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Volume Nr. 140, (Freitags, den 2ten September.)

Full text: Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser (Public Domain) Ausgabe 1.1803 (Public Domain)

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Dichtern, deren bewundernde Anerkennung ja heut zu 
Tage sehr mvdemäßig betrieben wird, in der Epoche des 
dreißigjährigen Kriege» viele von ihren kräftigsten Liedern 
eingab! 
Uebrigen« ist unser Reisender allerdings zuweilen 
recht mit drolliger Individualität unpocufch, aber eben 
dann ist er ungleich interessanter, und im Grunde sogar 
poetischer, al« unsere Nichtreifenden, die sich mit lang« 
weiliger Allgemeinheit der Poesie befleißigen. — b — 
Amina, die schöne Zirkassierin. Von Eottlieb Bertranlv 
Verfasser des Mazarino. 
Fabrikarbeit, von der zwölfStück auf da» Dutzend ge« 
hen! Die Handgriffe de« Gewerbe» hat der Verfasser so 
gut inne wie ein anderer; namentlich versteht er die be, 
lieble Kunst, .auf gräßliche Geheimnisse zu spanne», und 
wenn diese an da» Licht kommen, sind sie so absurd, daß 
man hintendrein eben so beruhigt wird, wie bei den Lö 
wen in.Pyramu« und Thisbe im Voraus. Der Ro 
man spielt in Frankreich, und c» kommen darin Peyfo, 
neu von den Aegyptischen Feldzügen zurück; gleichwohl 
ist man unter lauter Grafen und Marquis. Freilich sind 
diese auch so wenig vornehm, wie sie nur eine Revolu 
tion, oder die Phantasie einer Romanschrcibers für Leihbi 
bliotheken, erschaffen mag. In seiner eignen Person kaun 
der Verfasser recht familiär sprechen, z. B. S. 6-: „ob, 
gleich Doursa» ein hübsche» Kerlchen war." Dafür 
weiß er aber seine Helden den feinen Konversalionecon 
anstimmen zu lassen, wie folgt:„Ich habe viel Regard 
vor Ihrer Predigt." — b— 
Vermischte satirische Schriften, herausgegeben von 
F. H. Boche.. 
Der schätzbare Ucbcrsetzcr des Euripide« tritt hier 
mit einem mvdcrnisirten PersiuS, einigen Proben aus 
den satirischen Poesien des Salvator Rosa, und eige 
nen Gedichten in dieser Gattung auf. Seiner Kraft als 
Original-Satiriker scheint der vertraute Umgang mit 
älteren Mustern nicht vorlheilhaft gewesen zu seyn: er 
fehlt seiner eigenen Salyre au Farbe und Individuali 
tät, und von denjenigen seiner Zeitgenossen, deren Na 
men spärlich in seinen Versen erscheinen, hat er dafür 
weder Groll noch Dank zu erwarte»; denn es ist immer, 
als schöbe er bloß willkührlich Namen und Dinge au» 
seinem Zeitalter an die Stelle der Namen und Dinge, 
welche die satirische Begeisterung seiner Vorgänger reiz 
ten, ohne daß jene ihn selbst sonderlich anregten - kurz, 
man findet nur das Mechanische der Gattung, und ver 
mißt das rechte Leben. 
Der übrige Theil der Sammlung besteht aus einigen, 
ziemlich unbedeutenden prosaischen Aufsagen von Freun 
den des Herausgebers. — b — 
Theudelinde von Baicrn, Königin der Longobarden. Ro 
mantisches Drama in fünf Akten, von §. Schlenkert. 
Die dramatisirten historischen Romane de» Herrn 
Schlenkert haben ihre Leser, denen zu wünschen wäre, 
daß ihre müßigen Stunden nie mit verderblicherer Lektüre 
ausgefüllt würden. Aber ein romantische« Drama 
ist ein sehr kecke« Wort von dem Verfasser der Fried 
rich» mit der gebissenen Wange, und wie seine 
andern Werke heißen mögen. Der Titel, die Abtheilung 
in Akte und Scenen, und selbst die metrische Bearbeitung, 
mit der er sich hier bemüht hak, haben es auch wirklich 
nicht thun wollen: das Ding ist geradeso wenig roman 
tisch und dramatisch, gerade so erzprosaisch, als alle seine 
Vorgänger — e« ist nicht« mehr und nicht» weniger, al« 
«ine Haupt, und Staats-Aktion, mit gleich lahmem Bö- 
sewichkern und Tugendhclden, mit steifen Brocken alldeut 
scher Sprache^ und mit ärmlichen Fetzen solcher histori 
schen Kunde, wie man sie aus Bilderfalcn und Chroniken 
schöpfen mag. Einen fünften Akt, in dem sich so viel er 
eignete, werden übrigen» wenig Schauspiele auszuweisen 
haben. Ein artiges Wort hat der Verfasser S. ;i6 ge 
schaffen — es geht ein Graf in's Treffen, den sei» König 
so eben zum Herzog gemacht hat, und er ruft: 
Itzt Beweis 
Für meine Herzogswürdigkeit im Kampfe! 
- b — 
HippoliO und Roswida. Schauspiel in vier Aufzügen, 
von G. Zschocke.') 
Diese» Schauspiel, in welchem eine gewöhnliche In 
trigue nicht übel durchgeführt ist, kann unsern Bühnen 
empfohlen werden; es unterhält schon im Lesen die Auf 
merksamkeit, und muß, wenn die Hauptrollen geschickt dar 
gestellt werde», unstreitig von Wirkung seyn. Besonder» 
wird jede gute Schauspielerin die Rolle der Roswida 
würdig finden, daß sie ihr Talent daran wende. Sel 
tener, als in andern Produkten des Verfassers, findet man 
Sprachfehler, wie S- 168: „Dies genüge Sie" — oder 
*) Dieses Stück, so wie auch Senme's Spa;ier,rang nach Syra 
kus, qi zwar schon mit ein Paar Worte» »Om taerausaeber 
worben; doch hoffe ich, die knne veurkhkiluna ei 
ne« andern sehr fomvetcflten Richtn« werde Niemanden über, 
ftüjsig scheinen.. A. d. H.
	        
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