die Erhaltung der guten
Sitte» leicht ein kräftigeres Mittel der Bevölkerung wer
den könnte.) u
Endlich thut der Verfasser auch Vorschlage, wie die
Bevölkerung noch jetzt zu vermehren sey. Die Mittel,
welche er angewendet zu sehen wünscht, sind: Verbot
zu früher Heirathen, ein neues System einer medicini-
fchen Erziehung, ambulircnde Kuhpocken, Impfer, Stil
len der Kinder von ihren eigenen Müttern, neue Grund
sätze einer National-Erziehung, Austrocknung der MorÜ,
sie, und endlich — die Errichtung von Korinrheneey:
(ein Nahme, der vermuthlich von der Stadt Korinth
hergenommen ist, die durch ihre Freudenmädchen be,
rühmt war.) — Retif de la Brekonne hatte schon
vor vielen Jahren eine ähnliche Idee, nur mit dem Un
terschiede, daß er ein solches Haue Parth enivn nennen
wollte. In lieblichen Nahmen für unsittliche Dinge
waren die Franzosen von jeher stark.
Das anatomische Cabiuet des Herrn Geheimen Raths
Walter.
Zur Crgannmg der im rotcn Stück dieser Blatter stellenden
Nachricht gehört noch die Antwort Sr. Mai. des Königs auf da»
Schreiten dcS Hrn. General > Stabs - Chirurgus Görcke. Sie ist be
sonders darum merkwürdig, weil aus ihr erhellet, daß der Kö
nig den Ankauf des Cabincks schon beschlossen hatte, ehe er
»och darum gebeten wurde.
Auf Eure Vorstellung vom r6ten d. M., den Ankauf
des Wallerschcn anatomischen CabinetS betreffend, lasse
Ich Euch hiermit wissen, wie Ich bereits beschlossen ha
be, auf die Erhaltung dieser auch von Euch angerühmtcn
schätzbaren Sammlung Bedacht zu nehmen, als Euer
gnädiger König. Berlin, den 21. Der. 1802.
Friedrich Wilhelm.